Ungeliebte Helden

geschrieben von Thomas Willms

5. September 2013

In London wurde ein Bomberdenkmal eingeweiht

Juli-Aug. 2012

Gerd Ledigs Roman »Vergeltung«, erstmals 1956 veröffentlicht, jedoch als »Gräuelliteratur« für Jahrzehnte verdrängt, schildert einen Luftangriff »in Etagen«. Den Horror in den brennenden, abstürzenden Flugzeugen und zugleich den in den Straßen, sowie auf und in den Bunkern.

Am 28. Juni diesen Jahres wurde in London in Anwesenheit der Queen ein Denkmal für die Besatzungen des britischen »Bomber Command« eingeweiht. Warum erst jetzt, Jahrzehnte nach den Ehrungen für Angehörige anderer Verbände?

Nach Kriegsende, als die Besatzungsmächte das von ihnen zerbombte Deutschland in Verwaltung nahmen, wurde das Ausmaß der Verheerungen deutlich und den Siegern ihre vormaligen Leistungsträger unangenehm. Die Piloten, Navigatoren und Bordschützen wurden von Würdigungen, Belobigungen und Erinnerungsleistungen ausgeklammert, im Gegensatz beispielsweise zu den Jagdfliegern.

Die Alterskohorte der damals meist sehr jungen Soldaten geht nun auf die 90 zu und hat, um noch etwas davon zu haben, die Dinge selbst in die Hand genommen. Das Denkmal in London, dem man durchaus ansieht, dass es Jahrzehnte zu spät kommt, entstand durch eine fünfjährige Kampagne und ausschließlich mit dem Geld (9,5 Millionen Pfund) der Veteranen und ihrer Freunde. Dass sich der britische Verteidigungsminister im letzten Moment doch noch die Ehre gab, ohne einen Penny aus seinem Etat beigesteuert zu haben, erzeugte noch einmal mächtig Verdruss bei den Initiatoren.

Um das Ausmaß der Verbitterung der Veteranen nachvollziehen zu können, sollte man sich die zwei Grunderfahrungen vor Augen führen, die die britischen Bomberbesatzungen in ihren Einsätzen gegen Nazi-Deutschland machten. Zum einen war dies die deprimierende Erkenntnis, dass sie ihre Bomben nur mit absurder Ungenauigkeit abwerfen konnten und zweitens, dass sie nicht in »fliegenden Festungen«, sondern in fliegenden Särgen saßen. Beides widersprach eklatant den Annahmen der eigenen Militärführung und der öffentlichen Meinung und will bis heute weder in Deutschland noch in Großbritannien jemand gerne hören.

Zur Folge hatte dies ein Einsatzkonzept, nach dem britische Bomber nur nachts in großen Pulks aus großer Höhe großflächige Ziele angreifen konnten, mit anderen Worten Industriestädte. Alles andere wäre glatter Selbstmord gewesen. Aber auch so waren diese Luftangriffe in der Zeit von Dünkirchen bis D-Day, die als einziges Mittel den Krieg gegen den Angreifer zurückbringen konnten, ein Himmelfahrtskommando wie es auf alliierter Seite kein weiteres gab. Bis zum Ende des Krieges wurden von 125.000 Mann britischer Besatzung unglaubliche 55.573 getötet. Weitere 18.000 wurden verwundet oder gerieten in Gefangenschaft oder KZ, was eine Verlustquote von fast 60% ausmachte-ein immens hoher Preis im Kampf gegen Nazi-Deutschland.