Nazis raus – aus den Parlamenten!

geschrieben von Martin Schirdewan

16. September 2014

Die Landtagswahlen im Herbst können zu Verschiebungen im rechten Spektrum führen

 

In drei ostdeutschen Bundesländern wurde und wird gegen die Ferienzeit, die Urlaubsstimmung und das politische Desinteresse wahlgekämpft. Neue Landtage wurden am 31.August in Sachsen und am 14. September in Thüringen und Brandenburg gewählt und die Wahlkämpfenden aller Parteien geben sich jede Mühe, den Sommer – so gut oder schlecht er sich auch präsentierte – mit politischen Slogans aufzuheizen.

Auch die NPD kämpft ziemlich verzweifelt um Aufmerksamkeit. Selbst die arme Helene Fischer musste mit ihrem Sommer-Fußballweltmeisterschaftsliedchen »Atemlos« herhalten, um der NPD wenigstens etwas Attraktivität zu verleihen. Doch so, wie sich Helene Fischer juristisch erfolgreich gegen die Vereinnahmung ihres Liedes durch die NPD gewehrt hat, so erfolgreich scheinen sich die Wählerinnen und Wähler von den braunen Gestalten abzuwenden. Umfragen sagen der NPD in allen drei Bundesländern ein Scheitern an der 5 %-Hürde voraus.

Mit der äußerst knappen Niederlage der NPD in Sachsen fiel erfreulicherweise ein wichtiger Rückhalt der Bundespartei. Zehn Jahre hat die sächsische NPD-Landtagsfraktion als Motor und Impulsgeber für die gesamte Partei fungiert. Zumindest haben die Abgeordneten und Mitarbeiter versucht, dieser Aufgabe gerecht zu werden. Der Verlust der Landtagsfraktion kann der kriselnden Partei eine strategische Niederlage zufügen, von der sie sich nicht so schnell erholen dürfte.

Die Schwächung der NPD Sachsen hat mehrere Ursachen. Zum einen der fortgesetzte innere Zerfleischungsprozess, Machtkämpfe, dubiose Finanzgeschichten auf Bundesebene. Zum anderen die personellen Eskapaden innerhalb der sächsischen Landtagsfraktion selbst. Letztes und wahrscheinlich prominentestes Beispiel ist der Rückzug des ehemaligen Fraktionsvorsitzenden, Holger Apfel. Erschwerend für die NPD – deren Wahlkampfplakate im klassischen corporate design daherkommen, den Heimatbegriff in Kombination mit den klassischen ausländerfeindlichen Parolen benutzen und bemüht auch landesspezifische Themen aufgreifen – war wohl auch der NSU-Komplex. In Sachsen ging der Protest dann lieber neue Wege. Das erschreckend hohe Wahlergebnis der AfD, die bei ihrem ersten Antritt gleich mit 9,7% in den Landtag einzog, lässt künftige Kampffelder für Antifaschistinnen und Antifaschisten aufscheinen. Eine neue, moderne Rechte, die sich wirtschaftsliberal und zugleich gesellschaftlich antiliberal präsentiert: bei ihr sind die Familienwerte, der Kampf gegen die Ausnutzung des Sozialstaates, die EU-Feindlichkeit und das D-Mark-Geschwiemel bestens aufgehoben. Dafür braucht es keine NPD mehr.

Doch eines ist klar: die strategische Niederlage der NPD, insbesondere in Sachsen, wird zu einer Verschiebung der Machtverhältnisse in der Partei beitragen: Hin zur Fraktion in Mecklenburg-Vorpommern und damit zu Udo Pastörs und auch hin zum Europaparlamentarier Udo Voigt, einem innerparteilichen Gegenspieler von Pastörs. Weitere Nickligkeiten sind vorprogrammiert. Aber auch eine Radikalisierung der NPD, weg vom kleinbürgerlichen Kurs der Sachsen-NPD hin zum härteren Faschokurs, für den sowohl Pastörs als auch Voigt stehen.

Dennoch: In der Perspektive wird der Osten nazifrei. Zumindest aus parlamentarischer Sicht. Jetzt muss das Gespenst nur noch in Mecklenburg-Vorpommern bei den dortigen Landtagswahlen 2016 in der Seenplatte abtauchen. Am besten für immer.