Gesetz auf Vorrat

geschrieben von Ulla Jelpke

5. September 2013

Jan.-Feb. 2009

Der Ausbau des Überwachungsstaates wird an der SPD nicht scheitern. Das hat sie bei der Debatte zum BKA-Gesetz deutlich gezeigt. Ende November, nachdem der Bundestag – mit den Stimmen fast aller SPD-Abgeordneten – dem neuen Angriff auf die Bürgerrechte schon zugestimmt hatte, schienen sich die Sozialdemokraten im Bundesrat zum Widerstand zu versammeln. Auf einmal erblickten sie »erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken« (Lothar Hay, Innenminister Schleswig-Holstein) und sahen die Interessen der Länder bedroht (Erhart Körting, Berlin).

Und dann zeigt sich: Die SPD hat die Backen aufgeblasen, aber heraus kam nur heiße Luft. Der entstandene »Kompromiss« ist eine Witznummer, weil Schäuble 99 Prozent von dem durchkriegt, worauf er es anlegt: Das BKA darf jetzt Wohnungen abhören, es darf Videokameras in Privaträumen installieren, Rasterfahndungen durchführen und Computer online durchsuchen – alles heimlich, und immer dann, wenn es gegen den »internationalen Terrorismus« geht. Der wird praktischerweise nicht näher definiert, genauso wenig wie die »Kontaktpersonen« mutmaßlicher Terroristen, die ebenfalls ins Visier des BKA geraten. Genauso wie Journalisten, Ärzte, Therapeuten, nichtchristliche Geistliche, denen das Zeugnisverweigerungsrecht vorenthalten wird.

Zwischendurch gestand Schäuble interessanterweise ein, dass die BRD auch ohne das BKA-Gesetz »sicher« sei. Wozu also das Ganze? Es geht offenbar um eine Gesetzgebung auf Vorrat: Es werden nicht ab sofort sämtliche Computer und Wohnungen ausspioniert. Aber der Staat hat jetzt mehrere Waffen zusätzlich in der Hand, um soziale Protestbewegungen zu kriminalisieren und auszuspähen. Dass diese angesichts der anhaltenden Umverteilung von unten nach oben nicht auszuschließen sind, darüber sind sich die Herrschenden im Klaren. Und darauf bereiten sie sich vor, auch mit Hilfe der SPD. Der nächste Schritt besteht dann wohl darin, dass die SPD einen »Kompromiss« beim Inlandseinsatz der Bundeswehr anbietet.