Ausgabe September/Oktober 2022

4. September 2022

fertigte -Sophia Hirsch für antifa an. Sie ist als Illustratorin tätig und wohnt in Berlin. -Informationen unter sophia-hirsch.de sowie  instagram.com/hirsch.sophia_
Das Titelbild ist von Sophia Hirsch

Editorial

Dieser Sommer ist deprimierend – vor allem, weil wir uns auf den Herbst vorbereiten müssen. Während die einen ihre Warnungen vor einer rechten Vereinnahmung von Sozialprotesten so laut hinausschreien, dass AfD und Co. gar nicht anders können, als Großdemos gegen Energiepreiserhöhungen zu organisieren, beschwören andere die Notwendigkeit einer Querfront, um den Frechheiten des Kapitals zu begegnen (Beiträge Seiten 3 und 6). Im Herbst sollte es eigentlich auch eine »Friedensoffensive« geben. Warum es nicht dazu kommt, lesen wir im Beitrag von Florian Gutsche im Länderteil dieser Ausgabe.

Zu Rostock-Lichtenhagen haben wir in den letzten Ausgaben schon einiges geschrieben. Mit den Eindrücken vom Gedenken heimkehrend noch einige Worte: »Es gilt für uns alle, wachsam zu sein für haarfeine Risse im Zusammenleben, wehrhaft gegen die Feinde dieser Gesellschaft und friedfertig im Umgang miteinander und solidarisch mit den Bedrohten« – so mehrdeutig sagte es Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) beim offiziellen Gedenken 30 Jahre nach dem rassistischen Pogrom in Rostock. Dem wenig Glauben schenkend und Widerspruch auf den Lippen, versammelten sich am 27. August rund 5.000 Menschen in Rostock, um »dieser Gesellschaft« auf die Sprünge zu helfen, was zu tun wäre, wären diese Worte ernst gemeint: Solidarität nicht nur gegen Neonazigewalt, sondern Alltagssolidarität gegen Alltagsdiskriminierung zu organisieren. Nicht nur Anerkennung von Betroffenenperspektiven, sondern sich selbst zum »Handlanger« der Betroffenen zu machen. Das würde dann auch schonungslose Aufarbeitung von erlittenem Unrecht und Konsequenzen für die Verantwortlichen bedeuten. Und daraus ergibt sich auch die Frage nach angemessener Entschädigung – wenn schon eine Wiedergutmachung nicht möglich ist. Um dieser »Schande für unser Land« (auch Steinmeiers Worte) endlich Rechnung zu tragen, wäre es angemessen, nun diejenigen dazu zu überreden, die was aufzuarbeiten haben und sich größtenteils hinter ihren Gardinen verschanzten. Nils Becker

Zeitgeschehen
»Heißer Herbst«: Thesen zu unseren Aufgaben (Valentin Ulemann, Florian Gutsche)
Vier Morde im Namen der Sicherheit (Bündnis „Ihr seid keine Sicherheit“)
An den Ursprung: Demo in Güstrow (Nico Burmeister)
Zum Untersuchungsausschuss „Franco A.“ (Florian Ritter)
Sozialproteste? Ja, bitte, aber ohn AfD (Irmgard Wurdack)
Bundeswehrserie „Semper Tailis“ (Jan Hansen)
„Neue Stärke“-Partei (Tanja Berger)
Die Anti-Gender-Lobby (Janka Kluge)
Aktuelle Meldungen
Komandantenvilla KZ Sachsenburg: Erinnerung entsorgen? (Hannah Geiger)
Online-Veranstaltung zu Faschismus: Die Gefahr einer Bewegung (Axel Holz)
Studentisch Bildung: Bastion der Kritik (Sebastian Zachrau)

Archiv-Fundstück
Adenauer und die VVN (Bernt Kant)

Nachruf
Der tschechisch-jüdische Auschwitzüberlebende Felix Kolmer ist tot (Karl Forster)

Spezial „Rechte Landnahmen“
Die Thüringer Turonen (Andreas Siegmund-Schultze)
Esoterische Familienlandsitze (Arbeitskreis Anastasia)

Portrait
Entwicklungsbegleiter der DDR: Jürgen Kuczynski (Kristin Caspary)

Internationales
Die Kunstsammlung des Dokuarchivs des österreichischen Widerstandes (Gerald Netzl)
Rechte Wahlbündnisse in Frankfreich und Italien (Cornelia Hildebrandt)

Geschichte
Der Weg ins Dritte Reich (1/5): Republik demontiert (Ulrich Schneider)
Das Dulag in Duderstadt (Hans-Georg Schwedhelm)
Eskalation der Schoa: Aktion Reinhardt (Janka Kluge)

Kultur
Antisemitismus in Indonesien (Blake Smith)
Film „Der Passfäscher“: Versteckspiel im NS (Lucas Kannenberg und Emma Sammet)
Blinde im Nationalsozialismus (Trudi Kindl)
„Die Rache der Verlierer“ – Organisation Consul
Wie Bonn versuchte das Holocaustmemorial in Washington zu verhindern (Harry Friebel)
Biografie über Kurt Hirsch (Yves Müller)
Peter Bierl sucht nach Unmenschlichkeit im »linken« Spektrum (Claude Lampe)
Graphic Novel: »Rufe aus der Vergangenheit« (Peps Gutsche)
Eine Ausstellung zum Schweigen, Reden und Zuhören von jüdischen Holocaustüberlebenden (Maxi Schneider)