»Führer-Erlass« gilt weiter

geschrieben von P.C.Walther

5. September 2013

Mühen der Justiz, SS-Verbrecher unbehelligt zu lassen

Juli-Aug. 2011

Während ihrer Herrschaft erließen die Nazis 1943 einen »Führer-Erlass«, dass alle Angehörigen anderer Staaten, die sich bereit fanden, in der SS und anderen Sondereinheiten der Nazis mitzuwirken – sogenannte SS-Freiwillige – als reichsdeutsche Staatsbürger zu gelten haben.

Von diesem »Führer-Erlass« profitieren Kriegsverbrecher, Mörder und Totschläger, die sich nach Deutschland begeben konnten, noch heute. Ein daraus folgender Fall von Straffreiheit für Nazi- und Kriegsverbrecher ging kürzlich, wenn oft auch nur als kurze Notiz, durch die Medien

Die Generalstaatsanwaltschaft in München hatte es erneut abgelehnt, den wegen mehrfachen Mordes an meist jüdischen Häftlingen im damaligen KZ Westerbork von einem niederländischen Gericht zum Tode verurteilten niederländischen SS-Kollaborateur Klaas Carel Faber, dessen Todesurteil ein Jahr später in lebenslange Haft umgewandelt wurde, an die Niederlande auszuliefern – trotz eines europäischen Haftbefehls und Auslieferungsersuchens.

Faber war im Dezember 1952 zusammen mit sechs weiteren Insassen der niederländischen Haftanstalt Breda die Flucht nach Deutschland gelungen. Hier galten dann die »Sieben aus Breda« – ebenso wie andere ausländische SS-Helfer und Mordgesellen – als deutsche Staatsbürger, womit sie deutschen Schutz vor einer Auslieferung, in der Regel auch Schutz vor einer Bestrafung genießen konnten.

Bereits 1954 entschied der Bundesgerichtshof, dass der »Führer-Erlass« zur Eindeutschung ausländischer »Freiwilliger« weiterhin Gültigkeit habe.

Zum Schutze des wegen Mordes verurteilten SS-Angehörigen Faber ließen sich die Organe der deutschen Justiz einiges einfallen:

So lehnte es das Landgericht Ingolstadt bereits 2004 ab, gegen Faber vorzugehen, denn nach deutschem Recht dürfe niemand wegen derselben Tat zweimal verfolgt werden. Ein Ermittlungsverfahren deutscher Stellen gegen Faber sei bereits in den 50erJahren eingestellt worden. Für ein neues Ermittlungsverfahren müssten Tatsachen vorliegen, die nicht schon Gegenstand von Verfahren waren. Damit wurde auch das holländische Ersuchen abgelehnt, die Haftstrafe in Deutschland zu vollstrecken.

Die Staatsanwaltschaft München I kam 2006 schließlich zu dem Ergebnis, dass die Verbrechen Fabers allenfalls als Totschlag zu bewerten und deshalb inzwischen verjährt seien.

Um einen in den Niederlanden überführten und verurteilten Massenmörder hierzulande vor einer Strafe zu bewahren, wurde offensichtlich keine Mühe gescheut.