Franciszek und Wacław

geschrieben von Christoph Leclaire

27. September 2017

Hingerichtet wegen »verbotenen Umgangs«

Vor 75 Jahren – am 14. August 1942 – wurden die beiden Polen Franciszek Banaś und Wacław Ceglewski in Greven (Münsterland) hingerichtet. Sie gehörten zu den Millionen im Deutschen Reich zur Zwangsarbeit eingesetzten Kriegsgefangenen und ausländischen »ZivilarbeiterInnen«, die einer rassistischen Behandlung unterlagen und oft Opfer einer rigiden Verfolgung durch die Gestapo wurden. Als besonderes Vergehen galt der »verbotene Umgang« zwischen Deutschen und Ausländern. Dazu gehörte jeglicher soziale Kontakt, aber insbesondere die (intime) Beziehung zwischen Ausländern und deutschen Frauen. Für die als »rassisch minderwertig« angesehenen polnischen und sowjetischen Zwangsarbeiter bedeutete dieses »Vergehen« in der Regel das Todesurteil (»Sonderbehandlung«). Die Geschichte von Franciszek Banaś und Wacław Ceglewski ist dafür ein Beispiel.

Foto: Franciszek Banas in der Uniform der Ulanen (Lanzenreiter) der polnischen Kavallerie, undatiert. (Augustyn Zon)

Foto: Franciszek Banas in der Uniform der Ulanen (Lanzenreiter) der polnischen Kavallerie, undatiert. (Augustyn Zon)

Franciszek Banaś, geboren am 7.6.1914 in Ujsoły wurde als Kriegsgefangener (Nr. 2418) nach Deutschland deportiert. Er gelangte über das Stalag VI D in Dortmund mit dem Arbeitskommando Nr. 262 nach Greven in die Bauerschaft Westerode. Nach seiner »Entlassung« aus der Kriegsgefangenschaft musste er als Zivilarbeiter bei der Textilfirma Biederlack & Co. in Greven arbeiten. Seine Verfolgungsgeschichte beginnt am 9. Juni 1941, als ihn ein Bauer bei der Polizei in Greven wegen Diebstahls anzeigt. Den Fall bekam die Gestapo Münster und das Amtsgericht Münster verurteilte Banaś zu sechs Monaten Gefängnis. Am 10. Dezember 1941 wurde er – zwei Wochen vor Ende der Haftstrafe – von der Gestapo aus der Haftanstalt Münster abgeholt. Ob bereits zu dieser Zeit der Vorwurf des »verbotenen Umgangs« gegen ihn existierte, ist nicht bekannt. Tatsache ist, dass am 14. Oktober 1941 die ebenfalls bei Biederlack als Putzfrau arbeitende Anna R. verhaftet worden war, da sie sich angeblich mit mehreren Polen – darunter auch Banaś – »geschlechtlich eingelassen« habe. Angezeigt wurde sie – wahrscheinlich auch wegen ihrer antifaschistischen Gesinnung – von jemandem aus dem Betrieb. Nach fast einem Jahr »Gewahrsam« im Polizeigefängnis Münster wurde sie in das KZ Ravensbrück eingewiesen, wo sie bis Kriegsende inhaftiert blieb.

Wacław Ceglewski, geboren am13.2.1921 in Aleksandrówka (Ciechocinek) war von Beruf Friseur. Als Soldat des polnischen Infanterieregiments 14 kam er in deutsche Gefangenschaft (Nr. 724) und wurde am 27. September 1940 aus dem Stalag VI A in Hemer als Zivilarbeiter nach Münster entlassen. Zunächst arbeitete er bei einem Fuhrunternehmen in Greven, später in der Gemeinde Handorf bei einem Bauern in Kasewinkel. Vermutlich seit Anfang Juni 1941 war er bei den Hiltruper Röhrenwerken beschäftigt. Dort wurde er nach einigen Monaten wegen eines angeblichen Verhältnisses mit einer Deutschen »von der Gestapo fortgeholt«.

Wacław Ceglewski und Franciszek Banaś blieben mehrere Monate in den Händen der Gestapo Münster, bis sie schließlich am Freitag, dem 14. August 1942, nahe Greven von der Gestapo unter Mithilfe der dortigen Amtsverwaltung hingerichtet wurden.

Am Nachmittag dieses Tages wurden zwischen 80 und 100 Polen und Polinnen aus Greven von Polizei sowie SA-Angehörigen in die Bockholter Berge gebracht, die dort auch den Hinrichtungsort absperrten. Der Galgen – gebaut vom Amtsschreiner – war zuvor vom Hausmeister des Amtes dorthin transportiert worden. Bei der Exekution anwesend waren der Amtsbürgermeister und der NSDAP-Ortsgruppenleiter aus Greven sowie ein Lehrer aus Bockholt.

Die Gestapo kam mit den »Delinquenten« in mehreren Autos direkt aus Münster zum Hinrichtungsort. Die beiden wurden an den Händen gefesselt zum Galgen gebracht. Nach der Verlesung eines Schreibens bekamen sie je einen Strick um den Hals gelegt »und in dem Moment fiel der Boden weg und die Aufhängung war passiert.« Laut Zeugenaussagen ließen die beiden kurz vor der Exekution ihr Vaterland hochleben. Die anwesenden Polen mussten zur »Abschreckung« an ihren aufgehängten Landsleuten vorbeigehen. Den Tod der beiden stellte der Stadtarzt aus Münster um 16.20 Uhr fest – die Leichen bekam zunächst das Anatomische Institut in Münster.

Nach 1945 wurde niemand der Verantwortlichen für die Ermordung von Franciszek Banaś und Wacław Ceglewski zur Rechenschaft gezogen. Das Geschehen geriet lange in Vergessenheit. Ein explizites Gedenken an die beiden seitens der Stadt Greven gibt es bis heute nicht. Nun bekommen die beiden NS-Opfer immerhin Dank der Initiative von städtischen Auszubildenden am 3. November 2017 »Stolpersteine«.

 

Ausführliche Informationen zum Thema sind in den Beiträgen des Autors in den vom Stadtarchiv Greven herausgegebenen »Grevener Geschichtsblättern« Nr. 7 und 8 nachzulesen: https://www.greven.net/geschichte-downloads