Kein Grund zur Entwarnung

geschrieben von Axel Holz

5. September 2013

Die NPD-Verbotsdebatte bleibt aktuell

Sept.-Okt. 2010

Dr. Axel Holz ist Landesvorsitzender der VVN-BdA Mecklenburg-Vorpommern

Die Debatte um ein NPD-Verbot ist nicht beendet. Hintergrund für ihr erneutes Aufkommen sind zahlreiche Strafprozesse gegen NPD-Mandatsträger und die Zunahme rechtsextremer Gewalt. Seit Jahresbeginn haben Rechtsextreme in Mecklenburg-Vorpommern 24 Büros von Parteien und Landtagsabgeordneten aller demokratischer Parteien beschädigt. Die Zunahme der Gewalt durch Neonazis, Teil der jährlich ca. 20.000 bundesweit verübten rechtsextremen Straftaten, hat im Landtag mittlerweile fast einhellig zur Forderung nach einem NPD-Verbot geführt. Selbst FDP-Abgeordnete, die bisher immer gegen ein Verbot der neofaschistischen NPD stimmten, haben nach Nazi-Überfällen auf ihre Büros ihre Meinung geändert. Ein Mitarbeiter der NPD-Landtagsfraktion hatte zuvor im Internet dazu aufgerufen, die Abgeordnetenbüros demokratischer Parteien zu überfallen.

Gegen den NPD-Fraktionsvorsitzenden in Mecklenburg-Vorpommern, Udo Pastörs, laufen verschiedene Strafverfahren, die sich im Kern auf den Tatbestand der Volksverhetzung beziehen. Erst kürzlich hat die Landtagsfraktion der Linken Pastörs erneut wegen antisemitischer Tiraden im Landtag angezeigt. Eine wichtige Rolle für die Verbotsforderung spielt die enge Zusammenarbeit der NPD-Fraktion mit den Kameradschaften. Mit Unterstützung der NPD entstehen im Land immer mehr Nazi-Szeneläden, in denen CDs, Bekleidung und Devotionalien mit neofaschistischen Inhalten angeboten werden. Im inzwischen geschlossenen Nazi-Laden »Dickkoepp« hat ein Mitarbeiter der NPD-Landtagsfraktion in Rostock sogar über das Fax des dort angesiedelten NPD-Wahlkreisbüros Werbung für Nazi-Produkte verschickt.

In der laufenden Legislaturperiode verfügt die NPD im Landtag über staatliche Mittel von ca. sechs Millionen Euro, während gleichzeitig Millionen Euro für Programme gegen Rechtsextremismus und für Demokratie und Toleranz eingesetzt werden – eine schizophrene Situation.

Neben dem Innenminister spricht sich auch Ministerpräsident Sellering für ein NPD-Verbot aus. Insgesamt acht Landesinnenminister unterstützen unterdessen bundesweit ein Verbot der NPD. Auf Bundesebene haben sich jetzt neben SPD und der Linken auch die Grünen für ein Verbot der NPD ausgesprochen. DGB, Ver.di, sowie die Zentralräte der Juden und der Sinti und Roma unterstützen die Verbotsforderung ohnehin. In der Bevölkerung haben Umfragen zuletzt eine knappe Mehrheit für ein NPD-Verbot ergeben.

Mit ihrer Kampagne für ein NPD-Verbot hat die VVN-BdA 2007 sowie von Januar 2009 bis Mai 2010 zunächst 175.000 Unterschriften und später 5.400 Stellungnahmen für das Verbot der neofaschistischen NPD gesammelt, davon 655 in Mecklenburg-Vorpommern. Die Statements sollen nun in gebundener Form medienwirksam eingesetzt werden, etwa indem sie den Innenministern der Länder übergeben werden. Bundesweit sind diese Aktivitäten auf großes Interesse gestoßen, weil die VVN-Kampagne dem Verbotsthema dauerhaft Präsenz verliehen hat. Kernpunkt der Debatte bleibt der Abzug der V-Leute aus den Spitzenpositionen der NPD-Parteigremien. Verfassungsrechtler haben darauf aufmerksam gemacht, das ein komplettes Abschalten der V-Leute des Verfassungsschutzes aus der NPD für ein erfolgreiches NPD-Verbotsverfahren nicht erforderlich ist. Grundsätzlich bleibt aber das Problem bestehen, dass V-Leute in der NPD bezahlte Neofaschisten sind, die für den Verfassungsschutz geworben wurden. Dieser finanziert damit indirekt die NPD-Aktivitäten mit.

Die NPD dürfte nach § 139 des Grundgesetztes ohnehin nicht legal wirken dürfen, weil dieser Paragraph in Anlehnung an die Regelungen des Alliierten Kontrollrates die Wiederbelebung oder Neugründung neonazistischer Organisationen verbietet. Ein Kommentar des ehemaligen Verfassungsrichters Roman Herzog hatte seiner Zeit die Anwendung dieses Paragraphen jedoch deutlich erschwert.