Staatliche Verbotsargumente

geschrieben von Axel Holz

18. März 2014

Diesmal werden ausschließlich öffentlich zugängige Quellen genutzt

 

Zwei Monate nach der Antragstellung auf ein NPD-Verbot hat der Bundesrat den 268 Seiten langen Antrag auf seine Homepage gestellt. Die Prozessbevollmächtigten, Prof. Christoph Möllers und Prof. Christian Waldoff, begründen darin ihren Antrag auf Erklärung der Verfassungswidrigkeit und des Verbotes der NPD, einschließlich ihrer Teilorganisationen Junge Nationale (JN), Ring Nationaler Frauen (RNF) und der Kommunalpolitischen Organisation der NPD. Der Antrag umfasst auch den Vermögenseinzug der Organisationen und das Verbot der Gründung von Ersatzorganisationen.

Auf vier Punkte stützt sich der Verbotsantrag, der ausschließlich auf öffentlich zugänglichen Quellen beruht, hauptsächlich: auf menschenverachtenden Rassismus, die Ablehnung des parlamentarischen Regierungssystems sowie die Leugnung der NS-Verbrechen und eine Wesensverwandtschaft mit dem NS-Regime. Eine Argumentationshilfe des NPD-Parteivorstandes belege bei der Definition von Deutschsein als Herkunftsprivileg eine evidente Nähe der NPD zum Programm der NSDAP vom 24.02.1920. Diese NS-Nähe der NPD weist auch die VVN-BdA in ihrer Ausstellung »Neofaschismus in Deutschland« seit Jahrzehnten detailliert nach.

Der Verbotsantrag dokumentiert ebenfalls den offenen Antisemitismus sowie die direkte oder indirekte Holocaustleugnung der NPD. 2012 hatte z.B. der jetzige NPD-Chef Udo Pastörs im Schweriner Landtag indirekt den Holocaust geleugnet, indem er von »Auschwitz-Projektionen« sprach. Er wurde dafür zu einer achtmonatigen Bewährungs- und einer Geldstrafe über 6.000 Euro verurteilt. Der Landtag in Mecklenburg-Vorpommern stimmte Ende Januar 2014 einem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Vollstreckung zu. Vom Holocaust als einer jüdischen Erfindung und deren vermeintlicher Schuld an beiden Weltkriegen sprach auch der NPD-Gemeindevertreter Dirk Bahlmann aus dem vorpommerschen Löcknitz gegenüber einer norwegischen Zeitung.

Zur Ideologie der NPD gehöre dem Verbotsantrag zu Folge der Ausschluss bestimmter Personengruppen von der Grundrechtsberechtigung, der sich etwa in einer Rückehrforderung für in Deutschland lebende Ausländer zeige. Die Kennzeichnung von Integration als »Völkermord« und die Forderung nach getrenntem Unterricht von sogenannten Deutschen und Nichtdeutschen untermauert diese Einstellung. Die offene Ablehnung der Parlamentarischen Demokratie stütze sich u.a. auf die Forderung des Ex-NPD-Vorsitzenden Holger Apfel nach Schaffung eines »nationalen Volksstates«, den er der »etablierten ›Demokratie-Karikatur‹ namens BRD« entgegenstelle. Die NPD-Ideologie wurde in der Landtagsarbeit, den kommunalpolitischen Aktivitäten, den NPD-Aktivitäten auf der Straße sowie in den Verbindungen zur Kameradschaftsszene und im rechtswidrigen Handeln von NPD-Vertretern offengelegt. Typisch für die NPD sei, dass sie zu neun von zehn seit 1990 verbotenen Nazi-Organisationen Berührungspunkte habe. Auffällig sei die geringe Rechtstreue der Partei und ihres Führungspersonals, die sich in überdurchschnittlich häufigen gerichtlichen Verurteilungen jenseits von Propagandadelikten zeige. Erst kürzlich wurde die Zahl der erfassten rechtsextremen Straftaten für 2013 mit 11.763 bekannt gegeben, darunter 574 Gewalttaten. Eine mögliche nachträgliche Prüfung des NPD-Verbotes durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen der angeblich schwachen politischen Bedeutung der NPD könnte sich auf die geringen Wahlerfolge von 1,3 Prozent bei der Bundestagswahl 2013 oder 0,8 Prozent bei den letzten Landtagswahlen in Bayern stützen. Dem hält der Verbotsantrag die NPD-Mitgliederzahl von 6.000 und die enge Vernetzung mit den Kameradschaften der Nazi-Szene entgegen. Immerhin verfügt diese Szene bundesweit als Eigentümer, Pächter oder sonstiger Nutzer in enger Abstimmung mit NPD-Funktionären über 200 Immobilien, um ungestört auf Veranstaltungen und Schulungen ihr rassistisches Weltbild aktiv zu verbreiten. Der Verbotsantrag des Bundesrates scheint nicht nur fundiert, sondern auch für eine nachträgliche rechtliche Prüfung gewappnet zu sein.