Kriegsverbrecherschutz

geschrieben von H. Ziegenbalg, Riesa

5. September 2013

Juli-Aug. 2011

Als Mitglied der VVN-BdA möchte ich auf einen Artikel in der Sächsischen Zeitung eingehen. Die Nachricht und der Artikel vom 28. April 2011 über das unbeschwerte Leben von NS-Kriegsverbrechern in der Bundesrepublik Deutschland könnten mich eigentlich nicht mehr erschüttern, wenn es nicht auf der Grundlage eines sogenannten »Führererlasses« vom 19. Mai 1943 geschehen würde, der noch heute vom Bundesgerichtshof anerkannt wird.

Wo leben wir denn eigentlich in diesem Staat, der sich einerseits die rigorose Verfolgung der Stasi-Vergangenheit auf seine Fahnen schrieb und alle Straßennamen ehemaliger Kommunisten und ihnen Nahestehender tilgen möchte und andererseits NS-Massenmörder unter seinen Schutz stellt?

Wenn sich die Niederlande seit 60 Jahren sogar mit Europäischem Haftbefehl vergeblich um die Auslieferung von verurteilten brutalen Massenmördern bemühen, kann man nur noch staunen ob der absoluten Heuchelei. Der Holländer Klaas Carel Faber wurde von einem holländischen Gericht wegen mehrfachen Mordes verurteilt. Nachdem er, gemeinsam mit anderen, in die BRD floh, konnte er dort unbehelligt leben. Klaus Carel Faber wird, wie viele andere auch, nicht ausgeliefert werden. Ihn schützt ein Erlass Adolf Hitlers von 1943, der ihn, weil er als junger Mann in die Waffen-SS eintrat, bis heute rechtsgültig zum deutschen Staatsbürger macht. Eine dürre Order von damals wirkt bis heute nach. Jahrzehntelang hat sie etliche Schergen Hitlers vor ihrer Strafe geschützt. Denn wer Deutscher ist, so gebietet es das 1949 geschaffene Grundgesetz, darf nicht an andere Länder ausgeliefert werden.

Wie viele Ausländer durch diesen Führererlass die deutsche Staatsangehörigkeit erhielten, dies ist nicht bekannt. Spezialisten schätzen ihre Zahl auf mehrere Tausend. Auch darüber, wie viele von denen wiederum im Lauf der Jahrzehnte in anderen Ländern als Kriegs- oder NS-Verbrecher verurteilt wurden und dennoch unbehelligt blieben, gibt es keine Statistik.

Hat also der letzte Angeklagte wegen Kriegsverbrechen, Ivan Demjanjuk aus den USA, der hier vor Gericht stand, nur den entsprechenden Seitenwechsel verpasst?

Es freut schon ungemein, diese Heuchelei und Geschichtsverleugnung so offen präsentiert zu bekommen. Wer schreibt und wie wird heute Geschichte geschrieben?