Alles im Griff?

geschrieben von Hans Coppi

5. September 2013

Gedanken zum 14. Februar in Dresden

März-April 2009

Dr. Hans Coppi ist der Vorsitzende der Berliner VVN-BdA

Die Hundertschaften der Polizei hatten den Protest gegen die Nazidemonstration am 14. Februar voll im Griff. Gut beschützt liefen die über 6.000 Nazis aus dem ganzen Bundesgebiet, aus Frankreich und Schweden durch die sächsische Landeshauptstadt. Jeglicher Protest an den Absperrungen am Bahnhof und an der Demoroute wurde entweder gewaltsam aufgelöst oder Passanten eindringlich aufgefordert, den Bürgersteig zu verlassen. Einzelne Züge der Polizei sicherten die Räume hinter den Wohnblocks und die Zugangsstrassen zu der Demonstrationsroute rigoros ab. Jeden im Ansatz sichtbaren oder bereits vermuteten Protest galt es zu verhindern. Jegliches hörbare oder sichtbare Zeichen der immer wieder beschworenen Zivilcourage wurde als Störung der öffentlichen Ordnung angesehen und unterdrückt. Die Gegendemonstranten bewegten sich auf den von der Polizei festgelegten Routen, weitab von den Nazis. So konnte sich der gespenstische Demonstrationszug mit seinen unsäglichen Parolen unbehelligt und von Polizeikordons geschützt durch Dresden bewegen.

Die Teilnehmer der Protestkundgebungen wurden indes nicht so zuvorkommend behandelt. Als ich mit anderen die Manifestation auf dem Theaterplatz verlassen hatte und über die Augustusbrücke zurück ging, begleiteten uns plötzlich Einsatzkräfte der Polizei. Sie bildeten auf der Brücke eine Kette und ließen keinen mehr in die Innenstadt zurück. Als ich nach dem (Un)Sinn dieser Maßnahme fragte, erhielt ich keine Antwort, sondern die barsche Anweisung, sofort weiterzugehen. Dieser Schikane verweigerte ich mich. Daraufhin griffen mich Polizisten und zerrten mich weg. Meine Beschwerden und die Forderung nach ihren Kennzeichen, und der Wunsch, den Einsatzleiter zu sprechen, verhallten über der Elbe. Als ich nach den gewalttätigen Übergriffen meinen Presseausweis zeigte und noch einmal Auskunft verlangte, veränderte sich das Verhalten der Einsatzkräfte nicht, auch der Zugführer war zu keinen Auskünften bereit. Erst als ein Landtagsabgeordneter der Linken, es war Volker Kühlow, seinen Ausweis zeigte, war ein Einsatzleiter zu sehen. Er spielte das Ganze herunter und rechtfertigte den Einsatz mit angeblichen Bedrohungsszenarien von Autonomen.

Inzwischen hatten sich die Nazis schon auf die Heimreise begeben und erwarteten die Antifaschisten auf Rastplätzen und in Zügen. Bei diesen Gewaltexzessen war keine Polizei zu sehen. Der Thüringer Innenminister sah auch kein Handlungsbedarf. Stattdessen beschwor er wiederum die Gefahr des Extremismus von rechts und links, gegen die sich der Staat schützen müsse. So bleibt die Auseinandersetzung mit den Nazis, mit Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus schließlich eine Farce. Die Polizei wird auch beim nächsten Mal das Demonstrationsrecht für die Feinde der Demokratie durchsetzen. Gegendemonstrationen, so wichtig und unverzichtbar sie sind, lösen das Problem nicht. Es geht um eine umfassende politische, juristische und gesellschaftliche Ächtung des Neofaschismus in diesem Land und das schließt den Abzug der V-Leute aus der Neonaziszene und ein Verbot der NPD mit ein.