… und wie der Schuh drückt!

geschrieben von Hans Canjé

5. September 2013

Juli-Aug. 2011

Als die Göttinger Historikerin Anne Sudrow vor zehn Jahren mit dem Georg-Agricola-Preis 2001 für ihre Magisterarbeit ausgezeichnet wurde, da krähte danach, wie man so sagt, kein Hahn im Lande. Als nun im Göttinger Wallstein Verlag -diese Arbeit unter dem Titel: »Der Schuh im Nationalsozialismus. Eine Produktionsgeschichte im deutsch-britischen Vergleich« erschien, da stiegen im fernen Kornwestheim einige Leute auf den von ihnen mitbereiteten Mist und schlugen kräftig mit ihren (braunen) Flügeln. »Nestbeschmutzer« krähten sie und »Rufschädigung mit wirtschaftlichen Folgen für den ›Standort‹«. Wird doch in dieser Arbeit im Detail dargelegt, wie sich die Herren des Salamander-Konzerns im »tausendjährigen Reich« der im KZ-Sachsenhausen eingesperrten Häftlinge und der von der SS 1940 dort angelegten Schuhprüfstrecke bedienten. Mit Sturmgepäck beladen mussten die Häftlinge auf dieser Strecke täglich an die zwölf Stunden 30, später auch 40 Kilometer – singend – laufen, oft in zu engen Schuhen, bei Zusammenbrüchen vom Tode bedroht oder – auch dies zu Testzwecken – mit »Leistungsstärkern« wieder fit gemacht. Ein Vortrag von Anne Sudrow auf Einladung des Kornwestheimer Fördervereines »Zentrale Stelle« zum Thema: »Innovation durch KZ-Forschung« wurde zwar (noch) nicht von einem Rollkommando verhindert, dem Veranstalter gegenüber wurde aber, wie Alexander Gessmann mitteilte, »im Kornwestheimer Umfeld« bezüglich der Veranstaltung »Unruhe und Unmut« geäußert. Sein Kommentar: Ein Skandal, »dass wir solche Veranstaltungen heute noch machen müssen und es hierzu immer noch einer Portion Zivilcourage bedarf«.

Zur Veranstaltung erschien das »Umfeld«, sprich Salamander wohlweislich nicht. Hätten die Abgesandten doch einige Probleme gehabt, ihre damalige gewinnbringende Kumpanei mit dem Regime, den dadurch erreichten Forschungsvorsprung für die Zeit »danach« und den so möglichen erfolgreichen Start in die Wirtschaftswunderzeit zu erläutern. Die trug Ernst Sigle (1872-1961), zu »Schuhprüfstreckenzeiten« Aufsichtsratsvorsitzender bei Salamander, 1952 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ein.