Zwangsarbeit in Belzig

geschrieben von Erika Schwarz

5. September 2013

Dokumentationen über ein Außenlager von Ravensbrück

Sept.-Okt. 2010

Gerhard Dorbritz: »Schicksale – Teil 2«. Erinnerungen und Dokumente über das Lager Roederhof in Belzig, Außenlager von Ravensbrück, Zwangsarbeiter- und Kriegsgefangenenlager Grüner Grund, Treibgut Verlag 2010, 120 Seiten, 7,50 Euro.

Vor neun Jahren legte der Ortschronist und Ehrenbürger der Stadt Belzig, Gerhard Dorbritz, das Ergebnis seiner langjährigen Forschungen in der Broschüre »Schicksale. Dokumentation über das Zwangsarbeiterlager Roederhof« vor. Es war die erste zusammenhängende Darstellung über die Ausbeutung und die Lebensbedingungen von Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen, die für das Rüstungswerk Roederhof der Metallwarenfabrik Treuenbrietzen des Kopp & Co. Konzerns schuften mussten. Nun erschien unter seiner Herausgeberschaft Teil 2 der »Schicksale«.

In Interviewmitschriften berichten Überlebende aus Frankreich, Italien und Belgien darüber, aus welchen Gründen und unter welchen Vorwänden und Umständen sie in ihren Heimatorten verhaftet wurden und, wie sie nach Deutschland u.a. in das Frauen- Konzentrationslager Ravensbrück deportiert wurden. Sie schildern die Bedingungen ihres Arbeitseinsatzes und ihr elendes Dasein im Zwangsarbeiter- und KZ-Außenlager Belzig.

Louis, der Sohn von Andrée Grazélie, befragte im Jahre 2000 seine Mutter, die zu den 75 Französinnen gehörte, die als KZ-Häftlinge nach Belzig kamen. 2004 besichtigte er gemeinsam mit weiteren Familienangehörigen den Ort ihrer Qualen. Die Übersetzung des Textes der Befragung Lucienne Metzelers, eine von 140 belgischen KZ-Gefangenen, übernahmen unter Anleitung der Lehrerin Britta Freidank Schüler des Fläming-Gymnasiums Belzig. Die damals 16jährige Lucienne war 1943 wegen ihrer Tätigkeit in einer Widerstandsgruppe verhaftet worden, kam über Ravensbrück nach Belzig. Während der schweren Arbeit in der Munitionsfabrik erlitt sie einen tragischen Unfall, spürte danach die Solidarität von Mithäftlingen, aber auch die Brutalität der SS-Aufseherinnen. Sie war ebenfalls noch einmal in den Grünen Grund zurückgekehrt, an den Ort, wo seit 1965 ein Gedenkstein an die toten Kameradinnen erinnert und jährlich am 3. Mai der kampflosen Übergabe der Stadt Belzig an die Rote Armee 1945 und der Befreiung aller Zwangsarbeiter gedacht wird. 2010 waren 200 in- und ausländische Gäste dorthin gekommen.

Mit ihrer Dokumentation der Leidenswege der Opfer von Faschismus und Krieg verbinden Gerhard Dorbritz und die anderen beteiligten Autoren den Wunsch, dass sich die Angehörigen der nachfolgenden Generationen zu ihrem eigenen Nutzen erinnern mögen. Beeindruckend liest sich die Auflistung der Initiativen, die während der letzten Jahre in dieser Absicht unternommen wurden. 2003 gründete sich der »Förderkreis Roederhof Belzig«, der u.a. die Beziehung zu den Nachfahren der hierher Verschleppten pflegt und junge Menschen in sein Anliegen einbezieht. Auch davon zeugt die Veröffentlichung. In ihr wird die Biografie der Italienerin Sonia Libera Metlica vorgestellt, ehemals Häftling des KZ-Außenlagers Belzig. Sie, die 82jährige, beantwortete im Mai diesen Jahres Fragen von Schülern der Krause-Tschetschog-Oberschule in Bad Belzig. Weitere Beiträge, z.B. die von Kerstin Henseke beschreiben die gegenwärtige Erinnerungskultur, u.a. das Theaterstück »Das rote Tuch«, das 2008 und 2009 mit der Regisseurin Julia Strehler und Laienschauspielerinnen der Region im Volkstheater Niemegk aufgeführt wurde. Das Schicksal der belgischen KZ-Gefangenen Marie del Marmol diente ihr dabei als Vorlage für den Bühnenstoff.