Unser Titelbild zeigt eine Demo am 14.12.2024 in Dortmund anlässlich der Freisprüche vor Gericht für Polizist:innen, die Mouhamed Dramé umbrachten. Er starb am 8.8.2022, als die Polizei alle ihr zur Verfügung stehenden Gewaltmittel einsetzte. Siehe S. 10 und NRW-Länderseiten. Foto: jovofoto/r-mediabase.de
Editorial
4. Januar 2025
Ziemlich genau vor einem Jahr kam das Potsdamer Geheimtreffen zu »Remigrationsplänen« ans Tageslicht und sorgte für die größten Demonstrationen, die Deutschland seit langem gesehen hatte. Laut einer Studie des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung, sorgten diese Demos für eine Neubelebung der antifaschistischen Bündnisse und Netzwerke – ein Aktivierungsimpuls für Neue bisher nicht Engagierte, die Selbstwirksamkeit erfuhren, sich organisierten und dabei blieben. Bereits bestehende Forderungen, beispielsweise zur ausreichenden Finanzierung der Zivilgesellschaft und der Bildungsarbeit gegen rechts, sowie zur Abgrenzung der Parteien und Medien zur AfD, konnten popularisiert – wenn auch nicht durchgesetzt werden. Laut Studie bildeten die Demos nicht den Querschnitt der Bevölkerung ab, es fehlten bürgerliche, konservative Milieus und Milieus mit geringer formaler Bildung. Wie belastbar diese neuen Allianzen sind, muss zudem durch immer neue Protestevents unter Beweis gestellt werden. Gleichzeitig braucht es Demos als Engagementmöglichkeiten und gemeinschaftsstiftende Momente. Die Veranstaltungen zu 80 Jahre Befreiung könnten 2025 genau diese Funktion erfüllen und eine Brücke vom Gestern ins Heute schlagen. Pro Asyl wies im Jahresrückblick darauf hin, dass sich trotz des klaren Auftrags durch die Demos Anfang des Jahres die Politik entschied, die »Remigrationspläne« der AfD in Gang zu setzen. Verantwortungslose flüchtlingsfeindliche Debatten, Gesetzesverschärfungen, mehr Abschiebungen und letztlich Wahlerfolge gerade der Partei, die man eigentlich klein halten wollte, sind die Bilanz des Jahres. Und das neue beginnt, wie das alte endete: Wieder gab es ein Geheimtreffen von AfD-Funktionären (Hauptredner: Roger Beckamp, MdB, und Lena Kotré, Landtagsabgeordnete Brandenburg) mit Neonazis von »Blood and Honour« und »Junge Tat« in der Schweiz. Wieder ging es um die Durchsetzbarkeit von Massenabschiebungen, wieder gibt es eine saubere Correctiv-Recherche. Aber einiges ist anders: Die Realisierung wird wahrscheinlicher, und der öffentliche Aufschrei ist gering.
Die »Ampel« ist aus …
4. Januar 2025
… Besserung ist nicht in Sicht
Als SPD, Grüne und FDP sich im Dezember 2021 auf gemeinsames Regieren geeinigt hatten, gaben sie ihrem Koalitionsvertrag die ganz und gar unbescheidene Überschrift »Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit«. Die Ernüchterung kam schnell: Kaum im Amt, übertrug der Bundeskanzler die Leitung des neu geschaffenen Corona-Krisenstabs dem damaligen Generalmajor Carsten Breuer; gleichzeitig wurde die Mobilisierung von 12.000 Soldaten im »Krieg gegen Corona« bekanntgegeben und die Verlegung von Patient:innen zur Aufgabe der Bundeswehr gemacht. Ganz so, als sei erfolgreiches »Krisenmanagement« nur in Strukturen von Befehl und Gehorsam möglich. Auch Außenministerin Baerbock hatte bereits deutlich gemacht, dass sie mit einer »wertebasierten Außenpolitik« und klaren Feindbildern dort weitermachen würden, wo Joseph Fischer einst angefangen hatte. (vgl. antifa 1/2022) Die »Ampel« ist aus … weiterlesen »
Gleiche Gedankenwelten
4. Januar 2025
Soziale und politisch Ursachen des Anschlags von Magdeburg nicht von Interesse?
Was ist zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieser antifa, zehn Tage nach dem entsetzlichen Anschlag von Magdeburg, wohl an Erinnerungen in großen Teilen der deutschen Öffentlichkeit übrig geblieben? Vermutlich nicht viel mehr, als dass ein Mann aus Saudi-Arabien mit einem SUV über einen Weihnachtsmarkt in die Menge gerast ist, um wahllos Menschen umzubringen – kurz vor dem »Fest der Liebe und des Friedens«.
Seit vielen Jahren gibt es den Trend, dass Terrorakte immer häufiger von Einzelgängern – fast immer Männern, siehe auch Halle und Hanau – verübt werden, die zwar (überwiegend online) in Netzwerke eingebunden sind und sich aus (auch unterschiedlichen) ideologischen Angeboten bedienen, jedoch keine Mitgliedschaft in politischen Gruppen und keine klare Programmatik besitzen. Die den Taten zugrunde liegenden sozialen und politischen Ursachen erfahren ein erschreckendes Desinteresse. Gleiche Gedankenwelten weiterlesen »
Der Plan steht
4. Januar 2025
Die AfD im Bundestagswahlkampf
Alle politischen Parteien wurden vom Platzen der »Ampel«-Regierung am 6. November und der daraus folgenden Vorverlegung der Bundestagswahl in hektische Betriebsamkeit gestürzt. Betont gelassen gibt sich die AfD, und sie hat durchaus gute Gründe dafür. Mit Alice Weidel konnte sie am 7. Dezember problemlos eine Spitzenkandidatin – diesmal gar als Kanzlerkandidatin – nominieren. Die Wahlkampfkasse ist mit sechs Millionen Euro gut gefüllt, der Vermögensstand von etwa 20 Millionen Euro lässt auch noch Luft nach oben. Die Mitgliederzahl ist im vergangenen Jahr deutlich gestiegen, wobei die Partei verschiedene Zahlen von knapp 48.000 bis »über 50.000« angibt, womit sie nur noch knapp hinter der Partei Die Linke liegt. Die für gewöhnlich gut über die AfD informierte FAZ berichtet, dass der Schwerpunkt auf Großplakaten, Großveranstaltungen und insbesondere den sozialen Medien liegen solle. Als Wermutstropfen wird vermutlich empfunden, dass der nächste Bundesparteitag nur als »sichere Lösung« im sächsischen Riesa stattfinden kann und nicht an einem prestigeträchtigeren Ort. Der Plan steht weiterlesen »
Superlative in Prag
4. Januar 2025
Medienplattform AUF 1 organisierte rechtes Vernetzungstreffen »1. Alternativ-WEF«
Organisiert von der rechten Medienplattform AUF 1 aus Österreich fand am 12. Dezember 2024 im Clarion Congress Hotel in der tschechischen Hauptstadt Prag das rechte »1. Alternativ-WEF«-Vernetzungstreffen statt. Um Superlative zum eigenen Wirken selten verlegen, wurden »die besten Köpfe und größten Denker der Freiheitsbewegung« angekündigt, um »Gegenprogramme zur globalistischen Agenda« zu entwickeln. Superlative in Prag weiterlesen »
Wandern und Paintball spielen?
4. Januar 2025
Die Neonazi-Terrorgruppe »Sächsische Separatisten« wurde hochgenommen
Fast zwei Jahre hatte sich der Account @radereinhard auf X nicht mehr zu Wort gemeldet. Das änderte sich im Spätherbst 2024. Auf einen Taz-Artikel zu der Anfang November hochgenommenen Neonazi-Terrorgruppe »Sächsische Separatisten«, der als Titelbild ein Foto von Björn Höcke mit einem Teil der festgenommenen Jungnazis auf dem Marktplatz im sächsischen Grimma zeigte, antwortete Reinhard Rade: »Klassische Geheimdienstarbeit. Ein Foto vom ›Dorffest‹ aus 2022. Zwei Jahre gibt’s nichts her. Aber dann kommt zum Glück das FBI zur Hilfe.« Und einen Artikel des Spiegel zum gleichen Thema kommentiert er: »›Leider‹ fehlt jeder konkrete Tatvorwurf. Ein Meinungsdelikt. Aber im System ›1984‹ reicht ja auch eine ›unrichtige‹ Meinung zur Haft.« Wandern und Paintball spielen? weiterlesen »
Eine Partei für die Schlacht
4. Januar 2025
Der Militarismus auch im Innern schreitet mit der AfD voran
Die AfD ist sowohl eine Partei des Rassismus und des Neonazismus als auch eine Partei des Krieges und des Militarismus. Aktuell wird durch sie in einem Papier für ihren Parteitag die Aussage aus dem AfD-Grundsatzprogramm betont: »Die Wehrpflicht ist eine Kernforderung der AfD und Voraussetzung sowohl für die personelle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr als auch für ihre Verwurzelung in der Gesellschaft«. Die AfD verlangt, »für den Krieg gerüstet zu sein«. An Kriegstüchtigkeit lässt sie sich nicht übertreffen. Die AfD-Bundestagsfraktion hat laut Junge Freiheit (15/2023) klargestellt: »Wir stehen fest an der Seite unserer Bundeswehr und setzen uns dafür ein, sie zu stärken.« Man habe sich nicht einseitig auf die Seite Russlands geschlagen, sondern vertrete »deutsche Interessen«. Eine Partei für die Schlacht weiterlesen »
Wie Krieg funktioniert
4. Januar 2025
Bericht vom Kongress der Informationsstelle Militarisierung
Am 16. November 2024 eröffnete Tobias Pflüger das inhaltliche Kongressprogramm. Er kritisierte die »Zeitenwende« als Vorwand für bereits geplante Aufrüstungsmaßnahmen und betonte, dass es nicht nur um Verteidigung, sondern auch um die Schaffung einer flexiblen, kriegführungsfähigen Bundeswehr gehe. Christoph Marischka sprach über die mentale und kulturelle »Zeitenwende«, die seit dem Ukraine-Krieg zu einer aggressiveren Haltung Deutschlands in internationalen Konflikten führe. Er kritisierte den Diskurs, der auf Dehumanisierung und Polarisierung setze, und wies auf die Propaganda hin, die die Bevölkerung gegen »Kriegsmüdigkeit« mobilisieren solle.
Im Panel »Gewalt, Politik und Jugend« diskutierten Barbara Stauber und Jacqueline Andres die Konstruktion von Binaritäten wie Freund/Feind und Mann/Nichtmann, die im Krieg und in der Militärwerbung eine zentrale Rolle spielen. Stauber stellte fest, dass Kriege Differenzen zuspitzen und wechselseitige Angewiesenheit ausblenden, während Andres auf die Rekrutierung der Bundeswehr über soziale Medien einging. Stauber wies auf die Bedeutung von Freiräumen und die Anerkennung des Schmerzes der anderen hin. Wie Krieg funktioniert weiterlesen »
Meldungen
4. Januar 2025
NS-Täter vor Gericht?
Das Landgericht (LG) Hanau könnte ein Verfahren gegen einen inzwischen 100-jährigen mutmaßlichen Wachmann des KZ Sachsenhausen führen. Ihm wird in 3.300 Fällen zwischen 1943 und 1945 Beihilfe zum Mord vorgeworfen. Im Mai hatte das LG die Verfahrenseröffnung wegen angeblicher Verhandlungs-, Vernehmungs- und Reiseunfähigkeit abgelehnt. Wegen Mängeln an dem Sachverständigengutachten hat das Oberlandesgericht diese Entscheidung Anfang November aufgehoben.
Einschlägige »Forschung«
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat Mitte November entschieden, dass der VS im Freistaat die »Zeitgeschichtliche Forschungsstelle Ingolstadt« wieder unter dem Bereich »Rechtsextremismus« und Geschichtsrevisionismus erwähnen darf. Eine entsprechende Erwähnung im Bericht des Inlandsgeheimdienstes von 2019 war ein Jahr später vom Verwaltungsgericht München einkassiert worden.