Kalkulierte Kampagnen

geschrieben von Janka Kluge

8. Februar 2017

Die AfD treibt die Medien vor sich her

Es ist noch gar nicht so lange her, dass Journalisten auf Demonstrationen von Pegida und AfD als Vertreter der Lügenpresse diffamiert wurden. Nur jene Medien, die den Demonstranten nahe stehen, blieben davon verschont. Hinter der artikulierten Überzeugung, dass die Medien lügen, stehen zwei Annahmen. Erstens, dass im Vergleich zur Bevölkerungszahl überproportional viele Mitglieder und Anhänger von SPD und Grünen bei den Medien arbeiten. Sie würden ihre Sicht auf die Politik, besonders in Bezug auf die Situation von Flüchtlingen und Ausländern in Deutschland, dann in den Medien verbreiten. Diese Sicht entspricht aber, so die zweite Annahme, nicht der Meinung der Mehrheit der Bevölkerung, Diese – bis jetzt angeblich schweigende – Mehrheit habe außerdem den sogenannten »gesunden Menschenverstand« auf ihrer Seite.
Solche Vorstellungen werden nicht nur von Zeitungen wie der »Jungen Freiheit«, oder »Compact« vertreten, sondern auch von vielen Blogs im Internet. Teilweise gehören sie zu den meistbesuchten Internetseiten in Deutschland. Der Blog »Political Incorrect« (PI –News) wirbt damit, dass täglich zwischen 74 000 und 100 000 Menschen auf seine Seite gehen. Von hier aus führen viele Links zu anderen Internetseiten und Gruppen. Viele dieser Seiten verlinken sich ständig gegenseitig, so dass z.B. der Eindruck erweckt wird, überall wollten Muslime Deutsche bekämpfen und ermorden. Doch kein Wort darüber, dass es auch deutsche Muslime gibt und die überwiegende Mehrzahl der Muslime weder etwas mit dem IS, noch mit Salafisten zu tun hat.
Die Strategie der AfD und von Pegida ist es, die Medien vor sich her zu treiben. Dafür gibt es inzwischen viele Beispiele. Eines möchte ich herausgreifen. Im Oktober 2015 sagte Marcus Pretzell, Landesvorsitzender der AfD in Nordrhein Westfalen, auf einer Veranstaltung, dass er einen Zaun um Deutschland bauen möchte. Auf den Zwischenruf eines Besuchers, die Flüchtlinge würden ihn überrennen, erwiderte er, dass bewaffnete Grenzpolizisten auch von ihrer Schusswaffe Gebrauch machen können, um Flüchtlinge zur Umkehr zu bewegen. In einem Interview mit dpa wiederholte Pretzell einen Tag später seine Forderung. Damit hatte sie die Presse erreicht. Sowohl Frauke Petry als auch Beatrix von Storch legten nach und forderten nun öffentlich, dass an den Grenzen Deutschlands auf Flüchtlinge geschossen werden solle. Damit hatte die AfD ein Thema gesetzt, das nun einige Wochen die Nachrichten und Talkshows beschäftigte. Trotz aller Proteste ist es der AfD gelungen, ihre Auffassung in den Medien zu platzieren. Die Öffentlichkeit hat sich dann daran abgearbeitet. Ein anderes Beispiel aus jüngster Zeit: Heimlich haben Frauke Petry und Marcus Pretzell Ende des Jahres in Leipzig geheiratet. Diese Hochzeit, gespickt mit der Meldung, dass Frau Petry schwanger sei, ging fast durch die gesamte Presse. Die Stichworte »Frauke Petry« und »schwanger« ergeben bei Google fast 55 000 Treffer.
Anfang Dezember hat die AfD eine Kampagne zur Abschaffung der GEZ-Gebühren gestartet. Zur Begründung führten Frauke Petry und Jörg Meuthen auf einer Pressekonferenz an, dass die öffentlich-rechtlichen Sender ihrem Informationsauftrag nicht mehr nachkommen. Damit hat die Partei die »Lügenpresse«-Rufe zu einer Kampagne geformt. Es soll aber nicht nur die Rundfunkgebühr abgeschafft, sondern eigentlich das gesamte System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und Fernsehens abgewickelt werden. Petry und Meuthen warfen den Sendern außerdem vor, dass sie Ereignisse kleinreden oder gar verschweigen würden. Alle Landtagsfraktionen der AfD haben in den Länderparlamenten fast gleich lautende Anträge gestellt, dass die Länder aus den Staatsverträgen, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk regeln, aussteigen sollen. Laut Meuthen laufen dann 2019 die Verträge aus. Petry ergänzte auf der Pressekonferenz, dass bis dahin ja darüber verhandelt werden kann, wie das künftige System aussehen soll. Meuthen führte weiter aus, dass sich jetzt schon jeder besser im Internet informieren könne. Dort haben AfD, Pegida und sogenannte besorgte Bürger auch mehr Einfluss als in seriösen Medien.
In letzter Zeit haben einige Zeitungen versucht, auf die Beschimpfungen und Hetze von Rechts zu reagieren, indem sie Interviews mit angeblich nicht so radikalen Vertretern der AfD veröffentlichten. Jörg Meuthen, neben Frauke Petry Bundessprecher der AfD, führt die Liste der Interviewten deutlich an. Gefolgt von seiner Amtskollegin Petry. Die eher auf Krawall gebürsteten Björn Höcke und Alexander Gauland wurden dagegen deutlich seltener zu Gesprächen eingeladen.
Nicht nur Journalisten und Redaktionen beschäftigt die Frage, wie sie mit der AfD umgehen sollen. Wenn sie weiter klar schreiben, dass es sich bei der AfD um eine rechte Partei handelt, könnte sich ein Teil ihrer Leserschaft abwenden. Alles in allem ein großer Berg Arbeit, vor dem die demokratische Öffentlichkeit 2017 steht.

In einem Strategiepapier zur Bundestagswahl 2017 heißt es, dass die AfD durch gezielte Regelverletzungen provozieren solle. Damit sollen die Medien und die anderen Parteien dazu gebracht werden, überzogen zu reagieren. Der Berliner AfD-Vorsitzende Georg Pazderski, von dem das Papier stammt, möchte die AfD dann als Retter Deutschlands präsentieren.