Meldungen

23. Januar 2014

Aktion gegen Abs

Das Anbringen einer Gedenktafel für Fritz Bauer im Plenarsaal des Frankfurter Stadtparlaments nutzte die Stadtverordnete und Ökosozialistin Jutta Ditfurth, um auf einer anderen Gedenktafel, die im selben Saal an die Ehrenbürger Frankfurts erinnert, demonstrativ den Namen von Hermann Josef Abs zu überkleben. Auf dem Klebestreifen war zu lesen: »Abs war Chefbankier der Nazis und mitverantwortlich für Krieg, KZ, Massenmord, Raub und Versklavung. Marx Horkheimer und Fritz Bauer sollen durch die Nähe zu seinem Namen nicht beleidigt werden.« Horkheimer steht auf der Ehrenbürger-Tafel. Mit einer persönlichen Erklärung im Stadtparlament erläuterte Ditfurth ihre Aktion. Danach wurde das Klebeband von einem Stadtbediensteten entfernt. Ditfurth beantragte erneut, Abs aus der Liste der Ehrenbürger zu streichen.

Neue NPD-Spitze

Neuer NPD-Chef vorerst bis zur Neuwahl auf dem nächsten Parteitag ist der Vorsitzende der NPD-Landtagsfraktion in Schwerin, Udo Pastörs. Er hat enge Verbindungen zu Neonazi-Kameradschaften und gilt als Hardliner unter den NPD-Führern. Neuerdings arbeitet er auch mit dem ehemaligen NPD-Vorsitzenden Udo Voigt zusammen. Zum Führungswechsel an der NPD-Spitze kam es nach dem Rücktritt und Parteiaustritt des bisherigen Parteivorsitzenden Holger Apfel, der seinen Parteifreunden unter anderem »zunehmend ehrverletzende Verleumdungen« vorwarf.

Über 9.000 Straftaten

In den ersten zehn Monaten des vergangenen Jahres wurden offiziell 9.102 Straftaten mit rechtsextremem oder ausländerfeindlichem Hintergrund registriert. In 6.338 Fällen handelt es sich um Propagandadelikte. Außerdem wurden allein von Juli bis September 2013 bundesweit 190 Straftaten mit antisemitischem Hintergrund gezählt. Alle Zahlen sind vorläufig. Laut BKA-Präsident Ziercke passieren »täglich zwei bis drei rechte Gewalttaten«. Ein Drittel aller NPD-Funktionäre ist, wie im Verbotsantrag des Bundesrats festgestellt wird, vorbestraft oder von Strafermittlungsverfahren betroffen.

Neonazi-Aufmärsche

Fremdenfeindliche Übergriffe, Drohungen und Hetze gegen Flüchtlinge, Asylsuchende und Muslime, sind nach wie vor an der Tagesordnung. Bundesweit mobilisieren Neonazis für Proteste gegen Flüchtlingsheime. Nach einer offiziellen Statistik (mit vorläufigen Zahlen) gab es im vergangenen Jahr bundesweit über 70 zumeist von der NPD mitorganisierte Aufmärsche vor Flüchtlingsheimen. Hinzu kommt die Beteiligung von Neonazis an weiteren solchen Umtrieben.

Weitere Terrorgruppen

Neben den Verfahren gegen Neonazis, die zum Umfeld des NSU gehören sollen, ermittelt die Bundesanwaltschaft derzeit gegen vier weitere Neonazivereinigungen wegen des Verdachts der Bildung terroristischer Gruppierungen.

»Keinerlei Gefahr«

Die Querelen in der NPD-Führung seien »ein weiteres Zeichen dafür, dass es sich um rechtsextreme Minderheiten handelt, die für unsere Demokratie glücklicherweise keinerlei Gefahr darstellen«, erklärte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Hans-Peter Uhl im Gespräch mit der »Frankfurter Rundschau« (27.12.13). »Eine solche Partei braucht man nicht zu verbieten«, fügte Uhl hinzu.

Klausel soll weg

Die neue Bundesfamilienministerin Manuela Schleswig (SPD) kündigte wenige Tage nach ihrem Amtsantritt an, die »Extremistenklausel«, die Anti-Rechts-Initiativen unter Generalverdacht stellt und ein schriftliches Bekenntnis zur Verfassung verlangt, abschaffen zu wollen. Aus der CDU/CSU gab es sofort Widerspruch. Die Ministerin erklärte gleichzeitig, dass »der Rechtsextremismus in ganz Deutschland nicht unterschätzt werden« dürfe.

VS-Mitwirkung

Bei seiner Vernehmung als Zeuge im NSU-Prozess erklärte der Vater des mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos, Prof. Siegfried Mundlos, »ohne die Unterstützung vom Verfassungsschutz durch V-Leute« bei der Bildung von Neonazigruppierungen wäre der NSU »nie zustande gekommen«.

Bei der Vernehmung des ehemaligen V-Mannes Benjamin G. griff der Verfassungsschutz indirekt in das Prozessgeschehen ein: Er stellte dem Ex-Neonazi einen vom VS bezahlten Anwalt als Beistand und Aufpasser zur Seite.

Nebenkläger forderten erneut, die gesamten Akten über den hessischen Verfassungsschützer Andreas Temme einsehen zu können, der zum Zeitpunkt des Mordes an Halit Yozgat in Kassel am Tatort anwesend war und dies heute als »zufällig« bezeichnet..

Hellersdorf verändert

Nach der Zunahme von Solidaritätsaktionen von Nachbarn und Bürgerinnen sowie antirassistischen und antifaschistischen Gruppen haben in Berlin-Hellersdorf neonazistische und rassistische Umtriebe abgenommen. In Berichten wird von einem »Stimmungsumschwung« gesprochen. Ein maßgebendes Mitglied der Bürgerinitiative Marzahn-Hellersdorf klagte gegen die VVN-BdA, weil -diese ihm eine »rassistische Einstellung« nachgewiesen hatte. Die Klage wurde vom Gericht abgewiesen.

110 Verdächtige

Die Plakatkampagne des Simon-Wiesenthal-Centers hat nach Angaben des Centers Hinweise auf 110 Verdächtige erbracht, die möglicherweise an Naziverbrechen beteiligt waren.

Von der Ludwigsburger Zentralstelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen werden die Ergebnisse von Vorermittlungen in 30 Fällen an die zuständigen Staatsanwaltschaften abgegeben.

Freilassung

Einer der Verdächtigen, der frühere Aufseher im KZ Auschwitz, Hans Lipschis, der wegen Beihilfe zum hundertfachen Mord vor Gericht gestellt werden sollte, wurde wegen beginnender Demenz aus der U-Haft entlassen. Lipschis war bereits vor über dreißig Jahren (1982) wegen seiner Vergangenheit als KZ-Wächter aus den USA ausgewiesen worden. Er lebte seitdem in Deutschland in Freiheit. Erst im Mai 2013 wurde er festgenommen, im Dezember wieder freigelassen.

Skandalöse Milde

Zwei Neonazis, die im Februar 2012 in Mücheln (Sachsen-Anhalt) einen Imbiss überfallen und den türkisch-kurdischen Inhaber zusammengeschlagen hatten, wurden vom Amtsgericht Merseburg freigesprochen, weil der Tathergang »nicht mehr zu klären« gewesen sei. Ein dritter jugendlicher Tatbeteiligter erhielt zwei Wochenende Jugendarrest. Die Mobile Opferberatung bezeichnete das Urteil als skandalös; es ignoriere und verharmlose rassistische Gewalt.

Zusammengestellt von P.C.Walther