Frag nach bei den „Hirten“

geschrieben von Hans Canjé

5. September 2013

Der Staat perfektioniert die Überwachung möglicher Gegner

Mai-Juni 2007

Sollte sich der eine oder andere unter uns nicht mehr so recht erinnern, was er am, sagen wir mal 5. April 2001 gemacht hat – kein Problem. Das finden wir schon heraus: Eine e-Mail an poststelle@bfv.bund.de mit dem Anliegen losschicken, und, so der Absender schon mal an einer Demo gegen die braune NPD oder Hartz IV teilgenommen hat, ist bald mit einer Antwort zu rechnen.

Einige Bundestagsabgeordnete der Linken haben das getan. Da kamen Auskünfte, die an die 300 Seiten umfassten und nahezu jeden öffentlichen Auftritt vermeldeten. Die Berliner Tageszeitung »junge Welt« hat im März auf zwei ganzen Seiten einen Auszug aus dem Dossier veröffentlicht, das die guten Hirten im Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) über die bekennende Antifaschistin Ulla Jelpke so gesammelt haben. Fast mit Angabe der Uhrzeit ist da registriert, wo und worüber sie im Verlaufe der Jahre, vornehmlich auf Antifa-Veranstaltungen, gesprochen hat. Ulla Jelpke wird vor Freude ob der Sammelleidenschaft der Kölner Dienstelle die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen haben; so korrekt kann selbst der penibelste Mensch sein eigenes Tagbuch nicht führen.

Nun hat der fürsorgliche Staat sein System noch perfektioniert: am 30. März setzte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble per Knopfdruck die »Antiterrordatei« von Polizei und Geheimdiensten in Gang. Fortan können sich daraus die 38 (achtunddreißig!) bundesweit agierenden Sicherheitsbehörden unter der Überschrift: »Wir jagen nur potenzielle Terrorristen« auf der Suche nach unsicheren Kantonisten und auch ihrer Kontaktpersonen in Echtzeit bedienen. Wer in diese Schublade gehört, bestimmen die guten Hirten nach Gefühlslage künftig in ihrem »Gemeinsamem Terrorabwehrzentrum« in Berlin-Treptow.