„Undeutscher Boxstil“

geschrieben von Markus Bernhardt

5. September 2013

Bühnenstück über Johann Wilhelm Trollmann geplant

März-April 2008

Mit einem eigenen Theaterstück will der Berliner Verein „Club der Roten Affen“ an den Boxer Johann Wilhelm Trollmann erinnern.

Der in Hannover geborene Trollmann gehörte während der Weimarer Republik zu den bekanntesten und beliebtesten Boxern in Deutschland. Darüber hinaus war er ein “ überlegener Techniker, der auch seinen Kopf zu gebrauchen verstand“, wie die Zeitung Boxsport 1930 schrieb.

Da Johann Wilhelm Trollmann Sinto war, war er jedoch immer wieder rassistisch motivierten Diskriminierungen durch Boxverbandsfunktionäre, Journalisten und andere ausgesetzt.

Ihren Höhepunkt erreichten die Ausgrenzungen am 9. Juni 1933. An diesem Tag kämpfte Trollmann in Berlin gegen Adolf Witt um die Meisterschaft im Halbschwergewicht. Obwohl er nach der sechsten Runde nach Punkten führte, gab Georg Radamm, NSDAP-Mitglied und Verbandsfunktionär, der Jury den Befehl, dem „Zigeuner“ nicht den Meistertitel zu verleihen. Erst nach lautstarken Protesten aus dem Publikum wurde Trollmann der Titel an diesem Abend zuerkannt, der Boxverband entschied jedoch knapp eine Woche später, dass der Kampf doch nicht gewertet werden würde und begründete sein Vorgehen mit dem „armseligen Verhalten“ Trollmanns, der bei der Übergabe des Titels Freudentränen vergossen hatte. Zudem wurde Trollmanns Boxstil als „undeutsches Instinktboxen“ diffamiert und der Boxverband drohte, ihm die Boxlizenz zu entziehen.

Im Rahmen seines letzten großen Kampfes im Jahr 1933, gegen den späteren Europameister Gustav Eder, erschien Trollmann aus Protest gegen die rassistischen Schikanen gegen ihn mit blond gefärbten Haaren und weiß gepuderter Haut im Ring und ließ sich ohne jegliche Gegenwehr über insgesamt fünf Runden von seinem Gegner blutig prügeln. Sein weiterer Lebensweg verlief unterdessen noch dramatischer. 1935 wurde er aus dem Boxverband ausgeschlossen, zum Dienst bei der Wehrmacht gezwungen und 1941 an der Ostfront verwundet. Noch im selben Jahr wurde er im KZ Neuengamme interniert, in dem er gezwungen wurde, den Aufsehern Boxunterricht zu erteilen, bis er am 9. April 1943 von ihnen ermordet wurde.

„Unsere Auseinandersetzung mit der realen Figur des Johann Wilhelm Trollmann beinhaltete eine Phase intensiver Recherche, zum Teil in Form von Grundlagenforschung. Je mehr wir forschten, desto mehr fesselte uns die Geschichte“, so Benjamin Mossop, Sprecher des Kulturvereins „Club der roten Affen“, der das Theaterstück über das Leben Trollmanns zum 75. Jahrestag seines letzten Kampfes auf historischem Grund und Boden in der Berliner Bockbrauerei aufführen will.

Um sich inhaltlich darauf vorzubereiten, hatten die Vereinsmitglieder Gespräche mit Zeitzeugen, Boxexperten und Nachfahren Trollmanns geführt und auch das KZ Neuengamme besucht. Unterstützung bekommen die jungen Künstler und Kulturschaffenden vom Großneffen Johann Wilhelm Trollmanns, Manuel Trollmann. „Die Inszenierung des Theaterstückes finde ich außerordentlich förderungswürdig“, erklärte er in einem Schreiben gegenüber dem Verein. Auch der Bund deutscher Berufsboxer e. V. (BDB) hat sich entschlossen, das Projekt zu unterstützen. Jedoch werden auch aktuell noch Unterstützer gesucht, da es dem jungen Verein maßgeblich an finanziellen Mitteln fehlt, das Projekt wie geplant zu verwirklichen.

Der Verein plant, über das Theaterstück hinaus besondere Theateraufführungen für Schülerinnen und Schüler, in deren Rahmen gemeinsam mit dem

Archiv der Jugendkulturen e.V. nach jeder Vorstellung Seminare zum Thema Rassismus und Diskriminierung angeboten werden sollen. Mit dem Stadtplanungsbüro „Stadtgestalten“ soll zudem eine Ausstellung zur Geschichte der Berliner Bockbrauerei angeboten werden, in welcher vor Ort die damaligen Boxkämpfe sowie weitere Details zur Geschichte Johann Wilhelm Trollmanns thematisiert werden.