Gewalttäter auf freiem Fuß

geschrieben von P.C. Walther

6. März 2016

Hunderte Neonazis befinden sich auf freiem Fuß, obwohl sie wegen Straftaten verurteilt wurden. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsabgeordneten Irene Mihalic hervor, die im Januar veröffentlicht wurde.

Demzufolge waren (am Stichtag 15. September 2015) insgesamt 450 Haftbefehle gegen 372 rechte Straftäter nicht vollstreckt worden. Zu den begangenen Straftaten gehören Diebstahl, Raub, Betrug, Überfälle und rassistische Angriffe bis hin zu schwerer Körperverletzung und Totschlag.

Seit dem Stichtag im September 2015 mögen inzwischen zwar einige dieser Haftbefehle vollstreckt worden sein, die ständige Steigerung der Zahl nicht erfolgter Vollstreckungen deutet jedoch darauf hin, dass es eher wieder mehr geworden sind.

Seit Jahren steigt nämlich die Zahl der nicht vollstreckten Haftbefehle. 2012 waren es 110 , darauffolgend 2013 bereits 266, ein Jahr später 268. Der Anstieg auf 372 im Jahre 2015 zeigt eine gravierende Steigerung.

Dass Hunderte krimineller Neonazis verschwunden und offenbar nicht zu erreichen sind, »lässt in Erinnerung an den NSU Schlimmes befürchten«, kommentierte die Süddeutsche Zeitung.

Wie dem auch sei, ob die Polizei überlastet oder unterbesetzt ist, ob es an erforderlichem Interesse und an Kraft und Willen zum Nachforschen mangelt, ob die Vollstreckung als nicht so wichtig angesehen wird: Fakt ist, dass Hunderte Haftbefehle nicht vollstreckt sind und verurteilte Neonazis, unter ihnen eine ganze Reihe von Gewalttätern, sich unbehelligt irgendwo befinden.

Hier handelt es sich weder um Abschreckung noch um erfolgreiche Strafverfolgung. Eher könnten rechte Gewalttäter den Eindruck gewinnen, dass selbst nach erfolgter Verurteilung – wenn es angesichts der niedrigen Aufklärungsquoten dazu überhaupt gekommen ist (!) – genügend Zeit und Raum zum Verschwinden bleibt. Von entschlossenem Vorgehen gegen neonazistische und rassistische Gewalt kann hier kaum die Rede sein.