»Rechte« Musik?

geschrieben von Uwe Hiksch

5. September 2013

Nicht nur Skinheadbands bestimmen inzwischen das Bild

Sept.-Okt. 2007

Neurechte Musik ist heute in vielen Musikgenres anschlussfähig geworden. Nicht mehr grölende Nazi-Bands der Skinhead-Szene bestimmen die Musik der rechtsgerichteten Musikhörerinnen und Musikhörer, sonder eine breite, über viele Musik-Genres reichende, ausdifferenzierte Musik. Die Themenvielfalt reicht dabei von heidnischen und esoterischen Themen bis zur musikalischen und ästhetischen Umsetzung der Theorien der »Konservativen Revolution«.

Der Einfluss der Neuen Rechten auf die verschiedenen Musikstile ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Es gibt heute fast keine musikalische Strömung mehr in der sich nicht auch neurechte oder rechts orientierte Bands und Themenspektren finden. Die unterschiedliche Ausprägung in den verschiedenen Musikkulturen ist dabei vor allem auch von den unterschiedlichen kulturellen Ausdrucksformen der Musikrichtungen abhängig.

So finden sich in Musikrichtungen wie Death-Metal, Techno, Rock, Reggae, Ska, Electronic, Pagan/Ritual oder Neofolk rechte Ausläufer, die mehr oder weniger wahrnehmbar oder dominant sind. In den nächsten Ausgaben wollen wir uns diesen verschiedenen Musik-Stilen nähern und den Einfluss von neurechten Bands und Mitgliedern untersuchen.

Die Schwarze Szene erscheint für Außenstehende exotisch und befremdlich. Weiß geschminkte Gesichter, aufwendig frisierte Haare, schwarze Gewänder, Lack und Leder aber auch Military-Look bestimmen heute die modische Ausrichtung dieser Szene. Inhaltlich ist ein wichtiges Bindeglied eine kritische Reflexion auf die moderne Gesellschaft. Die Schwarze Szene greift menschliche Vergänglichkeit durch eine Inszenierung von Untergangs- und Todessehnsüchten auf. Zentral ist die Auseinandersetzung mit dem Sinn des Lebens. Irrationale und übersinnliche Themen wie Magie, Mystik und Naturreligionen, aber auch Mittelalter, Romantik, Krieg, Zerstörung und Leid werden in unterschiedlichen musikalischen und künstlerischen Formen aufgegriffen und umgesetzt.

Die Schwarze Szene ist eine heterogene, weit ausdifferenziert Szene. Von Anfang an war sie aber auch ein Anlaufpunkt für rechte Bands und Mitglieder der Neuen Rechten. So treten beim größten Szene-Event dem Wave-Gotik-Treffen in Leipzig regelmäßig Bands aus dem rechten Szene-Spektrum auf. Bands wie Kirlian Camera (2006), Sol Invictus (2005), Sonne Hagal (2005), Scivias(2004), Deutsch Nepal (2004)oder Camerata Mediolanense (2002) sind einige Beispiele für die Verzahnung von neurechter Musik und normaler Szene. Die Musiker und Bands der rechten Dark-Wave-Szene greifen vor allem die Themen der Konservativen Revolution und des italienischen Faschismus auf. Gerade im Neofolk, Industrial oder EBM (Electronic Body Musik) werden Texte von Theoretikern der Konservativen Revolution wie Oswald Spengler, Arthur Moeller van den Brück, Ernst Niekisch und Ludwig Klages künstlerisch verarbeitet. Auch Ernst Jüngers Schriften wie »In Stahlgewittern (1920) oder »Der Arbeiter« (1932) bildeten Ansatzpunkte für eine ästhetische Umsetzung in diesen Musikrichtungen. Martialische Bilder und Töne und das bewusste Aufgreifen faschistischer Ästhetik bilden den künstlerischen Rahmen für die Umsetzung einer Kritik an der Moderne. Auf der CD »Riefenstahl«, in Anlehnung an Leni Riefenstahl, finden sich dann Bands wie »Turbund Sturmwerk«, »Von Thronstahl«, »Allerseelen« oder »Death in June«.

Ein wichtiger Ideengeber für die Musik der Neuen Rechten ist Julius Evola. Seine Angriffe gegen die Moderne werden als eine Art ideologischer Steinbruch genutzt. Besonders seine Schreckensbilder der Moderne, gemischt mit einer religiös-okkulten Mischung aus Befreiung und Erlösung durch eine neue Herrenrasse werden Ansatzpunkte künstlerischer Verarbeitung in dieser Szene.

Innerhalb der Schwarzen Szene sind die rechten Tendenzen und Ausläufer hinlänglich bekannt. Jedoch fehlt in der Szene eine deutliche Abgrenzung von diesen Strömungen. Die »Gruftis gegen Rechts« haben in der Vergangenheit wichtige Aufklärungsarbeit innerhalb der Szene geleistet. Durch die deutliche Reduzierung ihrer Aktivitäten ist diese rückläufig. Unter dem vermeintlichen Deckmantel von Toleranz können sich Strömungen der avantgardistischen Rechten ausbreiten und frei bewegen. Hier liegt für Antifaschistinnen und Antifaschisten eine wichtige Aufklärungsfunktion.