Ikone des Antifaschismus

geschrieben von Mercedes Alvarez und Peter Steglich

8. Januar 2016

Das Erinnern an den 120. Geburtstag von Dolores Ibarruri, in ihrer spanischen Heimat und in der fortschrittlichen Welt unter dem Namen La Pasionaria bekannt, ist mehrfach bedeutungsvoll. Es gilt einer Frau, die sich mit ihrem Leben nachdrücklich in die spanische Geschichte des vergangenen Jahrhunderts eingeschrieben hat. Es gilt zugleich einem Leben, dessen Leitlinien leidenschaftlicher, konsequenter und glühender Antifaschismus gewesen sind, verbunden mit dem beharrlichen Einstehen für politische und soziale Gerechtigkeit. Dolores war eine Kämpferin gegen den Faschismus nicht nur in der Gestalt francistischer Prägung, sondern als überzeugte Internationalistin überall dort, wo sie tätig war.

Dolores Ibarruri, 1978

Dolores Ibarruri, 1978

Als eines von elf Geschwistern am 9. Dezember 1895 in einer baskischen Bergarbeiterfamilie geboren, erfuhr sie schon früh die Wucht der Last, sozial benachteiligt zu sein. Selbstbildung, vor allem über das Lesen, dürfte die erste Etappe im jungen Leben von Dolores Ibarruri gewesen sein. Geprägt von ihrer Umwelt trat sie mit 20 Jahren der Spanischen Sozialistischen Arbeiterpartei, PSOE, bei. 1921 wurde sie Mitglied der Kommunistischen Partei Spaniens. Unter dem Namen La Pasionaria veröffentlichte Dolores Ibarruri Artikel in Arbeiterzeitungen. Zunächst im Baskenland und in Asturien, wo mein Vater, Angel Alvarez, bekannt als Angelín, ihr enger Kampfgefährte war. In beiden Regionen wählten die Mitglieder ihrer Partei sie in herausgehobene Funktionen und sie erlangte als Redakteurin der damals bekannten Zeitung »Mundo Obrero« landesweite Bekanntheit.

1933 wählten sie die Bürger Asturiens als Abgeordnete der Kommunistischern Partei in das spanische Parlament, die »Cortes Generales«. Als Verantwortliche der Frauenkommission in ihrer Partei wirkte Dolores Ibarruri dort aktiv für die Rechte der spanischen Frauen, sowohl in der Arbeitswelt als auch auf dem Gebiet der Gesundheit. In Wahrnehmung dieser Funktion und führte sie ihr Weg Anfang der 30er Jahre auch erstmals in die Sowjetunion und als Delegierte zum Weltfrauenkongress 1934 nach Paris.

Der Putsch des spanischen Faschismus um die Generäle unter Francos Kommando sah die Pasionaria in der ersten Reihe jener aufrechten Spanier, die ihre Autorität, ihr politisches Gewicht und ihre Leidenschaft in den Kampf um die Verteidigung der bedrohten Republik einbrachten. Unvergessen ist ihr Einsatz für die Kämpfer der spanischen Republik zur Verteidigung Madrids im Herbst 1936. Das zum flammenden Aufruf gewordene NO PASARÁN (Sie werden nicht durchkommen) ließ La Pasionaria zum Symbol antifaschistischen Widerstands werden. Die schottische Stadt Glasgow errichtete ihr zu Ehren ein Monument, das diesem Wort eindrucksvoll Gestalt verleiht.

Dolores Ibarruri beschwor mit Überzeugung die Einheit von Kommunisten, Sozialisten, Anarchisten und Republikanern, das gemeinsame Handeln verschiedener politischer oder auch religiöser Auffassungen. In einer Plenarsitzung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Spaniens formulierte sie 1937 ihr Anliegen mit folgenden Worten: »Wir kämpfen für eine parlamentarische und demokratische Republik neuen Typus, in deren Rahmen alle Völker Spaniens weitgehende Freiheit und das Recht genießen, über ihr Schicksal zu bestimmen…«

Die Verteidiger der spanischen Republik erlitten eine Niederlage. Doch im spanischen Bürgerkrieg bekam das Wort Solidarität die ihm eigentliche Bedeutung. La Pasionaria fand in ihrer bewegenden, von der Kraft des Herzens und dem Gefühl einer Frau und Mutter getragenen Rede zur Verabschiedung der internationalen Freiwilligen im Oktober 1938 dafür die Worte »… Männer verschiedener Hautfarbe, verschiedener Ideologien und gegensätzlicher Religionen, die aber innig die Freiheit und die Gerechtigkeit lieben, kamen hierher um sich uns bedingungslos anzuschließen. Sie gaben uns alles, ihre Jugend oder Reife, ihr Wissen und ihre Erfahrung, ihr Blut und ihr Leben, Ihre Hoffnungen und Wünsche – und von uns verlangten sie nichts«…

Dolores Ibarruri lebte in den Folgejahren als politische Asylantin in der UdSSR. Dort vertrat sie ihre Partei, zu deren Generalsekretärin sie 1942 gewählt wurde. Ihrer spanischen Heimat verblieb sie eng verbunden und unterstützte den Kampf gegen das faschistische Franco-Regime auf jede nur mögliche Weise. Als Patriotin, Antifaschistin und Mutter erbrachte sie im Krieg gegen den deutschen Faschismus ein sehr persönliches Opfer. Ihr Sohn fiel in der Schlacht um Stalingrad als Spanier in der Uniform der sowjetischen Armee.

Unvergesslich bleibt mir meine erste Begegnung mit Dolores im Moskau der Nachkriegszeit als ich, ein »Kind des Krieges«, wie wir in der spanischen Geschichte heißen, aus dem Kinderheim bei Moskau zu meinen Eltern, die damals in Frankreich lebten, fahren konnte.

Nach dem Tode Francos und 38 Jahren Exil konnte Dolores Ibarruri 1977 im hohen Alter von 80 Jahren in ihre spanische Heimat zurückkehren. Im gleichen Jahr erhielt die Kommunistin erneut das Vertrauen ihrer Wähler und nahm, wie in den Zeiten der spanischen Republik, einen Sitz im spanischen Parlament des neuen Königreiches Spanien ein.