Rosen für die Braunen

geschrieben von Roland Bach

5. September 2013

Eine Untersuchung über Deutschlands Neonaziszene

Jan.-Feb. 2008

14 Autoren haben sich in diesem Sammelband von PapyRossa zusammengefunden, um den deutschen Neonazis, vor allem aber auch dem Umfeld, in dem sie erstarken, nachzuspüren. Wissenschaftlich analysierend, kenntnisreich und aus der Erfahrung argumentierend oder mit dem Mittel der Satire sind sie sich einig in der Notwendigkeit, nicht zu schweigen, sondern aufzuklären, zu mahnen.

Herausgeber Richard Gebhardt erinnert mit dem Titel an Kurt Tucholsky, der schon 1931 mit dem ironisch polemisierenden Gedicht »Rosen auf den Weg gestreut« vor der Verharmlosung der Faschisten gewarnt hatte: »Ihr müsst sie lieb und nett behandeln, erschreckt sie nicht – sie sind so zart! Ihr müsst mit Palmen sie umwandeln, getreulich ihrer Eigenart! Pfeift eurem Hunde, wenn er kläfft – Küsst die Faschisten, wo ihr sie trefft!« Und er nennt als Anliegen, der Frage nachzugehen, wo und von wem trotz gelegentlicher Verbote, Auflagen und Strafverfolgungen der extremen Rechten immer wieder der Weg bereitet wird. Die erfreulich knappen und gut lesbaren Beiträge greifen ineinander über. Der Schwerpunkt der Beiträge behandelt die gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen die Gefahr eines neuen Faschismus auftaucht. Erschreckende Beispiele über die Pervertierung des Rechtsstaates in der Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus, die Blindheit bundesdeutscher Justiz auf dem rechten Auge und die miese Rolle der Geheimdienste beinhaltet der Beitrag von Ulla Jelpke. Die hohe Zahl rechtsextremer Gewalttaten und deren zögerliche Verfolgung bei gleichzeitiger Kriminalisierung des antifaschistischen Protestes, der Skandal um das gescheiterte NPD-Verbotsverfahren, die militaristisch-faschistische Traditionspflege in der Bundeswehr bei gleichzeitiger Weigerung, die Unrechtsurteile der NS-Militärjustiz aufzuheben, sprechen Bände. Jelpke schließt daraus auf die völlige Konzeptionslosigkeit des Staates im Umgang mit der extremen Rechten und weist auf den Rechtsruck im allgemeinen gesellschaftlichen Diskurs hin. Wer manche Debatte im Bundestag verfolgt, muss ihr zustimmen, dass die sogenannte gesellschaftliche Mitte selbst den rechten Rand salonfähig gemacht hat und viele Sonntagsreden über die politische Auseinandersetzung mit der extremen Rechten nichts als bloße Heuchelei sind.

Ergänzt und illustriert werden diese Einschätzungen im Beitrag von Dietrich Kuhlbrodt »Normalität: Nazi«, der sich unter anderem mit der Verherrlichung der führenden Nazis im Film auseinandersetzt und aus seiner früheren Tätigkeit als Oberstaatsanwalt bei der Zentralstelle zur Verfolgung von Naziverbrechen in Ludwigsburg den Blick auf die staatlich unterbundene und verschleppte Behandlung der nazistischen Untaten lenkt. Wie der Staat heute Antifaschismus als zu verfolgendes Delikt behandelt, zeigt auch der Lehrer Michael Csaszkocy am eigenen Beispiel. Das Bild der umfassenden Begünstigung rechtsextremer Umtriebe in der Bundesrepublik (politisch, vor Gericht und finanziell) runden die Beiträge über die Vertriebenenverbände, die studentischen Verbindungen und die Propaganda der Unternehmerverbände ab.

Richard Gebhardt (Hg.)

Rosen auf den Weg gestreut. Deutschland und seine Neonazis

PapyRossa Verlag Köln 2007, 202 S., Euro 14,90

Neue Kleine Bibliothek 109.

Wie all dem widerstehen, wie verhindern, dass die braunen Bataillone (ob mit Glatze oder im Nadelstreifenanzug) den Weg für ihren Marsch frei finden? Es ist nicht primär Anliegen des Buches, -dies zu untersuchen. Einige Feststellungen dazu sind jedoch enthalten und bedenkenswert. Anne Rieger hebt hervor, dass längst die Theorie widerlegt ist, der Kapitalismus müsse zwangsläufig im Faschismus enden. Aber der Weg, die Möglichkeit dahin, von einer bestimmten Kapitalfraktion gewollt, muss immer wieder frühzeitig durch demokratischen und sozialen Protest verhindert werden. Auch Konstantin Wecker hält als Fazit seines interessanten Beitrages fest, dass am Anfang der Aufbau einer antifaschistischen Massenbewegung stehen muss.