Rechte Tendenzen in Europa

geschrieben von Ulrich Schneider

5. September 2013

Konferenz über Trends und Gegenstrategien

Juli-Aug. 2008

Britta Schellenberg stellte ein Projekt der Bertelsmann-Stiftung: »Strategien gegen Rechtsextremismus in Europa« vor, das am Beispiel von zehn (west-)europäischen Ländern Empfehlungen zur Politikgestaltung geben will. Man konnte jedoch den Eindruck gewinnen, dass hier Akademiker aus einer Elfenbeinturm-Perspektive die Welt »betrachten«. Erfahrungen antifaschistischer Arbeit sind bislang noch nicht in diese Studie eingeflossen.

Zu dieser Problematik führte die Fraktion der sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien (PSE) im Europäischen Parlament Mitte Mai in Dresden eine Arbeitskonferenz mit Teilnehmern aus Sachsen und verschiedenen europäischen Ländern durch. Unter den etwa 150 Beteiligten waren SPD-Abgeordnete der verschiedenen Parlamente, Vertreter staatlicher und gesellschaftlicher Einrichtungen, die aus dem »Equal-Programm« und dem Programm »weltoffenes Sachsen« gefördert werden. Antifa-Strukturen waren nicht erkennbar präsent. Zu den anwesenden internationalen Organisationen gehörten verschiedene nationale Akteure des Netzwerks UNITED.

Die Eröffnungsrede hielt Martin Schulz (Fraktionsvorsitzender der PSE), der vehement mit Neofaschismus und zunehmendem Rechts-Populismus in Europa abrechnete. Seine Botschaft: Man müsse sich mit neofaschistischen Tendenzen »massiv auseinandersetzen« und dürfe sich nicht mit der Alltagsrealität der Neonazis abfinden. An verschiedenen Beispielen erläuterte er die Präsenz und Propaganda der extremen Rechten bis hinein in das europäische Parlament.

Als politische Konsequenz forderte er, dass Antifaschisten vor Ort politische und materielle Solidarität erhalten. Die SPD müsse mit einer Politik der Verteilungsgerechtigkeit Menschen Angst vor sozialem Absturz nehmen. Es müsse aber auch klar sein: Angst legitimiere niemals Hetzjagden auf andere Menschen oder Auschwitz-Leugnung.

Martin Dulig, Vorsitzender der SPD-Fraktion in Sachsen, beklagte, dass Neofaschismus längst in der Mitte der sächsischen Gesellschaft angekommen sei. Rechtsextremismus beschränke sich nicht auf die NPD, Rassismus und »Jagd auf Ausländer« gebe es auch ohne NPD. Er sprach von einer Faschisierung der ostdeutschen Provinz, deren zivilgesellschaftliche Struktur nur unzureichend entwickelt sei und in der der Staat sein Gewaltmonopol nur bedingt ausfülle. Positiv sei zu vermerken, dass Antifaschisten nicht mehr als »linksradikale Schmuddelkinder« betrachtet werden. Nicht die NPD im Landtag sei das Problem, Problem sei die Verankerung der NPD in der kommunalen gesellschaftlichen Wirklichkeit (Vereine etc.). Damit seien extrem rechte Politik und Ideologie zur Normalität geworden.

Den positiven Gegenpol lieferte Geert Ates. Er berichtete über die Arbeit von UNITED-Antirassistische Netzwerkarbeit in Europa. Ziel dieses Netzwerkes ist es, Nicht-Regierungs-Organisationen im Kampf gegen Rassismus, Neofaschismus und Nationalismus sowie bei ihrer Hilfe für Flüchtlinge zu unterstützen und durch Informationsaustausch und transnationale Kampagnen die politische Arbeit in den verschiedenen Ländern zu unterstützen. Zur Vorbereitung der Europawahlen 2009 ist gemeinsam mit der Zeitschrift Searchlight ein Monitoring rechtspopulistischer Parteien geplant.

In den Arbeitsforen kamen auch die internationalen Teilnehmer zu Wort. Spannend wurde es dort, wo grenzüberschreitende Kooperationen sichtbar wurden, wie beim Kulturbüro Sachsen, und einer tschechischen Organisation für Toleranz und Zivilgesellschaft.