Muslime als Feindbild

geschrieben von P.C.Walther

5. September 2013

Nicht nur Rechtspopulisten wollen dem Schweizer Beispiel nacheifern

Jan.-Feb. 2010

Nachdem die von zwei rechtspopulistischen Parteien in der Schweiz inszenierte Volksabstimmung gegen den weiteren Bau von Minaretten für die Urheber erfolgreich ausgegangen war, summierten sich auch hierzulande Versuche, dieses Ergebnis für eigene politische Ziele zu instrumentalisieren. Denn auch in der Bundesrepublik machen Neonazis und Rechtspopulisten schon lange Stimmung gegen Muslime und muslimische Einrichtungen. Erinnert sei nur an die NPD-Aufmärsche gegen geplante Moscheebauten in Frankfurt am Main und Berlin und ähnliche »Pro«-Aktivitäten in Köln.

Doch es sind nicht nur Rechtsextremisten, die hier versuchen, Stimmungen zu schüren, die eigenen Zwecke dienen sollen. Gleich nach dem Schweizer Debakel erklärte der CSU-Landesgruppen-Vorsitzende im Deutschen Bundestag, Hans-Peter Friedrich, – unter bewusster Benutzung des unsäglichen Begriffs »Überfremdung« – man müsse »die Sorge und Angst vor Überfremdung ernst nehmen«. Und sein Kollege, der CSU-Politiker Norbert Geis, malte die »Gefahr« an die Wand, dass Deutschland in drei bis vier Jahrzehnten zur Hälfte von Muslimen bevölkert sein könne. Es handelt sich bei diesen rassistischen Ressentiments also keineswegs um rechtsextreme Randerscheinungen.

Eine wirkliche Auseinandersetzung mit Inhalten und Formen religiös verbrämter Herrschaft und Politik autoritärer und reaktionärer Kräfte in oder aus islamisch geprägten Ländern findet so natürlich nicht statt. Vielmehr werden gleichermaßen raffiniert wie demagogisch Begriffe und Bestandteile eines fundamentalistischen Islamismus – der nicht mit dem Islam gleichzusetzen ist – benutzt, um Ängste zu schüren, von tatsächlichen Ursachen für Fehlentwicklungen und Missstände ablenken, Feindbilder und Sündenböcke zu schaffen und Zuwachs für die eigenen Reihen zu organisieren. Diese Art »Anti-Islamismus« ist ihrem Wesen nach eine Bedrohung der Demokratie.

Der Sozialwissenschaftler Christoph Butterwegge bringt es auf den Punkt: »Charakteristisch für den Rechtspopulismus ist, dass er die zunehmende Verarmung breiter Bevölkerungsschichten, oft ethnischer Minderheiten, nicht etwa als Konsequenz von Diskriminierung und einer ungerechten Verteilung der gesellschaftlichen Ressourcen ansieht, sondern als das Resultat der zu großen Durchlässigkeit der Grenzen für Migranten. Er thematisiert die Angst vor einer ›Überflutung‹ bzw. ›Überfremdung‹ – und schürt diese überwiegend mit dem Verweis auf Muslime. … Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise dürfte in nächster Zeit zu größeren sozialen Verwerfungen führen. Für eine Jagd nach Sündenböcken bieten sich Muslime geradezu an.«