Das Theater geht weiter
23. August 2020
Zerwürfnisse und Machtkämpfe in der AfD
Nach der Auseinandersetzung um den »Flügel« in der AfD und dessen freiwillige Auflösung war klar, dass der Kampf um die Macht noch nicht zu Ende ist. Die beiden Lager haben sich in Position gebracht. Auf der einen Seite Jörg Meuthen, unterstützt von einem Teil der Mitglieder in den alten Bundesländern. Auf der anderen Seite stehen Björn Höcke und Andreas Kalbitz mit vielen Anhängern in den neuen Bundesländern. Jörg Meuthen schien ein guter Schachzug gelungen zu sein, als er auf einer Vorstandssitzung mit knapper Mehrheit den Beschluss durchsetzte, die Mitgliedschaft von Andreas Kalbitz für ungültig zu erklären. Kalbitz bewegte sich in der Vergangenheit immer wieder in der Nähe rechtsextremer Gruppen. Durch antifaschistische Recherche und investigative Journalisten ist bekannt geworden, dass er mehrmals an Demonstrationen der extremen Rechten teilgenommen hat. Außerdem sind Bilder von ihm aufgetaucht, die ihn 1993 bei einem Zeltlager der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) zeigen. Da war Kalbitz 21 Jahre alt. Jetzt musste er auch bestätigen, dass er 2007 erneut an einer Veranstaltung der HDJ teilgenommen hat. Unwahrscheinlich ist, dass es nur diese beiden Treffen gab. Immerhin liegen 14 Jahre dazwischen, in denen sich Kalbitz genau in diesem Spektrum bewegte. Mittlerweile hat Kalbitz in einem Brief an den Bundesvorstand erklärt, dass es sein kann, dass er in einer »Liste für Interessierte« geführt wurde.
Die HDJ hat nach dem Verbot der Wiking Jugend deren Aufgaben übernommen. In ihren Freizeit- und Bildungsangeboten zeigte sie einen eindeutigen Bezug zur Hitlerjugend und zum Hitlerfaschismus. Im März 2009 wurde die HDJ verboten. Obwohl sie nicht einmal 500 Mitglieder hatte, war ihr Einfluss in der rechten Szene groß. Eltern aus allen rechten Parteien und Gruppen schickten ihren Nachwuchs in die Zeltlager der HDJ.
Nach der Gründung der AfD 2013 waren viele ehemalige Mitglieder rechter Parteien und Gruppen in die Partei eingetreten. Die AfD legte 2015 in ihrer Satzung fest, dass alle früheren Mitgliedschaften angegeben werden müssen. Auf diesen Punkt hebt Kalbitz in seiner Argumentation ab. In dem Brief an den Bundesvorstand schrieb er, dass die Satzungsänderung bei seinem Eintritt noch nicht beschlossen war, und er deshalb keine Angaben machen musste.
Das Landesgericht Berlin hat in einem ersten Verfahren Kalbitz Recht gegeben. Die Aufhebung seiner Mitgliedschaft durch den Bundesvorstand der AfD war in dieser Form nicht rechtswirksam.
Während die AfD weiter an Zustimmung verliert, gibt es aktuell nur ein Thema: »Kommt es zu einer Spaltung?« Das ist die Frage, die alle Kommentatoren nach dem Ausschluss von Andreas Kalbitz aus dem AfD-Bundesvorstand beschäftigt. Beantwortet werden kann das erst, wenn die Partei einen Bundeskongress durchführt und Wahlen anstehen. Wird es ein Mitglieder-Parteitag, dann kann es sein, dass Höcke und die ehemaligen Flügel-Leute sich durchsetzen. Zumal wenn er im Osten stattfindet.