Hunderte applaudierten

geschrieben von Arthur Nehring

5. September 2013

Nov.-Dez. 2012

Die Pogromtage vor dem Sonnenblumenhaus in Rostock-Lichtenhagen im August 1992 haben sich nicht nur mir, sondern vielen Antifaschistinnen, die damals aktiv waren, tief ins Gedächtnis eingebrannt. Der Artikel von Janka Kluge »Es war die Imbissbude« hat mir aus dem Herzen gesprochen, schließlich hat keiner von denen, die damals dort waren, mit diesem Ereignis abgeschlossen.

Alarmiert von Freundinnen vor Ort, waren wir aus Berlin nach Rostock gefahren. Was wir dort sehen mussten war ein Volksfest. Unter den Augen und dem Schutz der immer wieder applaudierenden Anwohner, attackierten Jugendliche aus der Nachbarschaft und eine überschaubare Zahl angereister Neonazi-Kader über Tage das Sonnenblumenhaus und seine Bewohner. Und wir trauten es uns nicht zu, gegen diese Mischung vorzugehen.

Was ich bis heute nicht vergessen habe, ist der Applaus, unter dem die Angegriffenen mit Bussen evakuiert wurden. Die dort klatschten, waren überwiegend keine Neonazis. Wer an jenen Tagen keine Rolle spielte, waren diejenigen die nicht einverstanden waren, die entsetzt waren von dem gewalttätigen, rassistischen und nationalistischen Mob. Sie mussten sich vor ihren Nachbarn fürchten.