Orientierung nach vorn

geschrieben von P.C.Walther

5. September 2013

Ergebnisse der Antragsberatung des Bundeskongresses der VVN-BdA

Mai-Juni 2011

Der zweite Konferenztag blieb den Tagesordnungspunkten Wahlen und Antragsberatung vorbehalten – wegen der Rückreisetermine der Delegierten allerdings auf die Zeit bis 13 Uhr begrenzt.

Inhaltliche Debatten zu einem Teil der Themen, mit denen sich auch die Anträge befassen, fanden bereits am ersten Konferenztag statt, als Schwerpunkte zu Themen des Leitantrages vorgetragen und diskutiert wurden.

Die Anträge 03 und 10 bis 18 sowie zwei Initiativanträge, die aus Zeitgründen nicht mehr behandelt werden konnten, wurden zur Beratung und Beschlussfassung an den Bundesausschuss überwiesen. Über das Ergebnis werden wir in der »antifa« ebenfalls berichten.

Der volle Wortlaut aller beschlossenen Anträge ist nachzulesen auf der Webseite vvn-bda.de unter Bundeskongress.

Der Leitantrag (veröffentlicht in der März-April-Ausgabe der antifa) wurde mit wenigen Textkorrekturen und Ergänzungen nahezu unverändert angenommen. Die Ergänzungen konzentrieren sich im wesentlichen auf den Abschnitt Friedenspolitik; eine weitere Ergänzung unterstreicht die Rolle der älteren Kameradinnen und Kameraden und die Verpflichtung, ihnen zu helfen.

Gegen die Werbung der Bundeswehr in Schulen und anderen Einrichtungen richtet sich der mit geringer Textkorrektur beschlossene Antrag 02 »Kein Werben fürs Morden und Sterben!«.

Zum Antrag 03 »Bleiberecht für Sinti und Roma« gab es mehrere Änderungsvorschläge. Da die Beratungszeit dazu nicht ausreichte, wurde die Vorlage zur Beschlussfassung an den Bundesausschuss überwiesen. Ohne Änderungswunsch angenommen wurde der Antrag 04, der den »Schutz für Grabstätten der Sinti und Roma« fordert.

Auf einen wichtigen Teil der Arbeit der VVN-BdA weist der beschlossene Antrag O5 hin: »Die Hinterbliebenen der NS-Opfer fordern ihr Recht«. »Die personellen Kontinuitäten aus der Zeit vor und nach 1945 müssen zu Konsequenzen führen«, lautet ein Kernsatz des Beschlusses. Hier wird darauf hingewiesen, dass nach 1945 »Eliten der Nazizeit… wieder tätig werden, Einfluss nehmen und dabei weiterhin gegen Antifaschisten vorgehen« konnten. Das stehe im Widerspruch zu der auch vom Bundesverfassungsgericht getroffenen Feststellung, dass Grundgesetz und Entstehung der Bundesrepublik als »Gegenentwurf« zum Naziregime zu verstehen und den Opfern des NS-Regimes besonderer Schutz und Anerkennung zuzuerkennen sind.

Dem sieht sich die VVN-BdA verpflichtet. Sie setzt sich mit Nachdruck für die Wiedergutmachung und Rehabilitierung der durch Kalte-Kriegs-Praktiken Benachteiligten ein. Ebenso nachdrücklich fordert sie die Anerkennung und Durchsetzung der Interessen und Forderungen der Angehörigen der zweiten und dritten Generation der Nazi-Opfer, denen z.B. die Mitwirkung an der Gedenkarbeit verweigert wird. Der Bundesausschuss soll bald »ein Treffen von Angehörigen der zweiten und dritten Generation organisieren«.

Der Beschluss 06 schlägt den Landesverbänden vor, sich mit dem Komplex »Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945« zu befassen und dabei die Erfahrungen aus NRW zu nutzen.

Mit dezentralen Schwerpunktaktionen in Wahlkämpfe einzugreifen, um Neofaschisten und Rassisten entgegenzuwirken und ihren Einzug in Parlamente aller Ebenen zu verhindern, ist Inhalt und Ziel einer Fortsetzung der No-NPD-Kampagne. Das ist Inhalt des Beschlusses 07 »Antifaschistische Positionen statt Nazis in die Parlamente«.

Zu kontroverser Diskussion führten der aus Berlin vorgelegte Antrag 08 »Gegen Israel-bezogenen Antisemitismus« und der dazu aus Hamburg eingebrachte Änderungsantrag »Gegen jeden Antisemitismus«. Anträge und Debatte zeigten, dass es zur Umgehensweise mit den Nahostkonflikten in der VVN unterschiedliche Positionen gibt. Während der Hamburger Antrag beabsichtigte, sich auf gemeinsame Positionen zu konzentrieren, ohne andere Auffassungen ausdrücklich auszuschließen, aber auch nicht deren Allgemeingültigkeit zu verlangen, plädierten Träger und Unterstützer des Berliner Antrages für die Verurteilung und Bekämpfung »sämtlicher Äußerungen eines auf Israel bezogenen Antisemitismus«, sowie für den Diskussionsausschluss aller »pauschalen und undifferenzierten Unterstellungen und Verdächtigungen«, ohne näher zu erläutern, was darunter zu verstehen ist..

Angenommen mit etwa Dreiviertelmehrheit wurde die von der Antragskommission empfohlene Zusammenfassung von drei (modifizierten) Punkten des Berliner Antrages mit dem Hamburger Antrag. Kernsatz des so gefassten Beschlusses ist die Ablehnung »jeder Art und Form des Antisemitismus« (wobei »nicht jede Kritik an israelischer Regierungspolitik… des Antisemitismus zu bezichtigen« sei) und die Unterstützung einer Friedenslösung zwischen Israel und den Palästinensern, »die den legitimen Interessen beider Seiten entspricht«. Festgestellt wird die mehrfache Spaltung der israelischen Gesellschaft. Wer jedoch »die grundsätzliche Konsequenz nach der Shoah«, nämlich Israel als »Zufluchtsort für Jüdinnen und Juden aus aller Welt« anzuerkennen, infrage stelle, »kann für uns kein Bündnispartner sein«, heißt es weiter.

»Rettet das Leben von Mumia Abu Jamal« lautet der wegen des Ablaufs der Konferenzzeit zuletzt beschlossene Antrag 09. Darin werden eine Reihe von Aktionsvorschlägen genannt, um den »Kampf für das Leben und die Freilassung« von Abu Jamal fortzusetzen. Der Beschluss wendet sich zugleich generell gegen die Todesstrafe.