»Bürger« in Aktion

geschrieben von Jan Raabe

5. September 2013

Analyse aktueller Erscheinungen von Rechtspopulismus

Nov.-Dez. 2008

Alexander Häusler (Hrsg.):
Rechtspopulismus als Bürgerbewegung. Kampagnen gegen Islam und Moscheebau und kommunale Gegenstrategien, VS Verlag für Sozialwissenschaften 2008, 292 Seiten. 24,90 Euro

Unter dem Titel »Rechtspopulisten als ›Bürgerbewegung‹« erschien jüngst ein von Alexander Häusler (Sozialwissenschaftler, Mitarbeiter der Arbeitsstelle Neonazismus der FH Düsseldorf) herausgegebener Sammelband, welcher laut Untertitel die »Kampagnen gegen Islam und Moscheebau und kommunale Gegenstrategien« analysiert.

Tatsächlich fokussiert der Band jedoch überwiegend die Inhalte, das Auftreten und die Entwicklung der extrem rechten Organisationen PRO Köln, PRO NRW, PRO Deutschland und deren lokale Strukturen und verortet ihre Tätigkeiten im politischen und gesellschaftlichen Raum.

Das Buch hebt sich von vielen anderen wissenschaftlichen Werken schon durch seine immense Aktualität hervor. Hier wurde ein brandaktuelles Thema fachkundig aufgearbeitet. Das Werk ist eine gelungene Mischung aus Analysen und Fakten, welche teils im journalistischen Stil dargeboten werden. Entstanden ist ein gut lesbares und sehr informatives Buch zu diesem bisher unbearbeiteten Thema, wobei es gelingt, auch inhaltlich eigene Akzente zu setzen.

Im ersten Kapitel stellt Karin Priester dar, dass es sich bei den diversen »PRO-Bewegungen« nicht um »Rechtsextremismus light« oder nur einen besonderen politischen Stil handelt. Sie benennt als eigene Merkmale z. B. die Inszenierung als »einfaches Volk«, das vermeintliche Vorgehen gegen »etablierte Bonzen« oder die Diffamierung der parlamentarischen Demokratie als Quasselbude. Alexander Häusler analysiert daraufhin das Agieren der diversen PRO-Gruppierungen als eine Modernisierungsstrategie der extremen Rechten.

Im zweiten Teil beleuchten Hans-Peter-Killguss, Jürgen Peters, Thomas Sager, Alexander Häusler und Jan Schedler die Entstehung und die Aktivitäten der diversen PRO-Gruppen. Ulli Jentsch beschreibt dies für Berlin und Brandenburg, Robert Andreasch für PRO München. Alle Beiträge sind detailreich und umfassend. Sie zeigen die Herkunft und Verankerung der PRO Strukturen und deren Inhalte aus der extremen Rechten. Deutlich werden sowohl organisatorische Schwächen, als auch die Rahmenbedingungen für punktuelle Erfolge.

Im dritten Kapitel beschreibt Häusler die Konzentration von PRO auf die Diffamierung des Islam als Wahlkampfstrategie und als Anknüpfungspunkt an breit vorhandene Ressentiments. Beachtung finden dabei auch andere populistische Parteien der extremen Rechten in Europa wie die FPÖ oder der Front National.

Die Versäumnisse bei der Entwicklung eines interkulturellen Miteinanders schildert Michael Kiefer. Dadurch wird die Verbundenheit der rechtspopulistischen Kampagnen mit der politischen und gesellschaftlichen Gesamtentwicklung in der BRD deutlich. Am Beispiel Duisburg stellt dies Rauf Ceylan dar, Kemal Bozay an der Auseinandersetzung um den Bau der Moschee in Köln-Ehrenfeld. Im Beitrag »Das halbierte Humanum – wie Ralph Giordano zum Ausländerfeind wurde« dechiffriert Micha Brumlik den Anti-Islamismus Giordanos und liefert schlüssige Erklärungen für dessen Entwicklung von einer moralischen Instanz zum »halbierten Humanisten«.

Wie mit den Rechtspopulisten von PRO umgegangen werden kann, wird im letzten Teil des Bandes beschrieben. Dabei wird die Notwendigkeit unterschiedlicher Strategien betont. Adelheid Schmidt und erneut Häusler unterziehen kommunale Handlungsstrategien einer kritischen Betrachtung, Susanna do Santos Herrmann referiert ihre Erfahrungen mit PRO Köln. Killguss, Schedler und Häusler beschreiben Handlungsmöglichkeiten für und mit Jugendlichen.

Nachdruck aus monitor Nr. 37, Rundbrief des antifaschistischen Pressearchivs und Bildungszentrums Berlin e. V. (apabiz)

www.apabiz.de

Der Sammelband hat seine Stärken vor allem in der Beschreibung der PRO-Organisationen und der Grundlagen des Anti-Islamismus in der Politik der sogenannten »Mitte«. Durchgängig werden genaue Analysen geliefert. Dass auch Altbekanntes zu finden ist – gerade bei den Gegenstrategien – verwundert nicht. Denn auch Bewährtes muss von Zeit zu Zeit neu vermittelt werden.