Kein Frieden in Jerusalem

geschrieben von Heinrich Fink

8. Februar 2018

Erinnerung an 70 Jahre Nakba

Der württembergische »Verein zur Unterstützung palästinensischer Kinder« hat bereits vor zehn Jahren zum Kennenlernen der Situation des palästinensischen Volkes eine Wanderausstellung gestaltet, in der die Flucht und Vertreibung der Palästinenser gezeigt wird, die 1948 mit der Gründung des Staates Israel begann. Sie erschien wie eine Widergeburt nach zweitausendjährigem Exil der Juden. Für die Palästinenser aber wurde sie zu einer Zeit der Verfolgung, sie wurden Flüchtlinge im eigenen Land. Um den durch Hitlerdeutschland verfolgten Juden in Palästina eine Heimat zu geben, wurde dort neues Unrecht geschaffen. Dies war eine Katastrophe, die die Palästinenser mit dem arabischen Begriff »Nakba« bezeichnen. Mit seiner Ausstellung wollte der Verein zum Frieden durch Aufklärung der Geschichte im Nahen Osten beitragen. Kurz und bündig werden von den Autoren die Wurzeln des Palästinaproblems aufgezeigt.

England wurde nach dem 1. Weltkrieg Mandatsmacht für Palästina. Das englische Mandat wurde am 24. 7. 1922 vom Rat des Völkerbundes verfassungsmäßig zementiert. Im Vorwort wurde England für die Verwirklichung der Deklaration verantwortlich gemacht.

In Artikel 2 heißt es: »Der Mandator soll die Errichtung einer jüdisch-nationalen Heimstätte sichern«« und im Artikel 6: »Die Verwaltung in Palästina soll die Einwanderung erleichtern«.

Der Zionismus, dessen Schöpfer der österreichisch-ungarische Jude Theodor Herzl war, fand bei den osteuropäischen Juden besondere Zustimmung. Zwischen 1892 und 1920 wanderten etwa 60.000 Juden aus Russland, Tschechien und Polen nach Palästina aus. Mit der »Balfour-Deklaration« sicherte die Regierung Großbritanniens ihnen vor 100 Jahren ein Ansiedlungsgebiet zu. Mit der Schaffung einer, wie sie es nannten, »jüdisch-nationalen Heimstätte in Palästina« verfolgten die Briten aber ihr eigenes Interesse.

Die Balfour-Erklärung ist rechtlich, politisch und moralisch fragwürdig; denn hier versprach eine Nation einer anderen das Land einer dritten Nation.

Um dem Vernichtungsfeldzug des deutschen Faschismus zu entgehen, flüchteten in den Jahren des 2. Weltkrieges viele europäische Juden nach Palästina. In fünf Einwanderungswellen versuchten Juden, wie und wo auch immer sie konnten, der Verfolgung, Inhaftierung und Ermordung in Konzentrationslagern in den europäischen Staaten, die unter dem Einfluss deutscher Faschisten standen, zu entkommen.

Am 14. Mai 1948 endete das britische Mandat über Palästina. Am gleichen Nachmittag proklamierte Ben Gurion den Staat Israel. Damit ging ein jüdischer Traum in Erfüllung. Für die Araber aber ging der Tag als »Nakba« – Katastrophe – in die Geschichte ein.

Die Vereinten Nationen hatten für die Teilung Palästinas in einen arabischen und einen jüdischen Staat votiert. Dieser Plan sah einen föderativen Staat mit einer jüdischen und einer arabischen Verwaltung vor. Jerusalem sollte als gemeinsame Hauptstadt unter internationale Verwaltung gestellt werden.

In Palästina lebten damals 1,9 Millionen Menschen, zwei Drittel waren muslimische, christliche und drusische Palästinenser, ein Drittel waren Juden, die in den 40er Jahren und davor nach Palästina eingewandert waren. Der jüdische Staat sollte eine Gesamtfläche von ungefähr 50% betragen, der arabische Staat etwa 42%.

Der Kampf der Palästinenser um einen Teil Jerusalems als künftige Hauptstadt des Staates Palästina begann in dieser Zeit. Dieses Problem ist bis heute nicht gelöst. Der Status Jerusalems ist immer noch Grund für Auseinandersetzungen. Jerusalem ist nach wie vor die Stadt, die der Stein des Anstoßes für die israelisch-palästinensischen Auseinandersetzungen im Nahostkonflikt ist.

Die Stadt ist eine der ältesten Ansiedlungen überhaupt. In ihr leben die Angehörigen dreier Weltreligionen – Christentum, Judentum und Islam. Das war in der vieltausendjährigen Geschichte immer wieder Grund für Kämpfe und das Christentum spielte dabei eine besonders aggressive Rolle. Man denke nur an die blutige Eroberung im Jahre 1099 durch das christliche Kreuzfahrerheer.

Die augenblickliche Auseinandersetzung, die der amerikanische Präsident Trump in die Debatte um Israel gebracht hat, ist durch seine Forderung, Jerusalem als Hauptstadt für ganz Israel zu erklären und damit den palästinensischen Teil zu ignorieren, neu aufgebrochen. Diese Äußerung entstand vor dem Hintergrund der amerikanischen christlich-fundamentalistischen Kräfte. Die Wut darüber in den palästinensischen Gebieten findet weltweite Sympathie; denn durch Trumps Äußerung werden alle bisherigen Bemühungen, Frieden in diese Region zu bringen, zunichte gemacht.

Die Wanderausstellung »Nakba – Flucht und Vertreibung der Palästinenser 1946« ist eine wichtige historische Fundgrube. In den zehn Jahren ihrer Existenz wurde sie in vielen Städten gezeigt, oft begleitet von Anfeindungen und Auseinandersetzungen. Ihr systematischer Katalog hilft, die Geschichte der Gründung des Staates Israels zu verstehen und gibt Auskunft über die Situation in Palästina.

Die vom »Evangelischen Entwicklungsdienst« und der »Stiftung Entwicklungszusammenarbeit« des Landes Baden-Württemberg geförderte Wanderausstellung wurde im Frühjahr 2008 aus Anlass des 60. Jahrestages der Nakba vom Verein »Flüchtlingskinder im Libanon e.V.« erstellt.