Karlsruher Logik: Demo-Verbot bestätigt

geschrieben von P.C. Walther

8. November 2015

Als das Bundesverfassungsgericht vor wenigen Wochen das Verbot eines in Hamburg geplanten Aufmarschs rechter Hooligans und Neonazis bestätigte, dachte wohl schon mancher, dass in Karlsruhe endlich die Einsicht gesiegt habe, dass Neonazis mit ihren Aufmärschen sich nicht auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit berufen dürfen, die sie sofort abschaffen würden, wenn sie die Macht dazu haben. Zwölf Jahre mörderische Faschismusherrschaft in Deutschland haben mehr als deutlich gemacht, dass Faschismus keine Meinung, sondern ein Verbrechen ist.

Doch weit gefehlt. Karlsruhe hat nicht das Verbot bestätigt, weil Neonazis aufmarschieren wollten, sondern weil, wie es in dem Karlsruher Beschluss (1 BvR 211/15) ausdrücklich heißt, »angesichts der Kürze der Zeit nicht möglich« war, eine andere Einschätzung als die des Oberverwaltungsgerichts, welches das polizeiliche Verbot bestätigt hatte, zu treffen.

In dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts wird ausdrücklich davon ausgegangen, dass »der Veranstalter und die Versammlungsteilnehmer«, also die Neonazis, sich »überwiegend friedlich verhalten und Störungen der öffentlichen Sicherheit auf Grund des Verhaltens Dritter – insbesondere von Gegendemonstrationen – zu befürchten sind«.

Der Staat dürfe jedoch »nicht dulden, dass friedliche Demonstrationen einer bestimmten politischen Richtung durch gewalttätige Gegendemonstrationen verhindert werden«. Das ist die übliche Darstellung, die immer noch nahezu allen Polizeieinsätzen zugrunde liegt, dass nämlich Neonazis »überwiegend friedlich« seien, während davon ausgegangen werden müsse, dass Gegendemonstranten, d.h. Nazigegner, sich »gewalttätig« verhalten.

Im vorliegenden Karlsruher Beschluss wurde das Verbot nur deshalb bestätigt, weil nach Ansicht des Gerichts nachvollziehbar und nicht zu widerlegen war, dass wegen der »nicht hinreichend verfügbaren Einsatzkräfte« ein »polizeilicher Notstand« vorlag, der den Schutz der Neonazis unmöglich gemacht hätte. Um das Verbot eines Neonazi-Aufmarsches handelte es sich somit nicht.