Gedenkstätte geschützt

geschrieben von Ulrich Sander

5. September 2013

Breiter Protest gegen Nazi-Antikriegstagsprovokation in Dortmund

Sept.-Okt. 2011

Weit über 15.000 Menschen haben am 3. September in Dortmund rund 700 Nazis bei ihrem »Nazionalen Antikriegstag« erheblich gestört. Tausende Blockierer stellten sich ihnen in den Weg. 4000 Polizisten sollten den Nazis zu ihrem Versammlungsrecht verhelfen, wobei die Grundrechte der Dortmunder beträchtlich eingeschränkt wurden. Für viele Medien gab’s fast nur Randale, doch es ging um politische antifaschistische Kultur, und die wurde gewahrt.

Die Polizei hatte zwar parkende Autos von der Nazistrecke weggeräumt, aber Sperrmüll als Wurfgeschosse stehen gelassen – genutzt von wem auch immer. Tränengas, Wasserwerfer, Bergepanzer der Polizei im Einsatz, so etwas gab es lange nicht. Es schien, als sollten die massive Beeinträchtigung der Rechte der Demokraten und die massive Unterstützungsaktion für die Faschisten irgendwie gerechtfertigt werden. Die Medien der WAZ-Gruppe, im Begriff von Konservativen übernommen zu werden, schwenkten dann auch um: »Herbeigekarrte Krawalltouristen verletzten verantwortungsbewusste Polizisten…«

Die Aktion der VVN-BdA zum Schutz der Gedenkstätte Steinwache war ein voller Erfolg. Die Mahnwache wurde Dank der Gedenkstättenleitung möglich. Sie sicherte vielen den Zugang vom und zum Hauptbahnhof und damit von und zur Nordstadt, in die eigentlich kein auswärtiger Nazigegner gelangen sollte. Man diskutierte, rezitierte, musizierte, gab Kaffee aus der Gedenkstätte heraus aus und hatte Infos bereit und auch Stühle für müde Kämpfer. Mittags geriet die Mahnwache zwischen die Fronten; neben der Steinwache die Unseren, hundert Meter entfernt an der Arge und der Hauptpost die Nazis. Die Polizei stand dazwischen mit allem Gerät, das sie hatte. Der Abgang der Nazis wurde sehr verzögert. Danach wurde die Strecke der Nazis oft unterbrochen, sie mussten Umwege gehen. Mehrere Blockaden standen, andere wurden brutal aufgelöst.

So kam die Polizei zu ihrer Kriegsberichterstattung. Einmal stand der Polizeipräsident Hans Schulze (SPD) in der Polizeikette, vor sich die Demonstranten. Unter ihnen der Oberbürgermeister Ullrich Sierau (auch SPD), Auge in Auge mit dem PP Schulze: »Dass wir uns so wiedersehen…« sagte Sierau.

Dass sich Bundes- und Landespolitiker am Blockieren beteiligten, gehört zum Erfolg des Tages. Was die VVN-BdA immer wieder gefordert hatte, dass die Politik bei Versagen der Polizei und Justiz die Sache des Schutzes der Bürger vor den braunen Horden selbst in die Hände nehmen soll, beginnt zu funktionieren. DGB und Kirchen waren ganz stark präsent. Verdi hatte eine Woche lang bis zum 3. 9. auf dem Platz, den die Nazis beanspruchten, ein Friedensfest gestaltet. Bei der Steinwachen-Mahnwache waren zeitweilig Gesine Lötzsch, andere linke MdBs und Nina Hager von der DKP anwesend.

Zum Schluss noch etwas sehr Bezeichnendes: Der Innenminister hatte erklärt, die Polizei schütze das Versammlungsrecht und nicht die Nazipropaganda. Das bewahrheitete sich nicht. Am Abend wurde das Versammlungsrecht der Demokraten bei einer Abschlussfeier im hoch nazifrequentierten Stadtteil Dorstfeld von 50 Nazis massiv gestört. Keiner von den Nazis wurde in dieser Situation eingekesselt und nur einer schließlich festgenommen.

Die VVN-BdA hatte ein Alleinstellungsmerkmal an diesem Antikriegstag, sie thematisierte auch den Militarismus. Erinnert wurde an die Tatsache, dass die Bundeswehr in letzter Zeit in Rathaus und Stadthaus Einzug hielt und dort einen Stab der ZMZ (Zivilmilitärische Zusammenarbeit) einrichtete, immer bereit, die Polizei und die Reservisten der Bundeswehr zum Vorgehen im Inneren zusammen zu holen. Erinnert wurde auch an die Tatsache, dass die Agentur für Arbeit und das Kreiswehrersatzamt zu Werbezentralen für die Bundeswehr umgewandelt werden sollen. »Bundeswehr raus aus Schulen, Arbeitsagenturen und Rathäusern. Kein Werben fürs Töten und Sterben!« hieß es dazu an der Mahnwache. Und außerdem: Wer als Politiker von Gewaltfreiheit spricht, sollte selbst damit anfangen und Schluss machen mit dem Krieg.