Späte Wiedergutmachung?

geschrieben von Regina Girod

5. September 2013

März-April 2007

Zu den bis heute weitgehend verschwiegenen und geleugneten Begleiterscheinungen des Kalten Krieges gehört die politische Verfolgung von Kommunisten und anderen aktiven Linksoppositionellen in der Bundesrepublik. In der Zeit von 1951 bis 1968 wurden gegen etwa 200.000 Personen staatsanwaltliche Ermittlungen eingeleitet, die zu rund 10.000 Verurteilungen zu teils mehrjährigen Haftstrafen führten. Nach Haftverbüßung folgten regelmäßig Einschränkungen der staatsbürgerlichen Rechte, entwürdigende Polizeiaufsicht, Pass- und Führerscheinentzug, Berufsverbote, Verlust des Arbeitsplatzes und Renteneinbußen. Zu den so Kriminalisierten gehörten auch viele Antifaschisten, die mutig Widerstand gegen die Nazibarbarei geleistet hatten und bereits zu dieser Zeit verfolgt und eingekerkert worden waren. Besonders bezeichnend für die politischen Verhältnisse der frühen Bundesrepublik ist die Tatsache, dass die Opfer dieser Repressionen oft von den gleichen Staatsanwälten und Richtern verurteilt wurden, denen sie bereits in der Nazizeit ausgeliefert gewesen waren.

Nach dem Ende des Kalten Krieges bestand die historische Chance, dieses weitgehend verdrängte Kapitel bundesdeutscher Geschichte aufzuarbeiten und den Opfern eine späte Rehabilitierung zukommen zu lassen. Doch bekanntermaßen beschränkte sich die offizielle Politik der Bundesrepublik auf die Aufklärung von »DDR-Unrecht« und Stasi-Tätigkeit. So ist es zwar sehr zu begrüßen, dass die Fraktion Die Linke. im Dezember 2006 einen Antrag auf Wiedergutmachung des Unrechts des Kalten Krieges in den Bundestag eingebracht hat und das Parlament damit zur Beschäftigung mit diesem Problem zwingt. Doch das Feindbild »Kommunismus« geistert bis heute durch dessen Gemäuer. Seine Ablehnung dürfte gewiss sein.