Abschaffung des Asylrechts

geschrieben von Jürgen Weber

8. November 2015

Die Festlegung »sicherer Herkunftsstaaten« soll weitere Abschottung garantieren

 

»Wir schaffen das!« So die vielzitierte Antwort der Kanzlerin auf die so genannte »Flüchtlingskrise«. Wir schaffen das! Notfalls, indem wir den löchrigen Käse »Asylrecht« weiter so aushöhlen, bis nichts mehr davon übrig bleibt. Eine Methode dazu ist, Menschen aus immer mehr Staaten vom Grundrecht auf Asyl auszuschließen oder dieses für sie einzuschränken.

Seit der Asylrechtsverschärfung von 1993 sind bereits alle Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union von diesem Grundrecht in Deutschland ausgeschlossen. Während beispielsweise Hunderte von ungarischen Linken und Intellektuellen, Jüdinnen und Juden oder Angehörigen der Minderheit der Roma aus Ungarn in ein Asylverfahren nach Kanada fliehen, ist ihnen dies in Deutschland verwehrt. Ähnliches gilt seit 1993 für Menschen aus so genannten sicheren Herkunftsstaaten. Diese Staaten werden per Gesetzesänderung für »sicher« erklärt. Seit 1993 betrifft dies Flüchtlinge aus Ghana und Senegal. Die Große Koalition im Bundestag und die Stimme des grün-roten Baden-Württemberg im Bundesrat haben 2014 Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina zu sicheren Herkunftsländern gemacht. Die gleichen Mehrheiten führten nun rund ein Jahr später, am 24. Oktober 2015, dazu, auch Albanien, den Kosovo und Montenegro als sicher zu erklären. Diese Liste scheint beliebig erweiterbar. In den letzten Wochen wird sogar Afghanistan als sicherer Herkunftsstaat in die Diskussion gebracht.

Wir schaffen das! Medial wird uns die »Mutti« für Flüchtlinge, die Hüterin der »Europäischen Werte« verkauft, politisch werden eine knallharte Abschottungspolitik und die Aushöhlung der Grundrechte betrieben. Neben Horst Seehofers Androhung »bis zur letzten Patrone gegen Zuwanderung« zu kämpfen wirkt fast alles liberal. Da musste nur der grüne Oberbürgermeister aus Tübingen mit der Forderung an den EU-Außengrenzen »bewaffnete Grenztruppen« zu installieren dem Wahlvolk zeigen, dass Grün auch AfD kann.

In der »Krise« ist bekanntlich jedes Mittel recht. Flüchtlinge und Humanität sind nach neoliberaler Logik nicht systemrelevant. Die »Flüchtlingsfrage« wird in der »Flüchtlingskrise« vor dem Hintergrund menschlicher Verwertbarkeit diskutiert. Nach dem neuen »Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz« erhalten nur Flüchtlinge mit Bleibeperspektive Integrationsangebote. Für Roma also kein Deutsch sondern Sachleistungen in Sonderlagern bis zur Abschiebung in Schnellverfahren. Einzig die Phantasien der Abschottung scheinen dieser Tage grenzenlos.

Massenknäste, so genannte Transitzonen, außerhalb des Geltungsbereiches deutscher Grundrechte werden diskutiert. Ein Zugang zum Asylverfahren selektiert nach Nationalität oder Bleibeperspektive ist mit der deutschen Verfassung jedoch nicht vereinbar. Zwar sind bei »sicheren Herkunftsstaaten« Details im Asylverfahren unterschiedlich, nach wie vor gilt für alle Flüchtlinge in Deutschland aber das Grundrecht auf Asyl und eine Prüfung des Einzelfalls. Wer Flüchtlingen dieses Recht verwehrt und sie ihrer Freiheit beraubt stellt sich gegen Grund- und Menschenrechte. Das dürfen sie nicht schaffen!