Unverzichtbare Stimme

geschrieben von Peter Rau

5. September 2013

Vor 15 Jahren wurde die DRAFD gegründet

Juli-Aug. 2007

Vor 15 Jahren, am 26. Mai 1992, wurde in Berlin mit dem Verband Deutscher in der Résistance, in den Streitkräften der Antihitlerkoalition und der Bewegung „Freies Deutschland“ (DRAFD) die erste gesamtdeutsche Antifa-Organisation aus der Taufe gehoben. DRAFDs Gründungsmütter und -väter kamen aus der 1972 in Westdeutschland entstandenen Interessengemeinschaft ehemaliger deutscher Widerstandskämpfer in den vom Faschismus okkupierten Ländern (IEDW) und einer aus dem 1990 aufgelösten Komitee der Antifaschistischen Widerstandskämpfer der DDR hervorgegangenen Arbeitsgruppe, die deutsche Angehörige der gegen den Faschismus kämpfenden Armeen der Antihitlerkoalition, der Partisanenverbände und der Bewegung „Freies Deutschland“ in sich vereinte.

Der Verband, der seit seiner Gründung auch den Nachgeborenen offensteht und insbesondere junge Leute zur Mitarbeit einlädt, repräsentiert somit ein breites Spektrum zigtausender Antifaschisten verschiedenster Herkunft und Weltanschauung; personifiziert etwa in den rund eintausend Mitstreitern der französischen Rèsistance und den vielen hundert Exilanten, die Aufnahme in den regulären Streitkräften der gegen Hitlerdeutschland kämpfenden Staaten fanden, früheren Spanienkämpfern der Internationalen Brigaden oder Wehrmachtsdeserteuren, die sich in den okkupierten Ländern Partisanenverbänden anschlossen, oder Kriegsgefangenen und Emigranten, die die Reihen der in der Sowjetunion gegründeten und in vielen anderen Ländern bis nach Übersee wirkenden Bewegung „Freies Deutschland“ verstärkten. Diese Akteure und ihre jeweiligen Frontabschnitte in den Kämpfen gegen die Nazibarbarei und den faschistischen Krieg nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, war – und ist – das zentrale Anliegen der DRAFD-Mitglieder. Und das umso mehr, je einseitiger in der erweiterten Bundesrepublik deutscher Widerstand auf eine Handvoll Meuterer in Uniform reduziert und insbesondere der kommunistisch inspirierte Kampf als nicht ehr- bzw. traditionswürdig ausgeblendet und diffamiert wird.

Historisch gesehen sind anderthalb Jahrzehnte natürlich kaum der Rede wert. Doch was die inzwischen hoch betagten Veteranen um den 1909 geborenen DRAFD-Vorsitzenden Ernst Melis und den erst kürzlich im Alter von 90 Jahren verstorbenen Peter Gingold seither geleistet haben, ist absolut geschichtsträchtig und mehr als nur aller Ehren wert. So dokumentierten die auch international beachteten und außerhalb der BRD gezeigten Ausstellungen über die weltweite Bewegung „Freies Deutschland“ und über den Kampf Deutscher in der Résistance höchst eindrucksvoll das Anliegen ihres Verbandes. Dafür stehen ebenso die beiden Standardwerke „Im Bunde mit dem Feind“ (1995) und das biographische Lexikon „Gegen Hitler“ mit rund 1500 Kurzbiographien (2005). Und eigene Vortragsreisen wie die Teilnahme von Verbandsmitgliedern an wissenschaftlichen Kolloquien und Tagungen auch im Ausland, sowie an zentralen Gedenkveranstaltungen – etwa in den Jahren 2000 und 2005 in Moskau oder 2004 in der Normandie. Dazu kommt eine Vielzahl von DRAFD- Mitgliedern bestrittener Podiumsdiskussionen und Zeitzeugengespräche, insbesondere mit jungem Publikum.

Doch alles in allem ist der Verband überschaubar geblieben – über Jahre hinweg übrigens auch für den Verfassungsschutz (im aktuellen Bericht für 2006 findet der „linksextremistisch-kommunistische Traditionsverein“ keine Erwähnung mehr). Nur eine winzige Bastion gegen die schiere Übermacht der staatlich geförderten Geschichtsumdeuterei, deren leise, aber nichtsdestoweniger unverzichtbare Stimme gelegentlich auch die offizielle Politik dazu zwingt, Farbe zu bekennen.