Spanien 1936 bis 1939

5. September 2013

Gedanken zur Rolle der Komintern im Bürgerkrieg von Werner Abel

Juli-Aug. 2008

Dr. Werner Abel ist Mitglied im Verein Kämpfer und Freunde der Spanischen Republik 1936-1939 (KFSR), er arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Chemnitz.

Sein Beitrag ist die stark gekürzte Fassung eines Vortrages, den er beim letzten Sommertreffen der KFSR in Berlin gehalten hat. Das vollständige Manuskript steht auf der website des Vereins unter www. spanienkaempfer.de

Der Spanische Bürgerkrieg hatte viele faszinierende Facetten, zwei davon müssen besonders hervorgehoben werden. Es ist dies zum einen die Tatsache, dass der scheinbare Siegeszug des Faschismus und der Reaktion in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts durch spontane Aktionen und schließlich mit bewaffnetem Widerstand aufgehalten werden konnte, und dass zum anderen dieses Ereignis eine internationale Solidaritätsbewegung ins Leben rief, die dazu führte, dass aus vielen Ländern Menschen nach Spanien kamen, um die bedrohte Republik zu verteidigen. Es gibt wohl keinen Fall in der Geschichte, in dem wie in diesem internationale bewaffnete Formationen an der Seite eines Volkes für dessen Freiheit kämpften. Die Tatsache, dass diese bewaffneten Formationen letztlich unter der Kontrolle der Kommunistischen Internationale (KI) initiiert, aufgestellt und organisiert wurden, hätte zur eigentlichen Sternstunde der KI werden können. Die Komintern hatte in ihrer Geschichte bis dato kaum auf Ruhmesblätter verweisen können, ihre Rolle bei der Organisation der Internationalen Brigaden in Spanien muss allerdings als ebenso grandios wie auch als ambivalent eingeschätzt werden.

Analysiert man die Veröffentlichungen der KI vor 1936, dann entsteht der Eindruck, dass Spanien nicht unbedingt im Zentrum des Interesses dieser weltumspannenden Organisation stand. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass die KP Spaniens eine sehr kleine Partei war, die bereits mehrere Krisen durchlebt hatte. In einer Bestandsaufnahme der Kommunistischen Internationale wurde die KP Spaniens bis 1931 als »eine eigentümliche Föderation schwacher, weniger, miteinander schlecht verbundener und von den Arbeitermassen isolierter illegaler Propagandazirkel, die insgesamt nicht mehr als 700 bis 800 Mitglieder zählte«, bezeichnet.

Die Komintern hatte mehrere Berater nach Spanien geschickt, die in der folgenden Zeit wohl auch die Dimension dessen erkannten, was sich nach dem »spanischen Oktober« von 1934 und dem damit verbundenen Erstarken der Arbeiterbewegung entwickelte, und vor allem auch, wie sich die Situation in Spanien nach dem versuchten faschistischen Putsch vom 18. Juli 1936 grundlegend von der anderer Länder unterscheiden sollte, in denen der Faschismus auf keinen nennenswerten Widerstand gestoßen war. Spanien hatte dem gegenüber gezeigt, dass der faschistischen Bedrohung durchaus erfolgreicher Widerstand entgegen gesetzt werden konnte, und dass dieser Widerstand zunächst spontan, getragen von breiten Kreisen der Bevölkerung und den verschiedensten Organisationen und Parteien, gleichzeitig den Charakter einer sozialen Revolution annahm, die von manchen (z. B. Heleno Saña, Hans-Peter Dürr) in der Rückschau als weitestgehende soziale Revolution im 20. Jahrhundert eingeschätzt wird.

Aus dem Widerstand gegen den Putsch gegen die junge spanische Republik erwuchs ein Bürgerkrieg, der auch das Ende der Vorkriegszeit in Europa entscheiden sollte. In Spanien wurden die Weichen für einen neuen Krieg in Europa gestellt, auch weil die demokratischen Staaten durch ihre Neutralitätspolitik den faschistischen Hauptakteuren und Unterstützern der spanischen Putschisten die Gewissheit gaben, dass sie die nötige Durchsetzungskraft hätten, ihre künftigen Ziele zu verwirklichen und dass sie in gewisser Hinsicht dafür freie Hand hätten.

Spanien zeigte aber vor allem auch die Kraft der internationalen Solidarität, hauptsächlich einer Solidarität von unten, denn für viele Antifaschisten hatte es keiner besonderen Parteibeschlüsse und Kampagnen bedurft, sie hatten ihren Weg nach Spanien gesucht, weil ihnen das Schicksal der Republik am Herzen lag, weil sie ahnten, was der Triumph Francos und der mit ihm verbündeten faschistischen Regimes bedeutete, und weil sie in Spanien die Möglichkeit sahen, den Kampf mit der Waffe fortzusetzen, einen Kampf, der dort, wo der Faschismus gesiegt hatte, nicht mehr möglich war. Und so ließ Hemingway einen seiner Helden sagen: »Wenn wir hier siegen, siegen wir überall.« Die Männer und Frauen, die mit diesem Motiv und mit dieser Absicht nach Spanien gingen, haben ein Ruhmesblatt im Buch der Geschichte geschrieben, das auch durch die Tatsache, dass ihr Einsatz den Sieg Francos nicht verhindern konnte, und dass sie zum Spielball außenpolitischer Interessen wurden, nicht vergilben wird. Die Hauptarbeit für den Einsatz dieser Freiwilligen wurde von der Kommunistischen Internationale geleistet, doch viele von ihnen wären auch auf eigene Faust nach Spanien gekommen, um dort auf vielfältigste Art den Widerstand zu unterstützen und um jenen Prozess aufzuhalten, der mit der Machtübernahme des Faschismus in Italien und Deutschland begonnen hatte.

Leider wurden in den Tagebüchern Georgi Dimitroffs die Seiten für das 1. Halbjahr 1936 entfernt, so dass die erste Eintragung zu Spanien am 28.8.1936 zu finden ist, in der die Frage nach der Organisierung eines internationalen Korps thematisiert ist. Wann aber und in welcher Form das EKKI bzw. die Kommunistische Internationale zur Bildung international zusammengesetzter bewaffneter Einheiten zur Unterstützung der Spanischen Republik aufgerufen hatte, bleibt umstritten und ist z. Z. nicht mit Sicherheit und quellengestützt zu beantworten. Klar ist allerdings, dass sich das ZK der KPD schon am 7. August mit Spanien beschäftigte und an alle Antifaschisten appellierte, der bedrohten spanischen Republik zu Hilfe zu kommen. Ein weiterer Aufruf der KPD an die SPD, hinsichtlich Spaniens gemeinsam zu handeln, blieb seitens der Sozialdemokratie ohne Reaktion. Es ist aber höchst unwahrscheinlich, dass sich die KPD ohne Billigung und ohne Rückendeckung der Komintern und quasi im Alleingang in dieser für die Außenpolitik der Sowjetunion brisanten Frage engagiert haben kann.

Um die Rolle der Komintern im spanischen Bürgerkrieg zu verstehen, muss man sie selbst als historisch gewachsene Organisation in einer Zeit sehen, in der die Kampfbedingungen ständig wechselten. Der Historiker Mario Kessler verweist bei seiner Erklärung des Paradigmenwechsels der Aufgaben der Kommunistischen Internationale auf die von Franz Borkenau vorgenommene Periodisierung, in der dieser die Geschichte der KI in drei Phasen einteilt: Während der 1. Periode verstand sich die KI vornehmlich als Instrument, um die Weltrevolution herbei zu führen, in der 2. Periode wurde sie vornehmlich geprägt durch die russischen Fraktionskämpfe und deren Auswirkungen auf die nationalen kommunistischen Parteien und in der 3. Periode war sie hauptsächlich ein Instrument der sowjetischen Außenpolitik.

Im Juli 1935 veröffentlichte das Exekutivkomitee der Kommunistischen Internationale (EKKI) einen Sammelband unter dem Titel »Die Kommunistische Internationale vor dem VII. Weltkongress«. Im Abschnitt »Spanien« wird eindeutig betont, dass nur durch die Hilfe des EKKI die spanische KP auf einen erfolgreichen Weg geführt werden konnte. Festgestellt wurde, dass mit der Ausrufung der Republik (im April 1931) »der republikanische Umsturz nicht der Schlussakt der revolutionären Krise, sondern der Beginn ihrer Umwandlung in eine anhaltende, tiefgehende und akute Revolution sein werde«, das herrschende Regime wurde als bürgerlich-gutsherrlich charakterisiert, als ein Regime, das darauf aus sei, eine Konterrevolution durchzuführen. Es lohnt sich bei diesem Dokument auf die Programmatik (1935!) und die Terminologie zu achten: »Die spanische Revolution entwickelt sich als wahre Arbeiter- und Bauernrevolution. Jetzt, nach dem Oktober 1934, nach den Erfahrungen des heldenmütigen Kampfes des Proletariats in Asturien, ist die Notwendigkeit der Schaffung der Sowjetmacht der Arbeiter und Bauern bedeutenden Schichten der revolutionären Massen viel klarer geworden.«

In diesem Artikel taucht der Terminus »Volksfront« nicht auf, im Zentrum steht deutlich der Gedanke der Einheitsfront, die aber, und das wird unmissverständlich betont, nur unter der Hegemonie der Kommunistischen Partei erfolgreich sein könne. Das wird dann auch deutlich bei dem Eintritt der Kommunistischen Partei in das Bündnis der Linken, die Arbeiterallianz, indem die KP festlegte, dort die Plattform der Sowjetmacht zu vertreten, was bedeutete, die Allianzen in Massenorganisationen ähnlich den Sowjets umzuwandeln. Interessant sind hier unter dem Aspekt der späteren Ereignisse die Punkte 1 bis 3:

– Beschlagnahme der Länderein der Gutsbesitzer und der Kirche und ihre Aufteilung auf die Bauern und Landarbeiter

– Bewaffnung der Arbeiter und Bauern

– Kontrolle über Produktion und Banken.

Am interessantesten aber ist das Kapitel über den Zustand der KP Spaniens, in dem zum Ausdruck kommt, dass nur die Interventionen des EKKI und dass vor allem nach dem VI. Weltkongress der Kommunistischen Internationale die KP Spaniens aus der politischen Passivität und der organisatorischen Schwäche geführt werden konnte. Hervorgehoben wurde vor allem, und das sollte auch einen Vorgeschmack auf künftige Auseinandersetzungen geben, dass es gelungen sei, die Trotzkisten und Trotzki zu isolieren, der der KP »seine konterrevolutionäre Politik im Interesse der bürgerlich-gutsherrlichen Klasse habe aufzwingen wollen«, und dass es weiterhin notwendig sei, die kleinbürgerliche Gruppe Maurins zu bekämpfen, die verschiedene anarchosyndikalistische, trotzkistische und nationalistische Elemente vereine und eine Sabotagepolitik betreibe.

Nun war es aber wohl so, dass sich eine revolutionäre Situation auch ohne besonders Zutun der Kommunistischen Partei entwickelte, das Problem aber war, dass dieser nach dem VII. Weltkongress der KI eine völlig andere politische Orientierung auferlegt wurde. Im Zentrum dieses Kongresses lag als Konsequenz des Machtantritt des Faschismus und der Kritik der ultralinken Periode der Kommunistischen Internationale die Festlegung auf die Volksfrontpolitik, die, das hatten ihre Kritiker sofort zum Ausdruck gebracht, soziale Revolutionen ausschließen musste.

Largo Caballero, Führer der linken Sozialisten in Spanien, hatte am 16. Januar 1936 gesagt: »Wenn die Republik errichtet sein wird, ist es unsere Pflicht, die Errichtung des Sozialismus anzustreben. Wenn ich vom Sozialismus spreche, meine ich damit keinen abstrakten Begriff ich spreche vom marxistischen Sozialismus. Die Arbeiterklasse lehnt es in keiner Weise ab, die politische Macht zu erobern, das ist ihr Programm und sie hat beschlossen, die Macht mit allen Methoden zu erringen … Wir müssen die bürgerliche Republik in eine sozialistische verwandeln und die Produktionsmittel sozialisieren. Davon gehen wir nicht ab. Im Agrarbereich halten wir es für erforderlich, den Boden zu nationalisieren, und wir sehen darin die einzige Methode zur Befreiung der Werktätigen auf dem Land.«

Im Grundgehalt gleicht diese Aussage der, die in Anlehnung an den VI. Weltkongress der KI getroffen worden waren, und für die Wahlen am 16. Februar 1936 traten die linken Parteien und Bewegungen, also Sozialisten, Kommunisten, Anarchisten und der POUM, mit einem gemeinsamen Wahlprogramm an. Der Wahlsieg dieses Bündnisses, das sich auch als »Volksfront« bezeichnete, von diesem Begriff aber ein anderes Verständnis hatte als dies in der kommunistischen Bewegung der Fall war, zeigte, dass das Programm des Wahlbündnisses von einer Mehrheit der Spanier akzeptiert worden war. Der nachfolgende VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale gab aber eine andere Orientierung aus und die Lage in Spanien spitzte sich nach dem Putsch der reaktionären Kräfte um Franco am 18. Juli 1936 extrem zu. Die Putschisten stießen auf eine unerwartet breite und erbitterte Gegenwehr, die sich vielerorts nicht mehr nur auf die Sicherung und den Ausbau der demokratischen Errungenschaften beschränkte, sondern auch sozialistische Forderungen stellte und realisierte. Konkret kam es, mit regionalen Unterschieden, zu Enteignungen, Kollektivierungen und dem Entstehen neuer revolutionärer Machtorgane.

Die Schwäche der Republik zeigte sich aber besonders auf militärischem Gebiet. Obwohl Italien und Deutschland die Putschisten unverhohlen mit Waffen und Menschen unterstützten, obwohl Deutschland den Putsch eigentlich erst ermöglichte, indem es mit der Organisierung der ersten Luftbrücke in der Geschichte franquistische Truppen von Afrika nach Europa flog, verweigerten die westlichen Demokratien der spanischen Republik jede Hilfe und initiierten gleichzeitig ein Nichteinmischungskomitee, das den Konflikt als innerspanisches Problem definierte, und dem auch die Sowjetunion beigetreten war.

Man kann viel über Möglichkeiten und realistische Politik nachdenken, aber es hat den Anschein, als ob die Sowjetunion, als ob Stalin an einem sozialistischen Spanien nicht interessiert war. Das geht vor allem aus einem Brief hervor, den er am 21. Dezember 1936 gemeinsam mit Molotow und Woroschilow an Largo Caballero schrieb und der einen deutlich anderen Tenor hat als die genannten Dokumente der Kommunistischen Internationale: »Die spanische Revolution bahnt sich einen Weg, der sich in vieler Hinsicht von dem Weg, den Russland zurück gelegt hat, unterscheidet … Es ist durchaus möglich, dass der parlamentarische Weg ein wirksameres Mittel für die revolutionäre Entwicklung ist als in Russland.« Das bedeute aber konkret auch, »das Klein- und Mittelbürgertum der Städte auf die Seite der Regierung zu ziehen oder ihnen zumindest die Möglichkeit zu geben, sich gegenüber der Regierung neutral zu verhalten, und ihnen zu diesem Zwecke Schutz vor Enteignung und nach Möglichkeit Handelsfreiheit zu bieten.« Trotzki nannte das zugespitzt »Programm zur Rettung des Privateigentums vor dem Proletariat um jeden Preis und Rettung der Demokratie vor Franco so weit wie möglich.«

Zusammengefasst kann mit Theodor Bergmann gesagt werden, dass es für die republikanische Seite zwei Möglichkeiten der Reaktion auf den Putsch gab:

1. Die Fortsetzung der Revolution, die Enteignung der Feudalherren, die Übernahme der Fabriken und die Bildung revolutionärer und zuverlässiger Truppen. Das war der Wunsch vieler Sozialisten (des Flügels um Largo Caballero), der Mehrheit der Syndikalisten und Anarchisten (um Durutti), des POUM (um Joaquin Maurin). Man hätte den Kolonialsoldaten auf der Seite der Putschisten die Unabhängigkeit Marokkos anbieten und die Franco-Truppen revolutionär zersetzen können.

2. Fortsetzung der bürgerlichen Demokratie durch die Koalition mit den verbliebenen bürgerlichen Parteien, Verzicht auf revolutionäre Veränderungen mit dem Ziel, die westlichen Demokratien zur Tolerierung der Republik zu veranlassen. Die Parole der KP und später auch des PSUC war: Erst den Krieg gewinnen und dann Reformen durchführen. Diese letztere Orientierung war auch die der Komintern, die von da ab die Zielsetzung der linken und republikanischen Kräfte als »nationalrevolutionär« bezeichnen sollte. Das aber hatte Konsequenzen, die sich vor allem gegen jene richten sollten, die an einer sozialistischen Option festhielten. So wurden

u. a. auch Truppen eingesetzt, um Enteignungen und Kollektivierungen rückgängig zu machen und mitten im Bürgerkrieg kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen unter den Anhängern der Linken, die dann zum Rücktritt von Largo Caballero und der Intensivierung der berüchtigten Säuberungen führten.

Spanien, und das zeigt nicht zuletzt diese Politik, bei der sich die Sowjetunion auf den Einfluss der enorm angewachsenen KP Spaniens stützen konnte, war ein exklusives Beispiel für die Feststellung, dass sich die Kommunistische Internationale der Außenpolitik der UdSSR unterzuordnen hatte. Auf der einen Seite wollte Stalin die bürgerlichen Demokratien davon überzeugen, dass die Sowjetunion nicht in weltrevolutionären Kategorien dachte, was ja übrigens auch eine Konsequenz der Theorie vom »Sozialismus in einem Lande« war, zum anderen hätte er aber auch ob des Führungsanspruches der KPdSU keine sozialistische Revolution akzeptieren können, die möglicherweise tiefer ging als die russische und so das sowjetische Modell hätte grundsätzlich Frage stellen können.

Andererseits konnte er aber auch nicht tatenlos zusehen als erkennbar wurde, dass die Arbeit des Nichteinmischungskomitees wirkungslos blieb und die faschistischen Staaten Deutschland und Italien die spanischen Putschisten in großem Ausmaß unterstützten. Er musste sich, auch aus Sorge um einen Ansehensverlust, zur materiellen und in puncto Militärspezialisten auch personellen Hilfe bereit erklären, deren Dimension und Qualität umstritten ist, der KP Spaniens aber großes Ansehen und vor allem Einfluss einbrachte. Ein weiteres Element, das sich zahlenmäßig auf das Anwachsen der KP Spaniens auswirken sollte, war der große Zulauf aus dem Kleinbürgertum, das der Meinung war, die kommunistische Partei sichere ob ihrer Orientierung ihr Eigentum. Diese neu zur Partei gestoßenen Kräfte sollten sich am Ende des Bürgerkrieges tragisch auf das Schicksal der KP auswirken.

Am 20. August 1939 wandten sich Dimitroff und Manuilski brieflich an Stalin und berichteten, dass in französischen Lagern mehr als 6000 ehemalige Spanienkämpfer lebten, und sie baten »nach sorgfältiger Überprüfung wenigstens die Hälfte davon in die UdSSR einreisen zu lassen«. Wadim Rogowin, der auf diese Briefe an Stalin aufmerksam gemacht hatte, schreibt, dass nur wenige in die Sowjetunion einreisen konnten, die Übrigen hätten grundlose und erniedrigende Ablehnungen hinnehmen müssen.

Stalin konnte direkt in die spanischen Geschehnisse eingreifen, zum einen durch die sowjetische Botschaft, die sowjetischen Spezialisten auf den verschiedenen Ebenen, vor allem im Militär und den Geheimdiensten, zum anderen über die Komintern. Für das Verständnis des Letzteren sind die Tagebücher von Georgi Dimitroff bedeutsam.

Eine noch prägnantere Sprache sprechen die von Friedrich Firsow 1999 veröffentlichten Geheimtelegramme der Komintern über den Spanischen Bürgerkrieg. Dort sind klar die Handlungsanweisungen für die KP Spaniens formuliert, sowohl politischer Natur, also Verhalten bei Wahlen, bei Regierungsgestaltung oder der Ablösung Caballeros, oder auf die Lösung rein militärischer Probleme zielend. Die Telegramme, die unter dem Decknamen »Kautsky« vermutlich von Stojan Minev verfasst wurden, enthalten noch zwei weitere bemerkenswerte Aspekte. Schon 1979 hatte Pierre Frank in seiner »Geschichte der Kommunistischen Internationale« darauf verwiesen, dass die Resolution der Komintern vom 28. Dezember 1937 über die Aktivität der KP Spaniens auch als Weisung interpretiert werden kann, zuerst den Trotzkismus, und das war ein Sammelbegriff für die nichtstalinistische Linke, zu zerschmettern und dann den Faschismus.

Die Kommunistische Internationale billigte damit die ihr von der KP Spanien über »Kautsky« vorgeschlagenen Maßnahmen zur Überwindung der nach den Mai-Ereignissen in Barcelona entstandenen Situation:

– die »überrevolutionären« Trotzkisten und andere Teilnehmer des »Putsches« zu Faschisten zu erklären, den POUM zu verbieten und »verdächtige Elemente« aus dem Allgemeinen Bund der Werktätigen auszuschließen;

– die Armee zu reorganisieren und die Milizen, die unter dem Einfluss der Anarchisten und Trotzkisten standen, aufzulösen;

– die Teilnehmer am »Putsch« zu entwaffnen;

– das Hinterland entschieden von Agenten und Provokateuren zu säubern;

– Massenkundgebungen zu organisieren.

1938 hatte sich die Lage der Spanischen Republik verschlechtert. Am 17. Dezember waren Dimitroff und Manuilski zu Stalin bestellt worden, der verlangte, dass die spanischen Kommunisten zwecks Verbesserung der allgemeinen Situation aus der Regierung austreten sollten. Dimitroff widersprach vorsichtig, erhielt von Stalin auch keine neuen Weisungen mehr. Das könnte als Indiz dafür gewertet werden, dass Stalin kein Interesse mehr an der Entwicklung in Spanien hatte. Seine außenpolitische Orientierung war längst eine andere geworden, die Ereignisse von München, wo sich die westlichen Demokratien scheinbar mit Hitler geeinigt hatten, vielleicht auch andere Gründe, ließen Stalin nach einer anderen Ausrichtung seiner Politik suchen. Und es sollte auch beachtet werden, dass von der Einstellung der Kampfhandlungen in Spanien am 29. März 1939 bis zu dem so genannten »Hitler-Stalin-Pakt«, vor allem dem am 26. September 1939 abgeschlossenen Grenz- und Freundschaftsvertrag, nur wenige Monate vergingen.

So wie es zu Beginn des Spanischen Bürgerkriegs keine Erklärung der Kommunistischen Internationale gegeben hatte, so gab es auch keine, als dieser Bürgerkrieg mit einer Niederlage für die Republik und den Antifaschismus endete. Die Komintern hatte längst andere Prioritäten und Aufgaben. Die meisten Angehörigen der Internationalen Brigaden blieben aber, so sie überlebt hatten, ihren Idealen und ihrem Schwur auf die Spanische Republik treu, viele von ihnen kämpften weiter an den verschiedensten Fronten gegen den Faschismus und erlebten dessen Niederlage. Sie kamen aus allen Schichten der Gesellschaft, waren Menschen mit Stärken und Schwächen, aber sie waren auch Helden aus dem einfachen Grund, dass sie bereit waren, für ihre internationalistische Haltung ihr Leben zu opfern. Diese Bereitschaft und ihr Internationalismus sichert ihr Andenken bis heute.