Flucht und Abenteuer

geschrieben von Gustav Peinel

2. März 2024

Chronologie einer Heimkehr: Hans Lauters Flucht nach Osten

Ein flüchtiges Blättern in dem rund 100 Seiten starken Bändchen vermittelt den Eindruck, als würde es sich um ein Tagebuch handeln, mit Datums- und Zeitangaben. Doch schon die ersten Zeilen machen deutlich, dass hier eine Sicht von außen auf Vorgänge in den letzten Tagen des untergehenden faschistischen deutschen Reiches angeboten wird. Beschrieben wird von Michael-Alexander Lauter auf der Grundlage langer Gespräche, von Besuchen an authentischen Orten und mit Unterstützung von Dokumenten die gefährliche und abenteuerliche Flucht des kommunistischen Widerstandskämpfers Hans Lauter (22.12.1914–31.10.2012) aus der Zuchthaushaft zu denen, die die Befreiung brachten, die -sowjetische Rote Armee, nach Osten. Nein, es gab kein Tagebuch als Vorlage. Dennoch verdient die mühselige Recherche von Michael-Alexander Lauter unsere Hochachtung, wie viel Tee ist da wohl am Küchentisch mit seinem Schwiegervater Hans getrunken worden? Flucht und Abenteuer weiterlesen »

Rechte Gewalt im Fokus

geschrieben von Ernst Antoni

2. März 2024

NS-Dokumentationszentrum München präsentiert Aktuelles

»Rechtsterrorismus. Verschwörung und Selbstermächtigung – 1945 bis heute« ist der Titel einer neuen Ausstellung, die vom 8. April bis zum 28. Juli im NS-Dokumentationszentrum in München zu sehen sein wird. »Deutlich wird, dass Rechts-terrorismus keine temporäre und lokale Erscheinung der Gegenwart ist, sondern ein ständiger Begleiter der deutschen und internationalen Geschichte«, heißt es in der Vorankündigung dazu. Und weiter: »Deutlich werden auch die Folgen, die rechtsterroristische Gewalt für die davon Betroffenen hat – Trauer um die Toten und Verletzten, Traumata und der leidvolle Kampf um Anerkennung des Erlittenen.« Rechte Gewalt im Fokus weiterlesen »

Ausgabe Januar/Februar 2024

11. Januar 2024

Unser Titelbild zeigt einen Teil des legendären VVN-BdA-Wimmelbilds (antifaschistische Proteste gegen »Das braune Haus«), erhältlich auch als Plakat im Webshop der VVN-BdA unter shop.vvn-bda.de (Artikelnummer 17184). Siehe auch beiliegenden Spendenflyer und Seite 16

Unser Titelbild zeigt einen Teil des legendären VVN-BdA-Wimmelbilds (antifaschistische Proteste gegen »Das braune Haus«), erhältlich auch als Plakat im Webshop der VVN-BdA unter shop.vvn-bda.de (Artikelnummer 17184). Siehe auch beiliegenden Spendenflyer und Seite 16

Wie angekündigt widmen wir uns den Wahlen in Ostdeutschland. Neben einem Pro & Contra zum AfD-Verbot haben wir diesmal ein Spezial zu den Schwächen der AfD, die wir intensiver ausnutzen sollten, um sie wieder kleinzukriegen. Wir lassen Aktive aus Brandenburg und Sachsen zu unseren Stärken als VVN und der Arbeit in Bündnissen berichten, um die Breite antifaschistischer Politik aufzuzeigen.

Gesellschaftliche Auseinandersetzungen, wie die mit der AfD und den Parteien, die ihren Wähler*innen nach dem Mund reden, machen nicht nur Arbeit und sind teilweise frustrierend, sondern können auch die eigenen Handlungsspielräume vergrößern. Die Panik und Hilflosigkeit, die viele angesichts möglicher Regierungsbeteiligungen der AfD aktuell verspüren, muss durch vielfältige Aktionen aufgefangen werden. Eine lange nicht mehr dagewesene Aufmerksamkeit für das Thema wird sich in einer lange nicht mehr dagewesenen Mobilisierung dagegen manifestieren. Was bei den Kommunalwahlen und EU-Wahlen (beides im Juni) und im September bei den Landtagswahlen rauskommt, ist noch nicht ausgemacht. Es wird darauf ankommen, ob wir jeweils unseren Punkt finden, wo wir als Einzelne aktiv werden, ob wir vielleicht doch untätig bleiben, oder ob wir schlimmstenfalls anderen bei ihren Bemühungen im Weg stehen.

Grundsätzlich heißt das, denjenigen den Rücken zu stärken, die von der AfD angegriffen werden, und diejenigen zu stützen, die versuchen, dieser Gefahr – mit welchen Mitteln auch immer – zu begegnen. Dafür braucht es nicht nur Organisierung und praktische Solidarität, sondern auch Vertrauen ineinander. Um das aufzubauen, sind andauernde Gespräche, Kritikfähigkeit, Selbstreflexion und Geduld nötig. Um es in ein Bild zu fassen: Arne Semsrott (fragdenstaat.de) bemühte beim diesjährigen Chaos Communication Congress in Hamburg den Sisyphos, der Spaß an seiner Aufgabe (den Stein immer wieder den Hang hochzurollen) findet, weil er es nicht mehr allein macht und das gemeinsame Ziel ein ehrbares und hochgradig erstrebenswertes ist. Schließen wir uns an. Nils Becker

Zeitgeschehen

Wieder kriegstüchtig sein (Florian Gutsche)
Kirchenasyl unter Druck (Benedikt Kern)
Halemba: Einflussreiche Förderer (Janka Kluge)
Prozess: Winter im Reich (Kristin Caspary)
Akubiz: Pirna nach der Wahl eines AfD-Oberbürgermeisters (Alina Gündel)
Pro AfD-Verbot: Gefahr der Unterminierung (Axel Holz)
Contra AfD-Verbot: Kein milderes Mittel? (Ulrich Stuwe)
Meldungen (zusammengestellt von Ulrich Stuwe)
GEAS: Entrechtung nach Plan (Nils Becker)
FIR-Kongress: Das Gemeinsame im Blick (Regina Girod)
Interview: „Es braucht eine Entnazifizierung“ (Timo Büchner)
Archivarbeit beim österreichischen KZ-Verband (Ulrich Schneider)
Leserbrief: Empathie und Mitgefühl (Ewald Leppin)

Spezial: AfD – Ihre Schwächen, unsere Stärken

10 Schwachstellen der AfD (Thomas Willms)
Antifaschistische Basisarbeit in Brandenburg (Nils Weigt)
Chemnitz: Positionierung abverlangen (Gabi Engelhardt)

Portrait: Kämpfer gegen NS-Verbrecher (Gerald Netzl)

Geschichte

Das Massaker von Korjukiwka 1943 (Gerald Netzl)
An Antifaschisten in der Nachbarschaft erinnern (Peter Nowak und Felix Schlosser)
Seit Jahrzehnten stolpern (Gudrun Dorothee Greth)

Internationales

Argentinien: Relativ zur eigenen Schwäche (Bloque Latinoamericano Berlin)
Budapest: Faschistische Wandertrupps (Florian Gutsche)
Niederlande: Mit Hasspolitik Faschisten kultivieren (Gerrit Hoekman)
Fahrradbildungsreise: Suche an Elbe und Moldau (Uwe-Jens Kluge)

Kultur

Sinti und Roma: Diskriminierung zementiert (Axel Holz)
ZPS: Deepfakes mit Scholz (Janka Kluge)
Käthe Kern: Vergessene Widerstandskämpferin (Hans-Willi Ohl)
Debatte im „Studienkreis Deutscher Widerstand“: Aufbegehren heute (Bernd Kant)
Alice Hasters: Krise als Ausgangspunkt (Peps Gutsche)
Richard C. Schneider: Komplexes Israel (Nils Weigt)
Deborah Feldmann: Schmerzhafte Lektüre (Sebastian Schröder)

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Wieder kriegstüchtig sein

geschrieben von Florian Gutsche

11. Januar 2024

Wehrpflicht, Aufrüstung und sprudelnde Gewinne für Rheinmetall & Co.

Ausgerechnet am 27. Januar 2023 fiel »Verteidigungsminister« Boris Pistorius (SPD) nichts Besseres ein, als das Aussetzen der Wehrpflicht als Fehler zu bezeichnen. Vor ihm hatten u.a. bereits Patrick Sens-burg (CDU), auch Präsident des Bundeswehr-Reservistenverbandes, Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD), Friedrich Merz (CDU) die Wiedereinführung eines Pflichtjahres gefordert. Nach der Äußerung von Pistorius riss auch 2023 der Strom an Äußerungen von denjenigen, die sich die Wiedereinführung der Wehrpflicht und damit auch des Zivildienstes (billige Arbeitskräfte im Pflegesektor) wünschen, nicht ab. Am 9. November 2023 kulminierte dies in der Weissagung von Pistorius, dass die Wehrpflicht-Diskussion wieder Fahrt aufnehmen würde. Wieder kriegstüchtig sein weiterlesen »

Kirchenasyl unter Druck

geschrieben von Benedikt Kern

11. Januar 2024

Gegen die EU-Abschottungspolitik braucht es subversive Praxis. Gastkommentar

Die Verschärfung des europäischen Asylsystems ist ein nächster Schritt hin zu einer autoritären Brutalisierung. Diese Aussetzung von Menschenrechten durch technokratische Abschottungs- und Abschiebungspolitik entspricht einer grundsätzlichen Entwicklung in den spätkapitalistischen Verhältnissen.

Die antirassistische Bewegung ist angesichts dieser Übermacht zunehmend ohnmächtig und ideenlos. Ein Ausweg aus dieser Verdammnis zur Handlungsunfähigkeit im Kampf um Bleiberecht und Bewegungsfreiheit kann lediglich darin liegen, dass der ach so liberale Staat nicht das Gegenüber appellativer Anrufung ist. Vielmehr kommt es angesichts des Abschiebungsregimes darauf an, Möglichkeiten zu schaffen, es zu unterlaufen, und Situationen zu schaffen, in denen subversive Praktiken erprobt werden können. Kirchenasyl unter Druck weiterlesen »

Einflussreiche Förderer

geschrieben von Janka Kluge

11. Januar 2024

Daniel Halemba: Skandal um den jüngsten AfD-Abgeordneten im Bayerischen Landtag

Skandale ihrer Mandatsträger kann sich die AfD gerade eigentlich nicht leisten. Jeder weitere Fall, der an die Öffentlichkeit kommt, erhöht den Druck für ein Verbot der Partei. In mehreren Bundesländern wird die Partei vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft. In Bayern hat nun ein aufsehenerregender Fall die AfD erschüttert. Der 22jährige Daniel Halemba ist im Oktober als jüngster Abgeordneter in den Bayerischen Landtag gewählt worden. Noch vor der konstituierenden Sitzung am 30. Oktober wurde er allerdings wegen des Verdachts auf Volksverhetzung und Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verhaftet und musste der Sitzung deshalb fernbleiben. Einflussreiche Förderer weiterlesen »

Winter im Reich

geschrieben von Kristin Caspary

11. Januar 2024

Bundesanwaltschaft erhebt Klage gegen ein Netzwerk sogenannter Reichsbürger

Ein gutes Jahr dauerte es von der großangelegten Razzia mit insgesamt 25 Festnahmen in Deutschland, Österreich und Italien, bis am 12. Dezember die Bundesanwaltschaft Klage gegen ein Netzwerk sogenannter Reichsbürger um den Frankfurter Geschäftsmann Heinrich XIII. Prinz Reuß erhob.

Vorbild Deutsches Reiches von 1871

Vorgeworfen wird der Gruppe, die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik beseitigen und einen neuen Staat nach dem Vorbild des Deutschen Reiches von 1871 errichten zu wollen, mit dem Prinzen Reuß an der Spitze. Kurz nach den Weihnachtsfeiertagen vermeldete das Oberlandesgericht Frankfurt, im ersten Halbjahr 2024 über die Anklagezulassung entscheiden zu wollen. Damit ist der Startschuss zum womöglich größten Staatsschutzverfahren der BRD-Geschichte gefallen. Insgesamt 27 Verdächtige werden dabei vor drei Oberlandesgerichten angeklagt und zwar denen in Frankfurt am Main, München sowie Stuttgart. In Frankfurt sollen vor allem die vermutlichen Rädelsführer, der »Rat«, angeklagt werden, in Stuttgart der militärische Arm und in München die übrigen mutmaßlichen Mitglieder. Winter im Reich weiterlesen »

Die Stadt wird das verändern

11. Januar 2024

Pirna nach der Wahl eines AfD-Oberbürgermeisters. Ein Gespräch mit Alina Gündel vom  AKuBiZ

Alina Gündel ist aktiv beim Alternativen Kultur- und Bildungszentrum (AKuBiZ e. V.) im sächsischen Pirna.

antifa: Wodurch zeichnet sich das AKuBiZ aus?

Alina Gündel: Ich bin nicht von Anfang an dabei, den Verein gibt es schon seit 2001. Da war zunächst eine Handvoll junger Leute, die sich schon damals einer rechten Hegemonie in Pirna ausgesetzt sahen und daran etwas verändern wollten. Zu dem Zeitpunkt waren insbesondere die NPD und die Skinheads Sächsische Schweiz hier im Landkreis sehr aktiv; so organisierten die alternativen Jugendlichen antirassistische Fußballcups. Relativ schnell hat sich der Verein dann aber auch auf Projekte der historisch-politischen Bildungsarbeit fokussiert. Es ging viel um die NS-Verbrechen und die jüdische Geschichte im lokalen Rahmen. Das beschäftigt uns auch noch heute und ist gewissermaßen unser Steckenpferd. Dieses Jahr zum Beispiel haben wir ein Themenjahr zu 1933 gemacht, also an die Machtübertragung an die Nazis vor 90 Jahren erinnert. Unser Leitspruch ist: »Nie wieder!«. Wir wollen historisch aufklären, um einen Teil dazu beizutragen, dass sich so was wie die Verbrechen der Nationalsozialisten nicht wiederholt. Was die Lokalperspektive angeht, ist es uns wichtig, öfter mal den Finger in die Wunde zu legen, auch auf die Gefahr hin, als Nestbeschmutzer:in einsortiert zu werden.

Als Raum betreiben wir seit 2012 die K²-Kulturkiste in Pirna. Zu Beginn war das ein kleines Geschäftchen mit einer Bibliothek. Vor zwei Jahren sind wir dann in die Innenstadt am Markt gezogen und haben jetzt ein Ladengeschäft, in dem einmal eine Bäckerei mit Weinausschank und später ein Friseur drin war. Wenn man in der Altstadt die Schössergasse entlang läuft, zeigen große, bunt gestaltete Fenster, was wir so machen, also Stadtrundgänge, Bildungsveranstaltungen, Wanderungen, Ausstellungen, Vorträge, Workshops. Wir haben einen klassischen Seminarraum, aktuell zeigen wir dort eine Ausstellung zu jüdischem Leben in Pirna. Zudem haben wir eine Bibliothek in unseren Räumen, die aus allen Nähten platzt.

antifa: Ihr seid mit dem AKuBiZ in Pirna seit jeher in einer rechten Hochburg vor Ort. Nun hat Mitte Dezember der von der AfD aufgestellte Tim Lochner (parteilos) auch im zweiten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten und wurde damit der erste AfD-Oberbürgermeister Deutschlands. Wie bewertet ihr die aktuelle Situation?

Alina Gündel: Was das für die Zukunft bedeutet, darüber kann man nur Mutmaßungen anstellen. Es gibt keine Erfahrungswerte damit, die uns irgendwie eine Idee davon geben. Sicher ist, dass das die Stadt und die Stadtgesellschaft verändern wird. Zwischen dem ersten und dem zweiten Wahlgang wurde auch die Einstufung der sächsischen AfD als rechtsextrem durch den Landesverfassungsschutz gemeldet. Das hat keinen größeren Teil der Pirnaer:innen davon abgehalten, Lochner erneut zu wählen. Meine Einschätzung ist, dass ein Großteil der Anhänger:innen Lochners mit der Wahl der Bundesregierung eines auswischen wollte, obwohl es beim OB-Amt ja um klassische Kommunalpolitik, also ganz andere Dinge, geht. Nichtsdestotrotz gehen wir davon aus, dass das die sächsische AfD weiter stärken wird und Lochners Wahl zu einer weiteren Normalisierung von dem führt, was die AfD sagbar macht, sei es zu Migration, Klimapolitik oder LGBTQI-Rechten.

antifa: Welche direkten Auswirkungen seht ihr für die Arbeit des AKuBiZ durch die Wahl von Lochner?

Alina Gündel: Wir haben das Glück, dass wir nicht direkt abhängig sind von der Stadt: Wir erhalten keine städtischen Gelder, unsere Räume sind nicht von der städtischen Wohnungsgesellschaft angemietet. Wenn, was wahrscheinlich ist, Lochner ein Problem mit uns hat, dann wären seine Möglichkeiten, uns an unserer Arbeit zu hindern, gering. Natürlich meine ich dennoch, dass die neue Situation in der Stadt uns natürlich auch betrifft. Da sind schon die Institutionen zu nennen, mit denen wir kooperieren, die enger am Pirnaer Rathaus hängen. Während wir es also nicht direkt mit einer Existenzkrise zu tun haben, sieht das bei anderen lokalen Initiativen und Vereinen auf jeden Fall anders aus. Wenn man städtische Gelder bekommt, ist es schon schwieriger, sich jetzt zu positionieren, gerade wenn es auch um Fragen des eigenen Fortbestehens geht.

antifa: Gibt es auch Verbündete gegen den rechten Vormarsch?

Alina Gündel: Auf jeden Fall. Wir waren vor ein paar Wochen Teil eines Bündnisses aus Initiativen, Einzelpersonen, Vereinen, teilweise Parteien. Das hat einen offenen Brief veröffentlicht, der die Situation an der Grenze und den Umgang mit den Geflüchteten thematisiert. Im Fokus war auch die mediale Berichterstattung darüber und die Reduzierung dort auf das Thema »Schleuser«, was ausblendet, warum Menschen überhaupt versuchen, nach Deutschland zu fliehen. Die Arbeit in dem Bündnis hat uns verdeutlicht, wie viele Synergien es gibt und dass das Bündnis im Landkreis schon ganz gut funktioniert, angesichts der Verhältnisse, in denen wir uns befinden, auch sehr stabil aufgestellt ist. Ein Verein, an den ich zum Beispiel denke, ist die AG Asylsuchende aus Pirna, die mehr mit der Gruppe der Geflüchteten zu tun hat. Wir sind halt nicht als migrantische Feindbilder markiert, wir sind weiß gelesen, und auch nicht alle von uns sind als alternativ erkennbar. Das ist beispielsweise für People of Color ganz anders. Dass sie einen alltäglichen Rassismus in Pirna, im Landkreis und auch darüber hinaus erfahren, ist nichts Neues. Nun ist zu befürchten, dass das neue Quantitäten und Qualitäten annimmt …

antifa: Knapp 15.000 Menschen wurden in der »Heil- und Pflegeanstalt Pirna-Sonnenstein« gemäß der NS-Ideologie vom »lebensunwerten Leben« 1940 und 1941 ermordet. Was bedeutet die Wahl Lochners für die Erinnerungspolitik in der Stadt?

Alina Gündel: Die Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein ist ebenso unabhängig von der Stadt, weil sie durch die Stiftung Sächsische Gedenkstätten getragen wird. Auch da gibt es kein direktes Unterweisungsverhältnis. Soweit ich weiß, hat die Gedenkstätte verlautbaren lassen, dass sie keine Besuche vom neuen Oberbürgermeister empfangen wird. Was die Erinnerungsarbeit im allgemeinen angeht, muss man resümieren, dass sich die AfD natürlich nicht dadurch auszeichnet, unseren Zielen zu entsprechen, inwiefern sich der Oberbürgermeister dazu auslassen wird, wissen wir noch nicht, weil auch in seinem bisherigen lokalpolitischen Engagement wenig dazu gekommen ist. Es ist nicht zu erwarten, dass der Oberbürgermeister zu Gedenkveranstaltungen weiterhin eingeladen wird.

antifa: Gab es bereits Anfeindungen von rechts gegen das AKuBiZ?

Alina Gündel: Die gab es auf jeden Fall. Zum Beispiel wurden in den frühen 2000ern Autos von Vereinsmitgliedern angezündet. Zudem wurden uns im Jahr 2015 nach einem Antira-Cup, bei dem sich auch ein AfDler unbemerkt eingeschlichen hatte, die AKuBiZ-Scheiben eingeschmissen. Was es niedrigschwelliger fast tagtäglich gibt, sind rechte Sticker, die bei uns, in der Gegend oder bei der AG Asylsuchende geklebt werden. Dann ist man erst mal damit beschäftigt, ein bisschen was zu entfernen.

antifa: Welche Formen von Unterstützung helfen euch?

Alina Gündel: Wir haben in den letzten Tagen richtig viele Solidaritätsbekundungen bekommen. Das ist für uns total wichtig, also das Wissen darum, dass jemand unsere Arbeit sieht, auch überregional. Wenn jemand sich das leisten kann, dann freuen wir uns natürlich auch über Spenden. Wir finanzieren eigentlich so ziemlich alles über Spenden, manchmal Fördermittel und arbeiten auch größtenteils ehrenamtlich. Das sind schon so die direktesten Unterstützungsmöglichkeiten, die es gibt. Wir freuen uns auch über jeden, der unsere Veranstaltungen besucht.

Das Gespräch führte Andreas Siegmund-Schultze

Informationen: akubiz.de

Spenden: AKuBiZ e. V. Volksbank Pirna e. G. IBAN: DE34850600001000933180

Gefahr der Unterminierung

geschrieben von Axel Holz

11. Januar 2024

Debattenbeitrag: Pro AfD-Verbot

Die AfD verletzt systematisch Grundrechte, insbesondere gegenüber Minderheiten, zielt auf die Abschaffung demokratischer Rechte, vertritt neo-nazistische Auffassungen und besitzt das Potenzial, ihre Ideologie auf parlamentarischem Weg durchzusetzen. Es droht die Unterwanderung demokratischer Institutionen und perspektivisch die Abschaffung der Demokratie. Diese Gründe sollten ausreichen, das scharfe Schwert der Verfassung, ein Parteienverbot, gegenüber der AfD anzuwenden.

Tatsächlich sind erst zwei Parteien in der Geschichte der BRD verboten worden: die neonazistische Sozialistische Reichspartei (1952) und die Kommunistische Partei Deutschlands (1956). Vier weitere Verbotsverfahren sind gescheitert. In zwei Fällen wurde der Parteienstatus nicht anerkannt und ein Verbot durch das Innenministerium gegenüber Vereinen ausgesprochen. Das betrifft die »Freiheitliche Arbeiterpartei« (FAP, 1994) und die Hamburger »Nationale Liste« (1995). Gefahr der Unterminierung weiterlesen »

Kein milderes Mittel?

11. Januar 2024

Debattenbeitrag: Contra AfD-Verbot

Zuletzt wurde in der Öffentlichkeit und vielen Medien eine Diskussion darüber geführt, ob das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am Ende eines Verbotsverfahrens die AfD verbieten könnte oder sollte. Dies ging natürlich auch nicht an den Diskussionen innerhalb unseres Verbandes vorbei. Bei letzterem ging es auch darum, ob die VVN-BdA – wie bereits zweimal gegen die NPD – eine AfD-Verbotskampagne initiieren sollte.

Ich denke nicht, dass das der richtige Ansatz ist. Dabei geht es nicht darum, ob die AfD im Sinne des Artikels 21 Absatz 2 Grundgesetz verfassungswidrig ist oder nicht. Die letzte »Neofaschismus«-Ausstellung der VVN-BdA hat die AfD klar im Rahmen dieses Spektrums verortet, und meiner Meinung nach sind solche Organisationen verfassungswidrig. Doch heißt dies noch lange nicht, dass diejenigen, die für ein solches Verbot notwendig gewonnen werden müssten, diese Ansicht teilen oder ein Verbot für sinnvoll halten. Kein milderes Mittel? weiterlesen »

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