Höchstleistung gefordert

geschrieben von Das Gespräch führte Regina Girod

5. September 2013

Gespräch mit Thomas Willms über die NPD-Verbotskampagne

Mai-Juni 2007

Die Kampagne der VVN-BdA für ein neues Verbotsverfahren gegen die NPD wird von der Bundesgeschäftsstelle aus gesteuert. Was bedeutet das für euch?

Zunächst einmal unendlich viel Arbeit. Mit unseren zweieinhalb Mitarbeitern und einer wechselnden Zahl Freiwilliger aus Berlin bearbeiten wir jeden Tag Berge von Materialbestellungen, kontrollieren und zählen Unterschriften, versenden Pakete und beantworten Mails und Anrufe. Eigentlich wäre dafür ein viel größerer Apparat nötig. Die Website der Kampagne hat sich als Motor erwiesen, der auch jetzt, nach drei Monaten, immer noch an Fahrt gewinnt. Das Problem ist, dass unsere eigentliche Arbeit auch nicht liegen bleiben darf, normalerweise sind wir mit der bereits gut ausgelastet.

Welche Reaktionen gibt es auf die Kampagne?

Die meisten Rückmeldungen erhalten wir per Internet, zusammen mit den Bestellungen. Dadurch haben wir erfahren, wer eigentlich unsere »Multiplikatoren« sind. Und da gibt es schon Überraschungen. Gut drei Viertel derer, die mit uns Kontakt aufnehmen, sind nicht Mitglieder der VVN-BdA, etwa die Hälfte ist politisch gar nicht organisiert. Viele reagieren ganz spontan, so nach dem Motto: »Prima, dass ich jetzt auch einmal etwas gegen die NPD machen kann!« Besonders froh sind wir über die große Anzahl Schüler, die sich bei uns melden. Für viele von ihnen scheint unser Angebot eine Art Einstieg in eigenes politisches Engagement zu sein. Die positiven Rückmeldungen, das Gefühl, mit der Kampagne ein politisches Bedürfnis getroffen zu haben, stärkt unsere Motivation, weiter gegen die Arbeitsflut anzukämpfen. Es gibt auch Reaktionen von Nazis, aber im Vergleich zu den anderen eher vereinzelt.

Wird die Kampagne über die Erstunterzeichner hinaus von politischen Parteien und anderen Organisationen, etwa Gewerkschaften, unterstützt?

Ja, auch hier gibt es ermutigende Reaktionen. Von den Parteien unterstützen uns in unterschiedlicher Form die DKP, die Linkspartei, die WASG, SPD und Grüne, sowie die MLPD. Besonders aktiv sind Jugendverbände, wie die SDAJ, die Falken, Solid und eine ganze Reihe von Antifagruppen. Bei den Gewerkschaften kommen Reaktionen vor allem von NGG, verdi, der GEW und der IG-Metall. Wir hoffen, dass sich auch noch andere Gewerkschaften beteiligen werden. Von den christlichen Kirchen unterstützen uns bisher vor allem katholische Kreise. Aber es machen auch viele Künstler mit, schon mehrfach bekamen wir Unterschriftenlisten von Konzerten, bei denen die Bands von der Bühne aus zum Unterschreiben aufgerufen hatten.

Lassen die Reaktionen der politischen Parteien schon erkennen, ob sie sich für ein neues Verbotsverfahren aussprechen werden?

Zum Teil ist da schon etwas zu erkennen. Bei der Linkspartei, ist unser Anliegen sofort von der Basis aufgegriffen worden, ich würde sagen, ihre Basisgruppen gehörten zu den ersten, die sofort mit dem Sammeln begonnen haben. Die Verlautbarungen von Vorständen und Fraktionen sind dagegen uneinheitlich. Bis hin zu Beschlüssen, unsere Kampagne nicht zu unterstützen, etwa in Sachsen-Anhalt. Die deutlichsten Signale, sich als Partei für ein neues Verbotsverfahren stark zu machen, kommen im Moment von der SPD. Der Berliner Innensenator Erhard Körting, der zur Zeit die Innenministerkonferenz der Länder leitet, spricht sich nicht nur ausdrücklich für ein Verbot der NPD aus. Er hat auch in Berlin eine Haupthürde für ein neues Verbotsverfahren beseitigt, indem er die V-Leute des Verfassungsschutzes abschalten ließ. Zu diesem Thema hat die Linksfraktion im Bundestag übrigens einen Antrag eingebracht. Es gibt also Hoffnung. Bei den Grünen sind die Meinungen geteilt, von CDU/CSU und FDP haben wir noch nichts gehört.

Wie soll es in nächster Zeit mit der Kampagne weitergehen?

Bis zum Sommer werden wir unser Anliegen auf zwei großen bundesweiten Veranstaltungen bekannt machen. Das ist zum einen der evangelische Kirchentag, bei dem sich die VVN-BdA traditionell präsentiert. Und zum anderen werden wir mit mehr Vertretern als sonst das Pressefest der UZ nutzen, mit potentiellen Multiplikatoren ins Gespräch zu kommen.