»Identitäre« stechen in See

geschrieben von Janka Kluge

30. September 2017

Und bekommen reichlich Unterstützung

Mit großem medialem Aufwand haben »Identitäre« aus mehreren Ländern eine Aktion gestartet, um Flüchtlingsorganisationen an der Rettung von Schiffbrüchigen im Mittelmeer zu hindern. Die von ihnen gegründete Organisation »Defend Europe« sammelte innerhalb kurzer Zeit fast zweihunderttausend Euro. Zuerst wurde dazu die Internetbezahlseite Paypal genutzt. Am 14. Juni sperrte der Bezahldienst das Konto, worauf die »Identitären« auf eine amerikanische Plattform ausgewichen. Die Plattform »WeSearchr.com« steht der sogenannten Alt-Right-Bewegung nahe. Die Sammlung ist von mehr als 3000 Menschen unterstützt worden, die für »Defend Europe« Geld gespendet haben.

Das »Alt« ist die Abkürzung von »Alternativ«. Sie will, ähnlich wie die »Neue Rechte« in Europa, die alten faschistischen und neonazistischen Themen modernisieren, um dadurch mehr Menschen anzusprechen. Die »Alt-Right« Bewegung ist seit der Wahl von Donald Trump stärker in den Blick gerückt. Trump hatte gezielt die Unterstützung der Rechten gesucht. Sein wichtigster Berater war bis Mitte August Steve Bannon. Bannon war bis zu seinem Umzug ins Weiße Haus Chefradakteur der Internetseite Breitbart News. Inzwischen hat er die Chefredaktion wieder übernommen. Auf Breitbart wurde eine regelrechte Kampagne zur Unterstützung von »Defend Europe« gestartet. Die Londoner Redaktion veröffentlichte ein langes Interview mit Martin Sellner, einer der bekanntesten Personen der »Identitären« Bewegung aus Österreich. Dieses Interview zeigte deutlich, wie vernetzt die Rechten inzwischen sind. Sellner gab an, dass die von australischen Rechten durchgeführte Aktion »No Way« Vorbild für »Defend Europe« war. Um diese Aktion auch in den USA bekannt zu machen, ist ein kurzes Video über »No Way« in das Interview eingebettet.

Die Aktion der europäischen »Identitären« wird in den USA nicht nur von der »Alt-Right«-Bewegung unterstützt. Auch von David Duke, einem früheren Anführer des Ku-Klux-Klan, gab es lobende Erwähnung. Auf Twitter rief er zu Spenden für »Defend Europe« auf. Es ist sehr wahrscheinlich, dass Duke die »Identitären« aus Österreich näher kennt. Er hat einen Zweitwohnsitz in Salzburg und reist regelmäßig mit einem Touristenvisum nach Österreich. Die Schweiz hat bereits 2007 gegen Duke ein Einreiseverbot für den Schengen-Raum verhängt. Obwohl er deshalb auch nicht nach Deutschland reisen darf, wurde er 2011 in Köln festgenommen. Er war auf dem Weg zu einem Treffen von Neonazis.

Aus Kanada reiste Lauren Southern auf der »C-Star« mit. Wie Brittany Pettibone filmte sie die Aktionen der »Identitären« auf dem Meer und veröffentlichte auf Youtube Filme davon.

In Deutschland haben neben den »Identitären« verschiedene Internetseiten für die Aktion geworben. Die bekannteste davon ist Compact. Sie hat gleich zwei Autoren vor Ort. Der eine, Marc Dassen, ist auf dem Schiff mitgereist. In seinem täglichen Blog finden sich Sätze wie: »Wurden die tapferen Seemänner der Identitären Bewegung festgenommen? Wurde ihr Schiff beschlagnahmt?« Simon Kaupert wartet derweil im sizilianischen Catania und berichtet unter der Überschrift »Undercover im NGO-Hafen«: »Um das Ausmaß der von den NGOs unterstützten Völkerwanderung über das Mittelmeer wirklich zu verstehen, muss man das mit seinen eigenen Augen gesehen haben: Ein komplettes Schiff beladen mit – ausschließlich männlichen – Afrikanern, die für ein paar hundert Euro und glänzende Smartphones alles hinter sich gelassen haben.«

Wie erfinderisch die »Identitären« bei der Geldbeschaffung sind, beweist auch, dass sie Plätze verkauft haben. Als die »C-Star« in See stach, waren neben der eigentlichen Crew 20 Tamilen an Bord, um ein »Training« zu absolvieren. Nach Angaben des Kapitäns sollten sie dann von Malta aus wieder nach Hause fliegen. Unangenehm für die selbsternannten Verteidiger Europas, dass ein Teil von ihnen gar nicht die Absicht hatte, wieder heimzureisen, sondern in Malta Asyl beantragte. Damit geriet die rechtsextreme Bewegung in den Verdacht der bezahlten Schlepperei und der Kapitän wurde deshalb auch für einen Tag in Malta inhaftiert.

Nachdem die Aktion am 17. August beendet wurde, versuchten die Rechtsextremen, verschiedene Häfen anzufahren. Weder Malta, noch Griechenland, Italien oder Tunesien wollten sie aufnehmen. Ein Regierungssprecher aus Malta erklärte gegenüber der Presse: »Wir möchten keine Verbindung zu diesem Schiff und wir hätten es nicht an unsere Küsten fahren lassen, weil wir mit allem, für das es steht, nicht übereinstimmen.«

Die »Identitären« und ihre Freunde werden die Aktion »Defend Europe« trotzdem als Erfolg verbuchen. Ein bisschen haben sie sogar Recht. Als sie ihr Unwesen im Mittelmeer trieben, verkündete die Regierung Lybiens, dass sie die Seegrenze ausweiten werde und Italien versuchte, die Hilfsorganisationen mit ihren Schiffen unter polizeiliche Aufsicht zu stellen und untersagte ihnen, weiter schiffbrüchige Menschen aufzunehmen.