Aktiv in der Friedensbewegung

geschrieben von Dieter Lachenmeyer

5. September 2013

Der Kampf gegen den Nato-Doppelbeschluss

April-Mai 2012

Die kommunistische Widerstandskämpferin Etty Gingold sammelte allein 12.000 Unterschriften unter den Krefelder Appell.

Der Kampf um den Frieden zieht sich durch die Geschichte der Bundesrepublik wie durch die der VVN. Die antifaschistischen Widerstandskämpfer und- kämpferInnen waren Teil der Bewegungen gegen die Remilitarisierung der BRD in den 50er und der Ostermarschbewegung der Atomwaffengegner in den 60er Jahren.

1979 verkündete die NATO ihren sogenannten Doppelbeschluss zur Stationierung neuartiger Atomraketen in Westeuropa, vor allem in Deutschland.

Sie sollten es ermöglichen, den Atomkrieg gegen die Sowjetunion zu führen, ohne den menschheitsvernichtenden Gegenschlag befürchten zu müssen. Dieser Beschluss rüttelte in ganz Europa die Menschen wach. Die Tradition der Ostermärsche lebte bereits 1980 wieder überall im Land auf. In Krefeld brachte im Herbst 1980 eine Konferenz der Friedensbewegung den Krefelder Appell auf den Weg, der von der Bundesregierung forderte, die Stationierung zu verweigern. Ein Jahr später waren bereits 1,5 Mio. Unterschriften gesammelt. Überall im Land entstanden Friedensinitiativen, in den Stadtteilen an Schulen, Unis und in Betrieben. Im Oktober 1981 fand die bis dahin größte Demonstration der damaligen Bundesrepublik mit 300.000 Teilnehmern in Bonn statt. Ein Jahr später zogen bereits 500 000 Menschen durch Bonn. An der Entwicklung dieser massenhaften Friedensbewegung hatte die VVN-BdA einen wichtigen Anteil. Von Anfang an arbeite sie in den Initiativen und Koordinierungsgremien der neuen Friedensbewegung mit. Auf fast allen Flugblättern und Transparenten der VVN-BdA flatterte in diesen Jahren eine Friedenstaube im Roten Winkel der Widerstandskämpferinnen.

1983 spitzte sich die Situation mit der Ankündigung einer Bundestagsentscheidung über die Raketenstationierung zu. Zum 50. Jahrestag der Machtübertragung initiiert die VVN zahlreiche Aktionen. So demonstrierten z.B. im baden-württembergischen Mössingen 15 000 Menschen unter der Parole »Nie wieder Faschismus, Nie wieder Krieg«. Die Ostermärsche wurden zu Massenaktionen gegen die Atomrüstung mit nie zuvor erreichten Teilnehmerzahlen. Vor den Toren der vorgesehenen Raketenstandorte in Heilbronn, Mutlangen und Neu Ulm begannen zunächst noch vereinzelt die ersten gewaltfreien Blockaden.

Kurz vor der Bundestagsentscheidung im Oktober fanden riesige Demonstrationen in Bonn, Hamburg, und Westberlin statt. Zwischen Stuttgart und Ulm stand eine über 110 Kilometer lange Kette von Hundertausenden Menschen, die gegen die Raketen demonstrierten. Insgesamt 1,2 Millionen Menschen waren an diesem Wochenende auf den Straßen. Doch der größten Massenbewegung in der Geschichte der Bundesrepublik blieb der Erfolg zunächst versagt.

Getreu der Devise des damaligen Innenministers Zimmermann »Die demonstrieren, wir regieren«, beschloss der Bundestag am 22. November mit den Stimmen der Regierungskoalition die Stationierung.

Diese begann nur wenige Tage später. Die Friedensbewegung reagierte mit gewaltfreien Dauerblockaden der Stationierungsorte. Zu Hunderten wurden Blockierer abgeräumt und serienmäßig wegen »gewaltsamer Nötigung« zu Geld- und Gefängnisstrafen verurteilt. Erst Jahre später wurden diese Urteile dann als rechtswidrig revidiert. Die Beharrlichkeit der Friedensbewegung trug jedoch späte Früchte: 1987 schlossen die USA und die Sowjetunion ein Abkommen zur Beseitigung der atomaren Mittelstreckenraketen. Doch der Alptraum eines atomaren Krieges ist bis heute nicht gebannt. Ähnlich wie die Mittelstreckenraketen damals, soll nun ein sogenannter »Raketenabwehrschirm« den Erst-einsatz von Atomwaffen ohne Gefahr des verheerenden Gegenschlags wieder planbar machen. Die entsprechende Kommandozentrale soll im rheinlandpfälzischen Ramstein entstehen. Die VVN-BdA muss und wird auch weiterhin Teil der so notwendigen Friedensbewegung bleiben.