Satans Großmutter

geschrieben von Janka Kluge

5. September 2013

Erhellendes aus der Geschichte des Verfassungsschutzes

März-April 2012

Noch nie stand der Verfassungsschutz so sehr in der Kritik wie zurzeit, dabei ist das Amt immer wieder von Skandalen erschüttert worden. Vom Verfassungsschutz bezahlte V-Leute waren in Brandanschläge verwickelt, wie in Mölln Ende 1992, oder organisierten Nazikonzerte und produzierten indizierte CDs von Bands aus der Naziszene. Erst vor kurzem ist bekanntgeworden, dass zumindest ein Betreiber des Internetprojekts »Widerstand-Radio« ebenfalls für den Verfassungsschutz arbeitete. Die Ermittler sind aber nie durch ihre V-Leute auf die Straftäter aufmerksam geworden, sondern durch eigene langwierige Ermittlungen.

Der hessische Verfassungsschützer Hans Joachim Schwagerl wollte schon vor Jahren seine Institution aus der Schmuddelecke herausführen. Er gründete dafür sogar das Amt »Positiver Verfassungsschutz« im hessischen Innenministerium. Sein oberster Dienstherr war zu dieser Zeit Hubert Schrübbers. Als Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz führte er einen »politischen Krieg« gegen den Kommunismus. Es lohnt, sich die Biographie von Schrübbers etwas genauer anzuschauen. Der Spiegel berichtete 1966: »Hubert Schrübbers – Jahrgang 07 – war bei seiner Berufung Generalstaatsanwalt in Düsseldorf und hatte zuvor als Bundesanwalt politische Straftaten verfolgt. Sein Amt – ausgestattet mit einem 20-Millionen-Etat und rund 900 Köpfen Personal – ist eine »bundeseigene Verwaltung«. Die Länder haben eigene Ämter oder Dienststellen zur »Sammlung und Auswertung von Auskünften, Nachrichten und sonstigen Unterlagen« zum Schutze der Verfassung. Der »Truppenvertrag« mit den Alliierten verpflichtet den Verfassungsschutz zur Zusammenarbeit mit alliierten Sicherheitsorganen.« Was der Spiegel nicht berichtete, war, dass Schrübbers bereits im Dritten Reich Staatsanwalt war und insbesondere mit der Verfolgung von Widerstandskämpfern beschäftigt war. 1972 musste er wegen seiner Verstrickung in die NS-Justiz vorzeitig in den Ruhestand gehen. Der Journalist Hans Detlev Becker war vor 1945 Funktionär der Hitler-Jugend und Angehöriger der Militärspionage. Nach 1945 wurde er Chefredakteur des Spiegels und ab 1961 Generalbevollmächtigter des Spiegel Verlags. Er schrieb folgendes über den Kampf gegen den kommunistischen Feind: »Staatssicherheitsschutz kann Abwehrmethoden erfordern, die den Angriffsmethoden entsprechen: Wo ein mikroskopischer Punkt unter der Briefmarke schriftliche Spionage-Instruktionen enthält , können gesetzlose Postkontrollmaßnahmen angebracht sein; wo verschlüsselte Informationen über Funk und Rundfunk empfangen werden, hat der Schutz des Fernmeldegeheimnisses keinen verfassungsadäquaten Inhalt mehr; zur Bekämpfung technischer Spezialisten der Geheimkommunikation sind Spezialisten recht, mögen sie ihr beklemmendes Handwerk bei Gestapo- Chef Heinrich Müller, SD-Chef Reinhard Heydrich oder des Satans Großmutter gelernt haben.«

Wenn Hans Detlev Becker noch das Amt »Fremde Heere Ost« unter Reinhard Gehlen genannt hätte, wären alle Ämter benannt, aus denen sich die neuen Geheimdienste zusammensetzten. Obwohl Reinhard Gehlen den Geheimdienst der Wehrmacht im Osten aufbaute knüpfte er bereits 1944 Kontakte zur amerikanischen Armee. Er war davon überzeugt, dass der neue Staat, der nach dem Faschismus kommen würde, ebenfalls einen Geheimdienst braucht und dass er der richtige Mann dafür war. Als die Organisation Gehlen gegründet wurde, machte Gehlen sein Versprechen gegenüber den alten Mitarbeitern wahr und beschäftigte sie nun im neuen Amt. Bereits 1951 gab es im Kanzleramt Diskussionen das »Amt Gehlen« in mehrere Ämter zu überführen. Es dauerte bis zum 1. April 1956 bis das »Amt«, wie es kurz hieß aufgelöst wurde und der BND gegründet wurde.

Es ist also nicht verwunderlich, dass für den Verfassungsschutz der Feind hauptsächlich links steht. Zwar sind die alten Gestapo-Leute längst in Rente, ihr Geist bestimmt aber weiter die Politik dieses Amtes.