Proteste reloaded

geschrieben von Tobias Klaus

5. September 2013

19. bis 22. November: Proteste zur Innenministerkonferenz in Potsdam

Nov.-Dez. 2008

Im November ist es wieder so weit: Die Innenminister der Bundesländer treffen sich – diesmal in Potsdam. Und wie jedes Jahr sind auch die Jugendlichen Ohne Grenzen und das Aktionsprogramm HIERGEBLIEBEN! wieder aktiv, um für sich und andere ein Bleiberecht in Deutschland zu fordern und die volle Umsetzung der UNO-Kinderrechtskonvention durchzusetzen. Ein breites Bündnis ruft zu einer antirassistischen Demonstration am 20. November auf.

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Gleiche Rechte für alle stehen in Deutschland weiterhin nur auf dem Papier. Die UNO-Kinderrechte gelten nicht für Flüchtlinge und die 120.000 geduldeten Flüchtlinge müssen nicht nur jahrelang in Angst vor der Abschiebung leben, sie dürfen nicht einmal ihr Bundesland verlassen – so will es die Residenzpflicht.

Vom 19. Bis 22. November findet daher ein Protestprogramm rund um die Innenministerkonferenz in Potsdam statt. Die zentralen Forderungen sind: Ein Bleiberecht für alle Geduldeten, Legalisierung von Menschen ohne Papieren, Abschaffung der Residenzpflicht sowie die volle Umsetzung der UNO-Kinderrechtskonvention. Den Auftakt bildet die Wahl des Abschiebeministers 2008, ein Negativpreis für den schlimmsten Innenminister, am 19. November. Am 20. November ruft dann ein breites Bündnis von Jugendorganisationen, antirassistischen Gruppen, Kirchen, Gewerkschaften, Autonomen und Abgeordneten zur Demonstration gegen die Innenministerkonferenz auf. Am 21. und 22. November findet wieder eine Gegenkonferenz junger Flüchtlinge statt. Denn Protest ist bitter notwendig:

Die Abschaffung der Kettenduldungen wird seit Jahren von der Politik nur versprochen. Für geduldete Flüchtlinge, von denen mehr als die Hälfte seit über sechs Jahren in Deutschland lebt, bedeutet das weiterhin ein Leben auf Abruf. Das Bleiberecht von 2006/2007 sollte, so die Politik, dieses Problem lösen. Innenpolitiker von CDU und SPD versprachen, dass 60.000 bis 100.000 Menschen einen Aufenthalt bekommen könnten. Der öffentliche Druck war zu groß geworden. Stattdessen wurden jedoch aufgrund der strengen Auflagen nur einmalig ca. 30.000 Menschen »begnadigt«. Mehr als einhunderttausend Geduldete, darunter viele Kinder und Jugendliche, leben weiterhin als Menschen zweiter Klasse ohne Aufenthaltsrecht in Deutschland. Sie können jederzeit abgeschoben werden und das meistens über Jahre hinweg, auch wenn ihre Kinder hier geboren werden, sie hier ihre Freunde haben und sie hier zur Schule gehen.

Bis heute behält sich die Bundesregierung z.B. das Recht vor, Kinder deutscher und nichtdeutscher Staatsbürgerschaft unterschiedlich zu behandeln. Flüchtlingskinder ohne vollständiges Aufenthaltsrecht haben deshalb in Deutschland nur eingeschränkte Rechte. Dies betrifft die Mehrheit der Flüchtlingskinder. Vor allem die Innenminister blockieren die volle Umsetzung der UNO-Kinderrechte, denn sie wollen weiterhin Minderjährige in Abschiebehaft nehmen können, zwangsweise »zurückführen« und schon 16-Jährige ohne jede Hilfe in das Asylverfahren schicken.

Das deutsche »Residenzpflicht«-Gesetz gibt es in dieser Art in keinem anderen europäischen Land. Es besagt, dass Asylbewerber ihren Landkreis nicht verlassen dürfen. Das Gesetz greift massiv in die persönliche Freiheit der betroffenen Menschen ein: Klassenfahrten, Besuche bei Freunden, Verwandten oder von kulturellen und politischen Veranstaltungen hängen ab von der Willkür der Mitarbeiter der Ausländerbehörde. Die Residenzpflicht im Zusammenspiel mit anderen beschränkenden Regelungen wie der Lagerunterbringung führt zur Isolation und dem gesellschaftlichen Ausschluss von Flüchtlingen.

Menschen ohne Papiere werden wie Kriminelle behandelt, leben jedoch oftmals schon seit vielen Jahren unbescholten in der Bundesrepublik. Dennoch müssen sie ständig befürchten, in Abschiebehaft genommen und abgeschoben zu werden. Ohne jeden rechtlichen Schutz sind sie ihrerseits völlig machtlos gegenüber Kriminalität, Ausbeutung, Armut und Krankheit. Handlungen wie z.B. das Anmieten einer Wohnung oder der Kita- und Schulbesuch werden nahezu unmöglich gemacht. Tagtäglich werden ihre fundamentalen Menschenrechte, wie sie z.B. die Europäische Menschenrechtskonvention formuliert, verletzt.