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geschrieben von Hans Coppi

5. September 2013

Zum Gedenken an die Mitglieder der »Rote Kapelle«

Jan.-Feb. 2008

Im Herbst 1942 Mitte August 1942 hatte das für »Sabotageabwehr und Sabotagebekämpfung« zuständige Referat IV A 2 der Gestapozentrale vom Funkentzifferungsdienst einen entschlüsselten Funkspruch erhalten. Darin war im Spätsommer 1941 aus Moskau ein Gewährsmann des sowjetischen Nachrichtendienstes in Brüssel aufgefordert worden, sich nach Berlin zu begeben und Harro Schulze-Boysen sowie Adam Kuckhoff aufzusuchen. Deren Adressen und Telefonnummern waren angegeben. Das Reichssicherheitshauptamt setzte für die Ermittlungen eine Sonderkommission ein, weil sie vermutete, dass die in dem Funkspruch genannten Personen zu einem westeuropäischen Netz des sowjetischen Nachrichtendienstes gehörten. Zu dem Oberleutnant Schulze-Boysen aus dem Luftfahrtministerium existierten in der Zentralkartei bereits Hinweise auf seine nazikritische Haltung. Die einsetzenden Beobachtungen ergaben, dass Schulze-Boysen einen großen Freundeskreis hatte und er sich an einem Sonntag im Tiergarten mit Dr. Arvid Harnack, einem Oberregierungsrat aus dem Reichswirtschaftsministerium, traf. Als die Gestapo entdeckte, dass zu seinen Freunden auch Horst Heilmann, ein Mitarbeiter des Funkentzifferungsdienstes des Oberkommandos des Heeres, gehörte, wurde Harro Schulze-Boysen am 31. August in die Eingangshalle des Luftfahrtministeriums gerufen und dort verhaftet. Mein Vater schien von der Verhaftung erfahren zu haben. Das in einem Koffer verpackte Funkgerät, mit dem er vergeblich versucht hatte, eine Funkbrücke nach Moskau aufzubauen, brachte er zu einem Freund und bat ihn, diesen Koffer für ihn aufzubewahren, da er für den 10. September eine Einberufung zur Wehrmacht erhalten habe. Mein Vater schien nicht besonders beunruhigt gewesen sein.

Am frühen Morgen des 12. September 1942, es war ein Sonnabend, fuhren aus der Tegeler Seidelstraße kommend zwei schwarze Limousinen in den ersten Weg der Kleingartenkolonie »Am Waldessaum« und hielten an der Parzelle Nr. 113. Männer in Ledermänteln stiegen aus den Autos, sahen kurz auf das Namensschild, öffneten das Tor und drängten, ohne anzuklopfen in die erste Tür einer der drei Lauben auf dem Grundstück. Die Fremden stürmten in das Zimmer. Sie wollten wissen, ob er Coppi sei. Ja er sei Robert Coppi. Die Männer zeigten ihre Gestapo-Ausweise und fragten, wo Hans Coppi sei. Sein jüngster Sohn Hans wohne in der nächsten Laube, erklärte Coppi, sei aber vor zwei Tagen zur Wehrmacht eingezogen worden. Die Männer eilten auf das wenige Meter entfernte Häuschen zu. Aufgeweckt durch den Lärm stand bereits meine Mutter in der Tür. Sie wurde gefragt: Wo ist Ihr Mann? Sie holte einen Zettel mit der aktuellen Adresse: Infanterie-Ersatzbataillon 479 Schrimm bei Posen. Sofort verließ einer der Beamten das Haus, setzte sich in den Wagen und befahl dem Fahrer: Nach Posen. Die anderen Gestapobeamten begannen mit der Durchsuchung der Wohnungen und verhafteten Frieda und Robert Coppi, die Eltern, Hilde Coppi, den später eintreffenden sieben Jahre älteren Bruder Kurt und Hedwig Raasch, die in der Frankfurter Allee wohnende Mutter von Hilde. Nach einer erkennungsdienstlichen fotografischen Behandlung wurden sie in das Polizeipräsidium am Alexanderplatz eingeliefert. Nach zwei Wochen kamen bis auf Hilde Coppi alle mit der Auflassung, nichts über die Verhaftung verlauten zu lassen, wieder frei.

Mein Vater wurde in Schrimm verhaftet und in die Prinz-Albrecht-Straße 8, die Gestapozentrale, gebracht. Bis zu seiner Überstellung in die Todeszelle des Gefängnisses Plötzensee am 22. Dezember 1942 verblieb er im Hausgefängnis der Gestapozentrale. Sofort begannen eingehende, bald auch »verschärfte« Verhöre. Die Vernehmungsprotokolle sind nicht erhalten, aber einige Briefe.