Eine durchsichtige Kampagne

geschrieben von P.C.Walther

5. September 2013

gegen Martin Walser, Siegfried Lenz und Dieter Hildebrandt

Juli-Aug. 2007

Mit ziemlichem propagandistischen Aufwand „enthüllte“ das Nachrichtenmagazin „Focus“, dass Martin Walser, Siegfried Lenz und Dieter Hildebrandt in ihrer Jugend 17jährig Mitglied der NSDAP geworden seien. Festgestellt habe man das anhand von NSDAP-Mitgliedskarteikarten im Berliner Bundesarchiv.

Auf Expertenseite gab es prompt sehr unterschiedliche Aussagen darüber, wie man in den letzten Nazijahren Mitglied der Nazipartei werden konnte. Der frühere Leiter des NS-Dokumentationszentrums, Reinhard Rürüp, erklärte, dass HJ-Führer zu be-stimmten Anlässen wie etwa „Führers Geburtstag“ ganze HJ-Einheiten für eine Mit-gliedschaft angemeldet hätten.

Wie dem auch sei; bei über zehn Millionen NSDAP-Mitgliedern, die es zum Schluss des Nazireiches gab, ist die Mitgliedschaft allein noch kein Indiz für Naziaktivitäten oder gar für verbrecherisches Handeln. Zur Beurteilung eines Menschen zählen in erster Linie sein Verhalten und seine Handlungen, sehr viel weniger das, was er in seiner Jugend vielleicht getan oder unterlassen hat – wenn es sich nicht um verbre-cherisches Tun handelt.

Die drei, denen nunmehr der Angriff auf ihre Reputation gilt, haben sich in der ge-samten Zeit nach 1945 mehrfach als Demokraten und Nazigegner ausgewiesen. Wenn auch bei Walser sich zuweilen einige höchst unorthodoxe Dinge ereignet haben, ändert das nichts an der Gesamtbeurteilung. Deshalb scheinen die nunmehrigen Verdächtigungen allzu offenkundig bestimmten Zwecken dienen zu sollen.