Bedenklich verharmlost

geschrieben von P.C.Walther

5. September 2013

Bundesregierung gibt sich ahnungslos

Mai-Juni 2007

Eine »Große Anfrage« zur Entwicklung des Rechtsextremismus richtete die Linksfraktion des Bundestages an die Bundesregierung. Die Antwort fiel mehr als dürftig aus. Sie enthielt nur längst Bekanntes, kam über Allgemeinplätze nicht hinaus und spielte damit das Ganze herunter. Offenbar, so die Einschätzung auf Seiten der Linksfraktion, nehme die Bundesregierung das Problem nicht ernst. Sie behandle Rechtsextremismus lediglich als Rand-, Jugend- oder Ost-Phänomen. Anstatt der rechten Gefahr ins Auge zu sehen, präsentiere die Regierung »eine Mischung aus Ahnungslosigkeit und Oberflächlichkeit«, die zur Verharmlosung des Problems führe, urteilte die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke.

Zu dieser oberflächlichen und verharmlosenden Behandlung des Rechtsextremismus passt dann auch die von der Großen Koalition durchgesetzte »Neuordnung« der Rechtsextremismus-Bekämpfung. Danach werden bewährte Einrichtungen wie die Mobilen Beratungen vor Ort und in der Region nur noch begrenzt unterstützt. An ihre Stelle treten bundesweit einzusetzende Eingreiftrupps (»Interventionsteams«), die in »akut bedrohlichen Situationen« gebildet und dann »anlassbezogen« kurzfristig und zeitlich begrenzt eingesetzt werden. Ortsfremde Feuerwehrtrupps also an Stelle kontinuierlicher und ortsbezogener Arbeit. Das Ganze führt zur Schwächung bisheriger zivilgesellschaftlicher Arbeit.

Eine nahezu makabre Verharmlosung eines wesentlichen Teils des »alten« Faschismus leistete sich das Bundesverwaltungsgericht: In einem strittigen Verfahren, in dem es um Zwangsarbeit und den damit verbundenen Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit ging, erklärte das Gericht, dass die Beschäftigung von Zwangsarbeitern »bei anständiger Behandlung noch kein Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit« gewesen sei, und dass darin auch »kein erhebliches Vorschubleisten zugunsten des nationalsozialistischen System« zu sehen sei (Az: 3 C 38.05).

Mit anderen Worten: Zwangsarbeit ist weder unmenschlich noch ein Verstoß gegen die Rechtsstaatlichkeit; und wer Zwangsarbeiter schuften ließ, leistete damit dem NS-Regime auch keinen Vorschub. Er brauchte die Zwangsarbeiter nur »anständig« zu behandeln, was immer das nach erfolgter Verschleppung, Zwang zur Arbeit, Rechtlosigkeit und Eingesperrtsein auch gewesen sein soll. Und auch die Rüstungsbetriebe, die durch Zwangsarbeiter-Einsatz betrieben wurden, haben natürlich dem Naziregime niemals Vorschub geleistet…