Dramen des Widerstands

geschrieben von Reinhard Strecker

14. März 2014

Günther Weisenborns Werke gegen das Vergessen

 

Günther Weisenborn und seine Frau Joy waren in der Gruppe Schulze-Boysen/Harnack aktiv und wurden mit vielen anderen am 26. September 1942 frühmorgens um 5 Uhr verhaftet. Viele ihrer Mitverschworenen wurden bald darauf von einer willfährigen Justiz ermordet.

Obwohl auch schon dem Schafott bestimmt, blieb Weisenborn im Zuchthaus Luckau am Leben. Bei seiner Befreiung durch die sowjetische Armee wurde er dienstverpflichtet als Bürgermeister für Luckau und Umgebung. Erst danach konnte er nach Berlin zurück und seine Frau suchen.

Die Alliierten hatten den großdeutschen Wahnsinn unter beträchtlichen Verlusten allein niederringen müssen und waren an Berichten über irgendwelchen Widerstand gegen die Nazis in Deutschland selbst nicht interessiert. Gegen dieses aktive Desinteresse der Alliierten und um Deutschland vom Widerstand zu berichten und an seine ermordeten Freunde zu erinnern, schrieb Günther Weisenborn sein erstes Drama: »Die Illegalen«. Die Uraufführung fand am 21. März 1946 am Hebbeltheater in Berlin statt. Lange Zeit war es das meistgespielte Stück auf deutschen Bühnen, später kam Zuckmayers »Des Teufels General« dazu. Ricarda Huch hatte im selben Jahr einen Aufruf in der Presse veröffentlicht, ihr Berichte über den Widerstand zu schicken und war ob der Menge des Materials erschrocken. Das könne sie nicht mehr bearbeiten, sagte sie als Präsidentin des 1. Deutschen Schriftstellerkongresses zu Günther Weisenborn, dafür habe sie nicht mehr die Kraft. Wenige Wochen später starb sie und Weisenborn brachte 1953 bei Rowohlt das Buch »Der lautlose Aufstand« heraus, ein Werk über den gesamten deutschen Widerstand, nicht nur über den des eigenen politischen Lagers, wie es üblich geworden war, in Ost und West.

Weisenborn blieb der Chronist des deutschen Widerstands in seiner ganzen Breite und damit un-zeitgemäß in einer Zeit, in der Adenauer glaubte, bei den Deutschen zu punkten und Wahlstimmen zu gewinnen, wenn er Brandt als den »Herrn Frahm« zu verleumden versuchte. Und Strauß fragte öffentlich, was Brandt denn wohl zwölf Jahre da draußen getan habe. Und fügte unfreiwillig entlarvend hinzu: »Wir wissen, was wir zwölf Jahre hier drinnen getan haben.«

Günther Weisenborn verfasste das Drama »Walküre – 44« über den 20. Juli, aber Piscator, der es aufführen wollte, starb. Doch angesichts der Vorwürfe von wiederbeamteten Alt-Nazis, er habe die Spionage der Roten Kapelle zugunsten der Sowjetunion verschwiegen, war es ihm wichtig, nachzuweisen, wie sie ebenso versucht hätten, Seeleute von westlichen Transportdampfern mit Hilfslieferungen auf der Murmansk-Route zu retten.

Doch Weisenborn starb Ende März 1969, so konnte Augsteins Haus-Nazi Heinz Höhne erst im »Spiegel« eine zehnteilige Serie über die Rote Kapelle herausbringen, aus der eine ARD Serie wurde, und dann 1970 bei Fischer in Frankfurt/Main sein Buch: »Kennwort Direktor – Die Geschichte der Roten Kapelle«, das 1972 dann als Fischer-Taschenbuch erschien.

Hans-Peter Rüsing, einem Nachgeborenen, ist zu danken, dass er nunmehr Weisenborn wieder das Wort gibt, der als erster in Deutschland vom Widerstand berichtete, als nur eine beteiligte und betroffene Minderheit etwas davon wusste, und der als Chronist des deutschen Widerstands die Ehre der Widerstandskämpfer als deutsche Patrioten in drei Dramen verteidigt hat.