Im verdeckten Kampf

geschrieben von Gerhard Hoffmann

5. September 2013

Der Geheimapparat der KPD ist nicht länger geheim

Juli-Aug. 2008

Siegfried Grundmann

Der Geheimapparat der KPD im Visier der Gestapo. Karl Dietz Verlag Berlin 2008. 496 S., geb., 29,90 Euro

Facettenreich ist die Geschichte der Kommunistischen Partei Deutschlands und es zeigt sich, dass sie immer eine lebendige Partei war, geprägt durch Menschen, deren Handeln aus der Überzeugung resultierte, der besten Sache zu dienen und einen gerechten Kampf zu führen. Insbesondere im antifaschistischen Widerstand bewiesen ihre Mitglieder die Fähigkeit, nahezu unglaubliche Kräfte mobilisieren zu können. Erbarmungslos und mit allen Mitteln wurden die Antifaschisten verfolgt und bekämpft. Noch unter diesem permanenten, sich ständig erhöhenden Druck, arbeiteten höchst geheime Strukturen der Partei. Den Geheimapparat der KPD hat Siegfried Grundmann erforscht. Das Ergebnis liegt in einem profunden, faktenreichen und beachtlich gründlich recherchiertem Buch über den »Geheimapparat der KPD im Visier der Gestapo« jetzt vor.

Auf dem 12. Parteitag der KPD, 1929, der dem VI. Weltkongress der Kommunistischen Internationale folgte, wurde als einer der bedeutsamsten Beschlüsse der zur Verteidigung der Sowjetunion gefasst. In Umsetzung dessen erhielt Hans Kippenberger den Auftrag, den Nachrichtendienst und die Zersetzungsabteilung der Partei zu reorganisieren. Eine einheitliche Abteilung Militärpolitik (AM) entstand. Darin hatte die Betriebsberichterstattung (BB-Ressort) eine Sonderstellung. Die Betriebsberichterstattung, deren Aufbau bereits 1927 begonnen worden war, richtete sich vorrangig auf relevante Betriebe und Forschungseinrichtungen. Sie hatte die Zielstellungen, Produktionsinformationen und -geheimnisse zu ermitteln und an die Sowjetunion weiterzugeben sowie die vielfältigen gewonnen Erkenntnisse für die politische Arbeit bereitzustellen. Die KPD arbeitete intensiv an der ständigen Qualifizierung der BB-Arbeit. Sie erschloss Quellen, die bedeutsames Material beschaffen konnten und in der Lage waren, deren Wert zu beurteilen. Die erfolgreichsten Mitarbeiter des BB-Ressorts waren hoch qualifiziert, viele hatten promoviert und waren anerkannte Fachleute.

Strikte Wahrung der Regeln konspirativer Arbeit und Geheimhaltung, die humanistische und antifaschistische Motivation sowie das hohe Bildungsniveau waren Voraussetzungen dafür, dass das BB-Ressort bis 1935 sicher arbeiten konnte. Dann jedoch hatte die gnadenlose, von Antikommunismus getriebene Verfolgungsjagd der Gestapo Erfolge. Es gelang, mit V-Leuten in die Konspiration einzudringen und das BB-Ressort zu zerschlagen. Die wohl größte Tragik bestand darin, dass viele aufrechte Kämpferinnen und Kämpfer von ehemaligen Genossen in die Fänge der Gestapo getrieben wurden. Sie hatten die ihnen entgegengebrachte Achtung und das in sie gesetzte Vertrauen missbraucht und waren zu Verrätern geworden.

Trotz komplizierter Quellenlage ist es dem Autor gelungen, umfangreiches Wissen nicht allein zu den Zusammenhängen und Mitarbeitern des BB-Ressorts zusammenzutragen. Er wandte sich auch den Methoden des Berliner Kommunismus-Referates der Gestapo und dessen V-Leuten zu, also den Tätern. Für den hohen Grad der Verbindlichkeit, Zuverlässigkeit und die moralische Integrität der Mitarbeiter des BB-Ressorts spricht, dass viele ihr Wissen nie preisgaben, nicht unter der Gestapo-Folter, nicht vor dem so genannten Volksgerichtshof, nicht während der »Säuberungen« in der Sowjetunion und auch später nicht, nach dem Krieg, den zu verhindern sie angetreten waren. Ein außerordentlich wertvolles Buch für alle, die nicht bereit sind, dem antikommunistischem und geschichtsrevisionistischem Zeitgeist zu folgen. Ein Lehrbuch vielleicht auch, wie beständige Bündnisse zu schaffen sind.