Spanien im Herzen

geschrieben von Enrico Hilbert

5. September 2013

Barcelona gedachte der internationalen Brigaden

Nov.-Dez. 2008

Man ist auch ausgelassen in diesen Tagen und alle Lebensfreude spiegelt sich wieder in Gesängen und beim Tanzen, am letzten gemeinsamen Nachmittag im Palast und Park »Pedralbes« in Barcelona. Jung und Alt feiern gemeinsam, liegen sich in den Armen und Tränen der Freude rollen über manches Gesicht. Der Rollstuhl und der Stock sind für Momente vergessen, die Stärke und den Halt geben die Partner im Tanz zur linken und zur rechten. Andrej Micu aus Rumänien, Adelina Kondratjeva aus Russland und Universio Lipiz Rodriges (Bild Mitte) aus Kuba genießen den Reigen.

Dank den Kämpfern aus: Kuba: Universo Lipiz Rodriguez, Mexiko: Juan Miguel de Mora Vaquerizo, Groß-britannien: Jack Jones, Sam Lesser, Jack Edwards, Irland: Bob Doyle Bulgarien: Marin Churov, Frankreich: Aldemüler, Aldemüler, Russland: Viktor Lavski, Adelina Kondratjewa, USA: Georg Sossenko, Jack Safran, Österreich: Josef Eisenbauer, Ferdinand Hackl, Gerd Hoffmann

Wie könnten wir je vergessen das Land? Eines der letzten Lieder, das sie auf spanischem Boden gesungen haben. Das Lied des Abschiedes im Oktober 1938. Auf der Gran Via in Barcelona marschierten die internationalen Kämpfer zu ihrer letzten Parade. Die große Straße der Hauptstadt Kataloniens, die schräg die kubischen Wohnblöcke schneidet, sah noch ein letztes Mal die Freiwilligen der Internationalen Brigaden, in Zwölferreihen angetreten, geordnet nach Brigaden und Bataillonen, mit ihren Fahnen, Kommandeuren und Kommissaren an der Spitze. Umjubelt von tausenden Spaniern zogen die Kolonnen im Gleichschritt vorüber, viele Soldaten erhoben ihre Fäuste zum letzten Gruß; »Por vuestra y nuestra libertad!«- »Für eure und unsere Freiheit!«, stand in goldener Schrift auf ihren Fahnen. Der 28. Oktober 1938 war für viele Interbrigadisten ein Tag wie keiner zuvor, nie lagen Freude und Trauer so dicht bei einander, viele von ihnen blickten einer ungewissen Zukunft entgegen.

Im Oktober 2008, 70 Jahre nach dem geschichtsträchtigen Ereignis, ist es wieder die katalanische Metropole, die die letzten Spanienkämpfer empfängt. Es ist besonders warm in diesen Oktobertagen. Und nicht nur die Sonne meint es gut mit den hoch betagten Reisenden, die durch große Delegationen von Familien und Freunden aus ihren Ländern begleitet werden, sondern wieder ist es die Dankbarkeit, die Güte, das Temperament und die überschwängliche Freude der Spanierinnen und Spanier beim Wiedersehen, die für ein Gefühl der Wärme und des Willkommens sorgen. Und unübersehbar ist die Freude auch bei denen, die sich ebenso lange nicht gesehen haben, die Freunde der Internationalen Brigaden aus aller Herren Länder, die spätestens seit den letzten Treffen im Jahr 2006 ein unsichtbares Band der Brüderlichkeit über die Grenzen der Länder und Ozeane verbindet.

Nur wenige Tage bleiben zum Beisammensein, zum Austausch von Erinnerungen und zum Schließen neuer Bekanntschaften, um den Kreis der Aktiven zu erweitern und den Zusammenhalt zu stärken. Geplant sind gemeinsame Festessen, wie in Sitges, einem traumhaften Städtchen am Mittelmeer, dessen Altstadt aus der See die Berge hinauf gewachsen scheint und dessen Häuser mit Fenstern im maurischen Stil von einer langen Geschichte zeugen. General Viktor Lavski, einst Flieger der Roten Armee, im Dienst des republikanischen Heeres mehrfach abgeschossen, nutzt die kurze freie Zeit des Programms, um im Meer zu schwimmen.

Bei der Eröffnung einer Ausstellung über die Lincoln-Brigade im Rathaus des Ortes, verfolgen Journalisten und Filmteams die seltenen Gäste und kommen mit ihnen ins Gespräch. Geduldig stellen sie sich den Fragen, ist es doch vielleicht die letzte Möglichkeit, nochmals Zeugnis abzulegen von ihrem Kampf für eine bessere Welt, der für viele nicht erst in Spanien begann, dort aber seinen Höhepunkt fand und bis heute nicht endet. Doch die Tage im Oktober werden für manchen der Voluntarios de la libertad, die letzte Möglichkeit gewesen sein, noch einmal das geliebte Land, seine Menschen und die Freunde aus der ganzen Welt zu erleben. Ein Abschied nach 70 Jahren. Doch ihr Kampf wird niemals vergessen werden und auch wir, die Nachgeborenen, werden ihn nicht aufgeben. Salud!