Verharmlosend

geschrieben von Sebastian Schröder

13. Mai 2022

Die Bundeszentrale für politische Bildung huldigt dem deutschen Militarismus

Was können wir in Sönke Neitzels 800-Seiten-Buch »Deutsche Krieger. Vom Kaiserreich zur Berliner Republik – eine Militärgeschichte« (2020) nicht alles lesen: Krieg ist auch nur ein Handwerk, eine von Neitzel behauptete militärische Eigenlogik wird (rassistisch besetzt) zur »tribal culture« umgebogen, die deutschen Armeen haben natürlich ihre Fehler – aber den deutschen Militarismus, den gibt es nicht. Also alles nicht so schlimm, eigentlich sowieso normal fürs Militär, das will uns Professor Neitzel weismachen. Halt kämpfen, töten, sterben.

Sönke Neitzel: Deutsche Krieger. Bundeszentrale für Politische Bildung, 2022, 684 Seiten, 7 Euro

Sönke Neitzel: Deutsche Krieger. Bundeszentrale für Politische Bildung, 2022, 684 Seiten, 7 Euro

Vor allem geht es ihm um die Frage, welche Tradition in der deutschen Armee bestimmend sein soll. Seine Antwort ist einfach: Die »soldatischen Leistungen« der faschistischen Wehrmacht müssen rehabilitiert werden, denn »deutsche Krieger« brauchen zum Vorbild eine wirklich kriegführende Armee. Und das heißt auch, dass die antifaschistische Benennung und die demokratische Zurückweisung der verbrecherischen Wehrmachtstradition falsch ist. Es soll ja in Zukunft wieder mehr solides
deutsches Kriegshandwerk geben.Jetzt verlegt die Bundeszentrale für politische Bildung Neitzels »Deutsche Krieger« als Sonderausgabe für sieben Euro. Im Handel kostet das Buch als E-Book
24,95 Euro, gebunden sogar 35 Euro. Dies ist die handfeste Garantie für einen Bestseller. Durch den Dumpingpreis wird das Buch auch in die Breite wirken. So etabliert die bpb »Deutsche Krieger« als Standardwerk, das in allen Bibliotheken und Schulen stehen wird. Zumal die bpb als Herausgeberin die Publikation legitimiert.

Entsetzt stellt sich in der Öffentlichkeit die Frage: Die politisch gewollte Verharmlosung des deutschen Militarismus bei Neitzel, ist dies auch die offizielle Sicht der quasi-staatlichen Bundeszentrale für politische Bildung? Nein, denn »diese Veröffentlichung stellt keine Meinungsäußerung der Bundeszentrale für politische Bildung dar«. Ach so, dann wohl eher der Reichszentrale für Heimatdienst (RfH), eben echte deutsche Traditionen.