Gedenken an Helen Ernst

geschrieben von Michael Strähnz

5. September 2013

Als Kämpferin verfolgt, als Künstlerin verfemt

Mai-Juni 2008

Vor 60 Jahren starb Helen Ernst, eine große Zeichnerin des 20. Jahrhunderts. Ihr Vater, ein kaisertreuer Diplomat, adoptierte die 1904 in Athen geborene Tochter Helene, verstieß aus Standesgründen jedoch die Mutter. Die ersten Jahre ihres Lebens genoss das Mädchen eine gutbürgerliche Erziehung. Sie besuchte Schulen in Zürich, Stuttgart und Berlin. Von 1921 bis 1924 studierte sie an den Berliner Kunstschulen und schloss als Zeichenlehrerin ab. Sie änderte ihren Namen in Helen um. 1922 begegnete sie ihrer Mutter. Deren ärmliches Leben im Braunschweiger Arbeitermilieu prägte sie tief. Zunächst arbeitete Helen Ernst als Zeichenlehrerin für Mode an der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule Berlin, daneben als Pressezeichnerin, Grafikerin sowie Kostüm- und Modeberaterin. Die Weltwirtschaftkrise und das Leben Ihrer Mutter wecken ab etwa 1930 in ihr ein Bedürfnis nach politischem Engagement. Im Jahr 1931 wird sie Mitglied in der (KPD) und in der Assoziation Revolutionärer Bildender Künstler Deutschlands (ASSO). Sie arbeitet bei der Roten Hilfe mit und erstellt Zeichnungen für die »Illustrierte Rote Post«.

Das Deutsche Historische Museum berichtete in einer Ausstellung über sie:

»Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wird die durch ihre Zeichnungen bekannte Kommunistin Ernst in ihrer Wohnung verhaftet, wobei ihr ganzer Besitz und ihre Zeichnungen beschlagnahmt oder zerstört werden. Sie wird im Frauengefängnis Barnimstraße in Berlin unter ›Schutzhaft‹ gestellt. 2. Juni: Ernst wird entlassen und tritt eine Reise nach Prasdorf in Schleswig-Holstein an, wo sie sich an einer Flugblattaktion beteiligt. 14. Juli: Erneut wird Ernst verhaftet, dieses Mal durch eine Denunziation. Sie wird in das Gefängnis nach Kiel gebracht. 11. August: Sie wird entlassen, darf aber vorerst Kiel nicht verlassen. 3. September: Rückkehr nach Berlin.«

Kurz nachdem Helen Ernst 1934 von ihrem Freund und Malerkollegen Hans Grundig porträtiert wurde, emigriert sie in die Niederlande. Hier schreibt sie gemeinsam mit Eva Raedt-de Canter 1935 den Roman »Vrouwengevangenis«. Nach der faschistischen Besetzung der Niederlande wird sie erneut verhaftet. Wegen antideutscher Hetzpropaganda deportiert man sie ins KZ Ravensbrück und später in das Außenlager Barth. Helen Ernst überlebt die so genannten »Todesmärsche«. Am 1. Mai 1945 wird sie durch die Rote Armee befreit und lässt sich in Schwerin nieder. Anschuldigungen früherer Mithäftlinge im Jahr 1946, sie hätte mit der SS zusammengearbeitet, überschatten ihren künstlerischen Neuanfang. Man erkennt ihr die OdF-Opferrente ab. Nach einer Bürgschaft von Hans Grundig wird Helen Ernst am 20.Januar 1948 rehabilitiert. Danach wird sie von einem SED-Landesparteischiedsgericht freigesprochen. In Schwerin entstehen noch zwölf Zeichnungen, die sich bis heute im Besitz der Stadt befinden. Diese Zeichnungen sind geprägt von ihren Erlebnissen im KZ Ravensbrück. Am 26. März 1948 stirb Helen Ernst an den Folgen der langjährigen KZ-Haft. Ihrem Wunsch entsprechend wird sie in Groß Zicker auf der Insel Rügen beigesetzt.

Im April präsentierte das KIZ in der Schweriner Puschkinstraße eine Ausstellung mit diesen zwölf Zeichnungen von Helen Ernst zum Thema Ravensbrück. Damit entsprach die Stadtverwaltung einem Antrag der Fraktion der Linkspartei in der Stadtvertretung.