Der belgische Partisan

geschrieben von Ulrich Schneider

5. September 2013

Michel Vanderborght, Präsident der FIR, verstarb am 12.September

Nov.-Dez. 2010

Wieder einmal hieß es Abschied nehmen von einem Großen der antifaschistischen Bewegung. Es war dabei weniger die körperliche Größe, die Michel Vanderborght auffällig machte, sondern seine politische Biographie und seine Beharrlichkeit, mit der er sich für das Anliegen des Antifaschismus einsetzte. Als er 2004 in Berlin auf dem XIII. Kongress der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) zum neuen Präsidenten gewählt wurde, konnte er bereits auf 60 Jahre Erfahrungen im politischen Kampf zurückblicken.

Schon als Jugendlicher schloss er sich dem antifaschistischen Widerstand an und kämpfte als Partisan in der Region Leuven (Louvain). Die Partisanenarmee leistete durch Sabotage einen wichtigen Beitrag zur Befreiung des Landes von der faschistischen Okkupation. Nach der Befreiung Belgiens wurde Michel Vanderborght Funktionär in der kommunistischen Jugendorganisation Belgiens und war der belgische Vertreter im Weltbund demokratischer Jugend (WBDJ). Seit 1947 nahm er an allen »Weltfestspielen der Jugend und Studenten« als Delegierter und später als Gast teil. In den 50er und 60er Jahren arbeitete er für die Kommunistische Partei Belgiens und unterstützte die antikoloniale demokratische MNC (Mouvement National Congolais) von Patrice Lumumba. Im Rahmen dieser internationalen Kontakte traf er auch mit Fidel Castro und anderen Repräsentanten der antikolonialen Befreiungsbewegungen zusammen.

1960 organisierte er in Belgien den ersten Marsch gegen Atomraketen zum Stationierungsort amerikanischer Atomwaffen. Seit dieser Zeit war Michel Vanderborght aktiv in der belgischen Friedensbewegung. Er war Vorsitzender der Gruppe »Vrede« und Herausgeber der gleichnamigen Zeitschrift. Überregional und in seinem Umfeld organisierte er verschiedene Friedensaktionen. Seit Jahrzehnten arbeitete er im Rahmen der belgischen Veteranenorganisation Front l’Indépendance (F.I.) für die Erinnerung an den antifaschistischen Kampf und die Bewahrung des historischen Gedächtnisses an die Okkupation Belgiens. Im Rahmen der antifaschistischen Erinnerungsarbeit trug er viele Jahre die Verantwortung für das »Widerstandsmuseum« in Brüssel und arbeitete im Aufsichtsrat des »Institut des Vétérans«, einer Einrichtung des belgischen Staates, die auch für die Erinnerungsarbeit an Okkupation und Befreiungskampf zuständig ist.

Auf seine Initiative gingen Aktivitäten der FIR mit dem Europäischen Parlament und die Umsetzung des großartigen Internationalen Jugendtreffens 2008 in Buchenwald zurück. Er regte weitere Projekte an, die die Lebendigkeit der FIR und ihre Verbundenheit mit den heutigen Generationen bewiesen.

Für seine politische und historische Arbeit erhielt er zahlreiche belgische und internationale Auszeichnungen. Diese Anerkennung drückte sich auch auf der Trauerfeier in Brüssel aus. Zahlreiche Gäste, darunter der Präsident des belgischen Parlaments, der russische Botschafter, Vertreter aus FIR-Verbänden und natürlich seine Gefährten aus dem Partisanenkampf sowie junge Antifaschisten gaben ihm die letzte Ehre. Sein politisches Verständnis formulierte er im Frühjahr 2010 in einem Beitrag für die Geschichtskonferenz der VVN-BdA: »Die historische Erinnerung hier und heute ist mehr als eine Kraft, mehr als eine Hoffnung, sie ist ein Versprechen für eine bessere Welt.« Für diese bessere Welt setzte er sich bis zuletzt ein.