Für Recht und Freiheit

geschrieben von Sophia Katz

5. September 2013

Erinnerung an den SPD-Reichstagsabgeordneten Ludwig Marum

März-April 2008

Zu den Veranstaltungen aus Anlass des 125. Geburtstages von Ludwig Marum gehörte auch eine szenische Lesung des Berichts des 1948 geführten Prozesses gegen die Mörder von Ludwig Marum: „Der Kislau-Prozess. Ludwig Marum und seine Mörder“, von Ulrich Wiedmann.

Im Oktober 2007 wurde im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestages mit der Ausstellung „Ludwig Marum. Für Recht und Freiheit – Reichstagsabgeordneter – ermordet 1934“ eine Ausstellungsfolge im Bundestag begonnen, die unter dem Titel „Herausragende Köpfe der parlamentarischen Demokratie“ die demokratischen Traditionen des deutschen Parlamentarismus wieder ins Gedächtnis zurück holen möchte. Diese Ausstellung in kleinerem Format, gestaltet von Studenten der Archivwissenschaft in Karlsruhe, wurde erstmals 2005 im Freiheitsmuseum Rastatt gezeigt: „warum marum?“ machte bereits im Titel deutlich, welche Gründe es gibt, sich heute dieses Mannes zu erinnern. Mehrfach, vor allem in Schulen, wurde sie gezeigt.

Ludwig Marum wurde 1882 in einer jüdischen Familie im pfälzischen Frankenthal geboren, studierte in Heidelberg Jura, trat in jungen Jahren der SPD bei und engagierte sich in Karlsruhe auch als Rechtsanwalt für sozial Unterprivilegierte. Er begann etwa 1911 seine Karriere als Politiker im Gemeinderat der Stadt Karlsruhe und 1914 als Abgeordneter der SPD im Badischen Landtag. Nach Ausbruch der Novemberrevolution 1918 war er als Justizminister Mitglied der provisorischen badischen Landesregierung und nach der Wahl zur Badischen Verfassungsgebenden Nationalversammlung am 5. Januar 1919 als Mitglied der Verfassungskommission an der Ausarbeitung der badischen Landesverfassung beteiligt. Er vertrat den sozialdemokratischen Reformismus, der in der Badischen Sozialdemokratie eine langjährige Tradition hatte.

Bis 1928 war er im Badischen Landtag Vorsitzender der SPD-Fraktion. Bei der Reichstagswahlen 1928 wurde er als Karlsruher SPD-Abgeordneter in den Reichstag gewählt. 1933, sofort nach der Errichtung der nazistischen Macht, wurde er vom NS-Regime am 10. März in „Schutzhaft“ genommen und am 29. März 1934 ermordet.

In Karlsruhe wird seit vielen Jahren die Erinnerung an Ludwig Marum wach gehalten. Zunächst waren es persönliche Kontakte, getragen durch die Persönlichkeit der Tochter Elisabeth Marum-Lunau (1910-1998), die- nach dem Mord an ihrem Vater zunächst nach Frankreich und dann in die USA emigriert und dort geblieben war – vor allem das Gespräch mit Schülerinnen und Schülern suchte. Viele Schüler und Lehrer, die ihr begegneten, waren von ihrer selbstverständlichen Haltung stark beeindruckte. Das Andenken an Ludwig Marum wird seit 1988 von der SPD Karlsruhe mit einem jährlichen Preis geehrt. Und nicht zufällig wurde auf Betreiben vor allem von Schülern das Gymnasium im nahe bei Karlsruhe gelegenen Pfinztal nach Ludwig Marum benannt. Nach dem Tod von Elisabeth Marum-Lunau1998 gab es viele Überlegungen, besonders am Ludwig-Marum-Gymnsium, auf welche Weise die Beschäftigung mit der Vergangenheit -mit immer weniger Zeitzeugen – die Schüler zu Auseinandersetzungen um mehr Demokratie befähigen und zum Eintreten gegen undemokratisches Gedankengut bewegen kann. Ergebnis war, dass eine Stiftung gegründet wurde, die jährlich einen Preis zum Andenken an Ludwig Marum vergibt. Ausgezeichnet werden Arbeiten, die sich mit der Geschichte des Faschismus beschäftigen oder mit dem Schicksal der Juden oder anderer verfolgter Minderheiten, ebenso ein bestimmtes vorbildliches Sozialverhalten oder Aktionen, die sich gegen den neuen Rechtsradikalismus wenden. Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer sind die Preisträger, aber auch ein Fußballspieler des Karlsruher FC, der gegen rechtsradikale Zuschauer auftrat. Die beiden Preise, die in Karlsruhe im Namen von Ludwig Marum vergeben werden, zeugen von einer intensiven Beschäftigung mit deutscher Geschichte, aber auch von undemokratischen Gefährdungen heute. Ein Höhepunkt der zahlreichen Ehrungen für Ludwig Marum in Karlsruhe waren die Veranstaltungen anlässlich seines 125. Geburtstages. Hierher gehört die anfangs vorgestellte Ausstellung im Paul-Löbe-Haus und eine Konferenz in Karlsruhe, die sich mit verschiedenen Gesichtspunkten seines Lebens beschäftigte, so mit der Durchsetzung und dem Ausbau der Demokratie und des Rechtsstaats, seine Bemühungen um die Vertiefung der jüdischen Integration, sein Kampf gegen den Antisemitismus und den aufsteigenden Nationalsozialismus, die Anlass gaben zur Rückbesinnung auf die erste deutsche Demokratie und ihre Geschichte im deutschen Südwesten.